Kölner UnternehmenDie Aktenvernichter bei Documentus laufen auf Hochtouren

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Vor dem Papierschredder:  André Fahnenbruck (l.) und Walter  Passmann führen die Geschäfte der documentus Köln.

Köln – Zum Jahreswechsel brummt das Geschäft bei den Aktenvernichtern: Aufbewahrungsfristen enden und viele Unternehmen sind froh, ihre gefüllten und nicht mehr benötigten Ordner loszuwerden und damit im eigenen Unternehmen wieder Platz zu schaffen.

Doch ist ein „sprechender“ Markenname in dieser Hinsicht aus dem Erscheinungsbild der Stadt und der Region verschwunden: das Unternehmen Reisswolf gibt es in Nordrhein-Westfalen und etlichen anderen Bundesländern seit August 2017 nicht mehr. Der Vertrag mit dem Lizenzgeber der Marke Reisswolf aus Hamburg lief aus, und elf der insgesamt 16 Reisswolf-Betriebe in Deutschland konnten sich nicht auf einen neuen Vertrag mit dem Lizenzgeber einigen.

Sie schlossen sich stattdessen zu einer Gruppe zusammen, die seitdem unter der Dachmarke „Documentus“ antritt. „Die Überlegungen für eine Exit-Strategie begannen in unserem Unternehmen bereits im Herbst 2015“, sagt Walter Passmann, einer der drei Geschäftsführer der neuen Documentus Köln GmbH.

Dokumente aus dem Stadtarchiv lagerten in Reisswolf-Kartons

Der alte Name Reisswolf sei zwar ursprünglich sehr treffend gewesen, weil jeder damit nicht nur das entsprechende Gerät, sondern auch die Aktenvernichtung an sich verbunden habe. Die Marke sei aber andererseits auch „nicht dehnbar“ gewesen. Dies habe sich zum Beispiel nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 gezeigt. Damals wurden gerettete Dokumente in Reisswolf-Kartons verpackt – zum Entsetzen mancher Helfer: „Jetzt bringen wir die erst in Sicherheit und dann werden sie bei Reisswolf doch entsorgt“, hatten sie beklagt. Dabei ist die Aktenvernichtung, für die die Firma allgemein bekannt war, nur noch ein Teil des Unternehmensangebots.

„Dass wir uns längst weiterentwickelt haben, ist aber vielen Menschen noch nicht bewusst“, sagt André Fahnenbruck (38), geschäftsführender Gesellschafter von Documentus Köln. Nach wie vor werden zwar in der vor zehn Jahren für 15 Millionen Euro errichteten Anlage in Rodenkirchen von zwei Hochleistungs-Schreddern bis zu 24 Tonnen Aktenordner, CD-Roms, Magnetbändern und Computerfestplatten pro Stunde in winzige Stückchen zerkleinert. Aber das Spektrum der Tätigkeiten hat sich erweitert: „Im Rahmen des digitalen Wandels sind wir vom Aktenvernichter zum Informationslogistiker geworden“, sagt Passmann.

120 Kilometer Aktenordner

Es ist ein neues Geschäftsfeld dazugekommen: „Wir archivieren auch Aktenbestände von Unternehmen und Behörden und stellen sie unseren Kunden dann in digitalisierter Form oder – falls gewünscht – auch im Original -– wieder zur Verfügung“, sagt Passmann. Er hat die Weiterentwicklung in dem Kölner Familienunternehmen in den vergangenen Jahren maßgeblich vorangetrieben, und er sagt: „Unser neuer Unternehmensname Documentus steht für beide Geschäftsbereiche gleichermaßen.“

120 Kilometer Aktenordner hat Documentus bislang archiviert – in einer Halle in Köln-Ossendorf. Weil der Platz dort nicht mehr ausreicht, wird das Unternehmen in diesen Bereich weitere 1,5 Millionen Euro investieren und mit diesem Bereich bis zum Frühling dieses Jahres in eine neue Halle nach Wesseling umziehen. 200 Kilometer Regalfläche für Aktenordner stehen dort zur Verfügung.

Insgesamt gut 5000 Kunden zählt das zertifizierte Unternehmen in Rodenkirchen – vom kleinen Handwerksbetrieb bis zu bundesweit tätigen Unternehmen wie der Commerzbank oder der Krankenkasse DAK. Auch viele Anwaltskanzleien, Steuerberater, Industrieunternehmen, öffentliche und medizinische Einrichtungen überlassen dem Unternehmen den Umgang mit ihren vertraulichen Geschäftsakten.

Das Vernichtungsgeschäft wächst

Alle Unterlagen werden nach den strengen Vorgaben des Gesetzgebers behandelt: „Unser Unternehmen gäbe es nicht so, wie es ist, wenn nicht 1979 das Bundesdatenschutzgesetz erlassen worden wäre“, sagt Passmann.

Derzeit boomt die Aktenentsorgung noch: Bei der Documentus wächst das Vernichtungsgeschäft. Pasmann und Fahnenbruck nennen als Grund dafür die immer noch hohen Aktenbestände in den Unternehmen und Behörden. Deshalb entfallen heute noch drei Fünftel des Gesamtumsatzes auf die Aktenvernichtung und den Weiterverkauf der dabei entstehenden Berge von gebündelten Schnipseln an die Papierindustrie sowie je ein Fünftel auf die Archivierung und auf die Digitalisierung der Bestände.

Die Geschäftsführer, zu denen als dritter im Bund auch Andrés Vater Hans Willy Fahnenbruck gehört, rechnen allerdings damit, dass es spätestens in fünf bis zehn Jahren zu einem rapiden Rückgang der angelieferten Papiermengen kommt: „Wir sehen schon jetzt, dass in den Büros deutlich weniger Papier verbraucht wird als früher“.

Die Neuorientierung auf die Digitalisierung und Archivierung von Datenbeständen sei deshalb überlebenswichtig für das Kölner Unternehmen.

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