Kölner Flughafenchefs im Interview„Wir dürfen keine weiteren Passagiere verlieren“

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Der Flughafen Köln-Bonn

Der Flughafen Köln-Bonn

  • 2019 macht der Flughafen Köln/Bonn 20 Millionen Euro Verlust – die Geschäftsführer wollen mit einem Programm aus der Misere kommen.
  • Die Flughafen-Geschäftsführer sprechen über große Baupläne für die Umgebung des Airports und verraten, wie sie diese finanzieren möchten.
  • Den Aussagen von Fluglärmgegnern widersprechen die Geschäftsführer Johan Vanneste und Torsten Schrank.

Köln – Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprechen die Geschäftsführer des Flughafens Köln/Bonn, Johan Vanneste und Torsten Schrank, über die anstehenden Sommerferien, die wirtschaftliche Situation des Airports, den Stellenabbau, Fluglärm und Klimaschutz.

Herr Vanneste, Herr Schrank, die Ferien haben begonnen. Welche Vorkehrungen haben Sie getroffen, damit die Warteschlangen in diesem Jahr kürzer werden als im vergangenen?

Vanneste: Wir haben in den vergangenen zwei Jahren viel Arbeit in dieses Thema gesteckt. So nutzen wir mittlerweile eine Software, die uns eine genauere Vorhersage ermöglicht, womit wir zu rechnen haben: Sind es Reisende, die in ihre Heimatländer fliegen und viel Gepäck dabei haben, oder Geschäftsreisende, die nur mit Handgepäck unterwegs sind. Das erfreuliche Ergebnis ist, dass 99 Prozent unserer Passagiere in weniger als zehn Minuten durch die Sicherheitskontrollen kommen.

Weniger erfreulich ist die wirtschaftliche Situation des Flughafens. 2019 wird ein Verlust von 20 Millionen Euro anfallen. 2020 sollen aber wieder schwarze Zahlen geschrieben werden. Wie wollen Sie das schaffen?

Schrank: Wir wollen unseren unternehmerischen Handlungsspielraum zurückgewinnen, denn der ist im Moment eng mit einem Minus von 20 Millionen Euro. Deshalb haben wir ein Ergebnisverbesserungsprogramm aufgelegt unter dem Titel „Take off“.

Johan Vanneste

Johan Vanneste,  Jahrgang 1960, ist seit  Mai 2018 Geschäftsführer des Flughafens Köln/Bonn. Zuvor leitete der Belgier unter anderem Fracht- und Passagier-Airlines und den Flughafen Luxemburg. Zu Beginn seiner Karriere testete er Motorräder. Vanneste kümmert sich in Köln/Bonn um die Themen Betrieb, Recht, Kunden sowie Non-Aviation.

Wo wollen Sie konkret ansetzen?

Schrank: Wir brauchen Erlössteigerungen und Kostensenkungen. Dabei schauen wir uns alle Bereiche genau an, beispielsweise auch die, wo wir noch keine Erlöse erwirtschaften. Wir erbringen zum Beispiel Leistungen für den gesamten Flughafen-Campus und damit auch für Drittkunden, wie etwa im Bereich Technik oder Feuerwehr. Für die kann man künftig auch Geld nehmen.

Damit wird man aber keine großen Summen generieren?

Schrank: Wir wollen weiter bei Vermietung sowie bei der Vermarktung von Einzelhandels-, Büro- und Werbeflächen wachsen. Gleiches gilt für Parkerlöse. Wir müssen die Zahlungsbereitschaft des Marktes abrufen. Vanneste: Wir haben in den vergangenen Monaten bereits zahlreiche neue Geschäfte eröffnet. In Kürze kommt noch eine Sushi-Bar und einiges mehr dazu.

Herr Vanneste, Sie haben bei Ihrem Amtsantritt vor einem Jahr auch angekündigt, dass Sie auf den freien Flächen des Geländes eine Airport-City errichten wollen. Gibt es schon erste Planungen?

Vanneste: Ein erster Schritt ist der Bauantrag für unser Hotel vor dem ICE-Bahnhof. Die Airport-City, in der wir Büroimmobilien entwickeln, ist ein Projekt für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre. Andere Flughäfen haben solche Konzepte längst entwickelt.

Torsten Schrank

Torsten Schrank, Jahrgang 1974, ist seit Mai dieses Jahres ebenfalls Geschäftsführer am Köln-Bonner Airport. Schrank studierte Betriebswirtschaft in München. Zuvor arbeitete  der gebürtige Kölner rund 20 Jahre am Flughafen München, zuletzt als Geschäftsführer. Schrank ist  für die Bereiche Finanzen, Personal und Infrastruktur verantwortlich.

Schrank: Ich habe mich auch deshalb für den Job am Flughafen Köln/Bonn entschieden, weil das Potenzial hier enorm ist. Es gibt kaum einen Airport, der noch über so viele freie Flächen verfügt.

