Harte Kritik von Fridays for FutureSiemens hält an umstrittenem Kohle-Projekt fest

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Thunberg und Neubauer

Greta Thunberg (l.) und Luisa Neubauer bei der Weltklimakonferenz in Madrid

München – Siemens hält trotz heftiger Proteste von Umwelt- und Klimaschützern an einer Zulieferung für ein riesiges Kohlebergwerk in Australien fest. Unmittelbar nach der am Sonntagabend von Konzernchef Joe Kaeser über Twitter verkündeten Entscheidung gab es erste Kritik - die dürfte am Montag noch heftiger werden. Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future kündigte sofort weitere Proteste an.

„Joe Kaeser macht einen unentschuldbaren Fehler“, sagte die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer am Sonntagabend der Deutschen Presse-Agentur. „Diese Entscheidung ist aus dem Jahrhundert gefallen.“ Kaeser hatte sich noch am Freitag mit Neubauer getroffen und ihr einen Posten in einem Aufsichtsgremium des künftigen Unternehmens Siemens Energy angeboten, den sie aber ablehnte.

Auftragswert ist mit 18 Millionen Euro eher gering

Das Treffen vom Freitag hatte neben der Tatsache, dass Kaeser den eigentlich bereits unterschriebenen Vertrag noch einmal überprüft hatte, Hoffnungen der Klimaschützer befeuert, dass Siemens sich gegen die Lieferung entscheiden könnte. Das Unternehmen will für eine Eisenbahnlinie von der Kohlemine in Australien zu einem Hafen eine Zugsignalanlage zuliefern. Der Auftragswert ist mit 18 Millionen Euro für die Verhältnisse des Konzerns eher gering.

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Entstehen soll eines der größten Kohlebergwerke der Welt, das aus fünf Untertageminen und sechs Tagebaustätten bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr fördern soll. Bei der Kritik an dem Projekt geht es neben dem Klimaschutz auch um enormen Wasserverbrauch, die Zerstörung von Lebensraum und den Transport der Kohle über das Great Barrier Reef, das größte Korallenriff der Welt.

„Höchste Priorität“ Versprechen zu halten

Kaeser schrieb in einer am Sonntag veröffentlichten längeren Stellungnahme, ihm sei bewusst, dass die Mehrheit sich eine andere Entscheidung erhofft habe. Er betonte aber, dass es seine Pflicht als Konzernchef sei, verschiedene Interessen abzuwägen. Es sei die „höchste Priorität“ von Siemens, seine Versprechen zu halten. Und es gebe praktisch keinen rechtlich und wirtschaftlich verantwortlichen Weg, den Vertrag aufzulösen.

Neubauer kritisierte, Konzerne müssten anfangen, bestehende Verträge zur Förderung von Kohle, Öl und Gas aufzulösen, sonst seien die Ziele des Pariser Klimaabkommens nicht einzuhalten. „Auf diesen Vertrag zu pochen, während Australien brennt und alle Konsequenzen für Mensch und Umwelt bekannt sind, ist Wahnsinn.“

Australische Umweltaktivisten reagierten empört

Die Menschen seien an einem Punkt in der Geschichte angekommen, an dem jeder Vorstandsvorsitzende „in dieser Größenordnung gefragt ist, sich zu entscheiden: für oder gegen das Klima, für oder gegen die Rechte zukünftiger Generationen und den Schutz der Menschen und Tiere, die heute betroffen sind.“

Auch australische Umweltaktivisten reagierten empört auf den Beschluss von Siemens. Die Entscheidung sei „nichts weniger als schändlich“ und ruiniere das Image der Firma, teilte die Australian Conservation Foundation der Deutschen Presse-Agentur mit. „Mit dieser Entscheidung zeigt das Unternehmen sein wahres Gesicht.“

Die angebliche Klimawandel-Strategie des Konzerns habe sich als „inhaltsleer und bedeutungslos“ entpuppt - er sei keinen Deut besser sei als die von der Ausbeutung fossiler Energieträger profitierenden Firmen, mit denen er zusammenarbeite. Der Protest gegen das Bergwerk-Projekt werde weitergeführt, kündigten die Aktivisten an.

Am Freitag hatten Anhänger von Fridays for Future in deutschen Städten gegen die Mitwirkung von Siemens an dem Bergbauprojekt protestiert. Auch die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg schaltete sich ein. „Es scheint so, als ob Siemens die Macht habe, den Bau der riesigen Adani-Kohlemine in Australien zu stoppen, zu verzögern oder zumindest zu unterbrechen“, schrieb sie am Samstag auf Twitter. Auch Neubauer hatte Siemens zuletzt eine Schlüsselrolle für das Projekt zugeschrieben. (dpa) 

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