Thilo Schmid im InterviewKölner Airport-Chef über Gründe des Flughafen-Chaos

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Thilo Schmid Airport

Thilo Schmid, Airport-Chef in Köln-Bonn.

Köln – Der Airport-Chef spricht im Interview über die extrem langen Schlangen der Reisenden, darüber, wie der Flughafen kurzfristig versucht, die Lage für die Wartenden zu verbessern und die Frage, wann Passagiere wirklich am Flughafen sein sollten.

Die Ferien sind halb rum, oft gab es Chaos, ein Zwischenfazit?

Thilo Schmid: Aus verkehrlicher Sicht war die Entwicklung erfreulich. Wir hatten mehr als 80 Prozent der Auslastung wie vor der Corona-Pandemie. Die Wartezeiten vor den Sicherheitskontrollen in Köln/Bonn waren dagegen sicherlich nicht erfreulich. Ich kann den Ärger der Passagiere darüber sehr gut verstehen. Ich kann als Flughafen-Chef nur um Entschuldigung dafür bitten, auch wenn die Kontrollen nicht in der Hoheit des Flughafens liegen, sondern von einem Sicherheitsunternehmen im Auftrag der Bundespolizei durchgeführt werden. Dennoch sehen wir uns als gesamtverantwortlich für unsere Fluggäste und sehen alle Akteure am Flughafen in der Pflicht, diesen eklatanten Mangel abzustellen.

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Was sind die Gründe für die extrem langen Schlangen in Köln/Bonn?

Die Gründe sind vielfältig, man darf nicht nur mit dem Finger auf einzelne Prozesspartner zeigen. Es gibt als Folge von Corona an beinahe allen Stellen im Luftverkehrssystem, an dem viele verschiedene Dienstleister und Prozesspartner beteiligt sind, große personelle Engpässe und unterschiedliche Herausforderungen. Außerdem sind die Spitzen der Zahl an Passagieren und Flügen in diesen Tagen äußerst ausgeprägt. Mal ist der Luftraum zu voll, dann kommt es zu spontanen Flugstreichungen, die an anderen Stellen wieder zum Flaschenhals werden. Die Vorplanung ist im Vergleich zu „normalen“ Zeiten extrem erschwert.

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Verdi hat Kritik an dem Vertrag zwischen Securitas und Bund geübt. Dieser biete zu wenig Anreize, die Schlangen zu verkürzen. Stimmt das?

Der Flughafen ist in diesem Fall kein Vertragspartner und kann deshalb Details nicht bewerten. Die aktuelle Problematik resultiert daraus, dass es zu wenig Personal gibt und dieses nicht immer verfügbar ist. Die steigenden Corona-Zahlen können eine zusätzliche Belastung sein. Es geht also vor allem darum, dass zusätzliches Personal rekrutiert wird. Auch alle anderen Maßnahmen, die die Situation verbessern, sind absolut sinnvoll. Da arbeiten wir eng mit Bundespolizei und Dienstleister zusammen.

Verdi fordert eine staatliche Gesellschaft, die die Kontrollen übernimmt, Vorbild ist Bayern. Gehen Sie da mit?

Das ist eine Frage, über die nicht nur am Standort, sondern im Großen entschieden werden muss. Wir als Flughafen sind jedenfalls bereit, bei den Kontrollen Verantwortung zu übernehmen. Das heißt auch, dass wir mitentscheiden können und Einfluss auf die Organisation der Kontrollen bekommen müssten. Wir sind in dem Zusammenhang bereit, selbst auch in technische Ausrüstung zu investieren, um die Abläufe auch dadurch zu beschleunigen. Wir haben eine große Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Dienstleistern und könnten diese auch einbringen. Was die Planung, Steuerung und das Monitoring angeht, haben wir viel Expertise. Auch das bayerische Modell scheint übrigens gut zu laufen, Schlangen sind rar. Von Personalmangel habe ich von den Kollegen dort nichts gehört.

„Wir verteilen Getränke oder Eis, Obst und Burger”

Was kann der Airport wenigstens schnell tun, um die Lage zu mildern?