Im Gespräch ist auch, dass Eurowings auf dem Gelände eine neue Hauptverwaltung baut. Gibt es hierzu schon Konkreteres?

Vanneste: Diese Frage müssen Sie natürlich Eurowings stellen. Klar ist, wir hätten sie natürlich gerne bei uns. Aber es gibt auch viele andere Unternehmen, für die wir aufgrund unserer Lage und der sehr guten Anbindung interessant sind.

Müssen Ihre Gesellschafter für ein Projekt dieser Größenordnung Kapital zuschießen?

Schrank: Nein, wir versuchen das aus eigener Kraft zu stemmen. 

Schauen wir auf die Kostenseite, wo setzen Sie den Rotstift an?

Vanneste: Wir wollen rund 100 Stellen sozialverträglich abbauen und nutzen dafür unsere Programme für Altersteilzeit und Abfindungen. Insgesamt nehmen wir 2019 zehn Millionen Euro in die Hand.

Im ersten Halbjahr sind alle großen deutschen Flughäfen gewachsen, Köln schrumpft. Warum?

Vanneste: Wir haben die Eurowings-Langstrecke 2018 verloren und einige andere Airlines haben ihr Angebot bei uns gekürzt. Diese Verluste konnten wir noch nicht vollständig ausgleichen. Trotzdem gibt es auch gute Nachrichten. Die Airline Corendon bringt uns etwa 300.000 neue Passagiere. Nächstes Jahr soll eine zweite Maschine stationiert werde. British Airways kommt zurück und es werden zwei weitere Gesellschaften nach Köln kommen.

In der Vergangenheit standen die Höhe der sogenannten Streckenförderungen, also Zuwendungen für die Airlines durch den Flughafen, in der Kritik. Wie sollen Sie die abbauen, ohne Passagiere zu verlieren?

Vanneste: Wir haben eine neue Entgelteordnung, die gerade bei der Landesregierung zur Genehmigung eingereicht wurde und im kommenden Jahr wirksam werden soll. Damit werden wir einen siebenstelligen Betrag an Zuwendungen einsparen. Aber es ist klar, dass wir keine weiteren Passagiere verlieren dürfen. Dafür ist die wirtschaftliche Lage des Flughafens zu ernst.

Die drei großen europäischen Fluggesellschaften Ryanair, Easyjet und Eurowings stecken alle in einer Konsolidierung. Solche Streichungen dürften ihnen kaum gefallen.

Vanneste: Airlines, die große Volumen bringen oder Strecken ausbauen, haben auch weiterhin ein Recht auf eine Unterstützung.

Schrank: Der Unterschied zu früher ist, dass wir in der Entgelteordnung genau festlegen, wofür man was bekommt.

Werden Sie die Gebühren für Nachtflüge weiter erhöhen?

Vanneste: Ja, das werden wir. Besonders Passagierflüge in der Nacht werden teurer. Im ersten Halbjahr 2019 hatten wir übrigens bereits sieben Prozent weniger Passage in der Nacht als im ersten Halbjahr 2018.

Die Fluglärmgegner stellen aber fest, dass es immer lauter geworden ist.

Schrank: Und unsere Lärmmessungen zeigen, dass es nicht lauter geworden ist. Wir haben die Flugkorridore enger zusammengelegt, so dass weniger Leute gestört werden. Hinzu kommen präzisere Flugrouten und leisere Maschinen.

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Seit geraumer Zeit schwelt der Konflikt über die Zukunft des Bodenverkehrsdienstes (BVD). Wo könnte eine Lösung liegen?

Schrank: Eins ist klar: Wenn wir die Situation nicht verändern, machen wir bis 2040 über 500 Millionen Euro Verlust mit dem BVD. Wir prüfen derzeit alle Optionen, also sowohl die Auslagerung in eine Tochtergesellschaft als auch den Verbleib in der Flughafengesellschaft. Die Ausgründung kann ein sinnvolles Szenario sein und hätte viele Vorteile. Wir sind mit den Gewerkschaften und Betriebsräten in der Diskussion. Bis Ende des Jahres wird eine Lösung gefunden sein.

Mit „Fridays for Future“ hat sich weltweit eine neue Umweltbewegung formiert. Welche Ansätze verfolgt der Flughafen beim Thema Klimaschutz?

Vanneste: Es gibt mehrere Brancheninitiativen, an denen wir uns beteiligen. Bis 2030 wollen wir 50 Prozent CO2 einsparen. Das müssen wir erreichen – trotz der finanziell schwierigen Lage. Aber man muss auch bei den Fakten bleiben: Flugzeuge machen nur 2,5 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes aus.

Schrank: Umwelt- und Klimabewusstsein sehen wir als Chefsache. Wir müssen hier Verantwortung übernehmen und tun auch schon viel, etwa durch den Einsatz von Solaranlagen und Elektrofahrzeugen. Aber Mobilität ist auch Teil unsere Gesellschaft, das darf man nicht vergessen.

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