Wir analysieren mit den Partnern, wann es besonders zu Wartezeiten kommt. Wir ziehen bereits jetzt bestimmte Personengruppen vor, etwa Familien mit kleinen Kindern oder Menschen mit Beeinträchtigung. Wir verteilen auch Getränke oder Eis, Obst und Burger. Das kommt auch gut an. Zudem haben wir die Zahl der Kräfte des externen Dienstleisters, der in unserem Auftrag den Kontrollprozess unterstützt und unter anderem die Passagiere auf die Sicherheitskontrolle vorbereitet, weiter aufgestockt. Wenn wir das Problem damit auch nicht aus der Welt räumen, haben wir aber doch die Chance, die Wartezeit der Passagiere etwas erträglicher zu gestalten.

Ihre Empfehlungen, früher am Airport zu sein, haben in manchen Fällen die Wartezeiten noch vergrößert. Was raten Sie den Passagieren heute?

Rechtzeitig vor Abflug am Flughafen zu sein heißt aktuell leider mindestens drei Stunden vorher. Besonders bei Flügen in Spitzenzeiten, also etwa am Freitagnachmittag oder Samstagmorgen in den Ferien. Es bringt aber sicher nichts, acht Stunden vorher dort zu sein, wenn etwa die Check-In-Schalter noch gar nicht geöffnet sind. Fluggäste sollten sich deshalb am besten bei ihrer Fluggesellschaft über die Öffnungszeiten der Schalter informieren. Außerdem sollte man gut vorbereitet sein. Laptops vor den Kontrollen auspacken, das Handgepäck auf reduzieren und die Flüssigkeitsregeln beachten, die auch nach der Pandemie weiterhin gelten. Wer auf großes Handgepäck verzichten kann, kann auch viel dazu beitragen, die Kontrollen zu beschleunigen. Viel kann es auch bringen, das Gepäck schon am Vorabend aufzugeben, bei den Airlines, wo das möglich ist.

Gibt es Möglichkeiten, die Prozesse durch besondere Spuren für bestimmte Gruppen zu beschleunigen?

Wir diskutieren mit unseren Partnern natürlich sämtliche kurzfristige Lösungsansätze, sprechen aber auch schon über perspektivische Möglichkeiten in naher Zukunft, die zum Beispiel auch bauliche Veränderungen zur Folge haben können.

„Jede weitere Woche bringt mehr Stabilität”

Was ist Ihre Prognose für den Rest?

Wir erwarten eine ähnliche Verkehrsentwicklung wie in den ersten drei Wochen, wobei man sagen muss: Jede weitere Woche bringt mehr Stabilität und wir arbeiten mit Hockdruck daran, die Situation kontinuierlich zu verbessern. Ich weiß auch, dass diese Wochen eine extreme Belastungssituation für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Airport Köln/Bonn sind. Alle zeigen einen immens hohen Einsatz, und schaffen es auch, Situationen vor Ort zu lösen und auch mal verärgerte Fluggäste zu beruhigen. Ich möchte mich ausdrücklich beim ganzen Team und allen Beteiligten bedanken.

Bis ein neuer Kontrolleur arbeiten darf, vergehen zehn Wochen, weil die Sicherheitsüberprüfung durch die Bezirksregierung so lange braucht...

Klar ist: Bei der Sicherheit dürfen wir nun auf keinen Fall Abstriche machen. Aber eine Bearbeitungszeit von zwei Wochen statt zwei Monaten würde ich schon sehr begrüßen. Denn bei der Länge der Bearbeitung besteht die reale Gefahr, dass die Beschäftigten, die überprüft werden, bei der Erteilung der Genehmigung nach vielen Wochen schon längst wieder weg sind und woanders arbeiten. Die müssen schließlich auch Geld verdienen in der Zeit. Viele potenzielle Mitarbeitende warten dann auf die Genehmigung und haben in der Wartezeit kein Einkommen.

Viele Airports melden Probleme beim Gepäck. Wie läuft es bei Ihnen?

In der Flugzeugabfertigung und im Gepäckdienst läuft es gut. Es gibt keine wesentlichen Probleme bei den Gepäcklaufzeiten. Da sieht man, dass bestimmte Aufgaben in Eigenregie des Flughafens besser laufen können, denn die Bodenverkehrsdienste liegen ja in Köln/Bonn teilweise in der Verantwortung des Flughafens. Natürlich sind arge Verspätungen im Flugplan auch hier ein Problem. Wenn da ungeplant vier Flieger statt einem zeitgleichausgeladen werden müssen, dann wird's natürlich eng.

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