Kommentar zu Öl- und Gas-BoykottRusslands Gas zu verweigern ist leider naiv

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Köln – Die Vorstellung, Russland in die Knie zu zwingen, indem der Westen einfach kein russisches Öl und Gas mehr kauft, ist verlockend. So würde Wladimir Putin einfach der Geldhahn zugedreht, wodurch er den Krieg in der Ukraine schlicht nicht mehr weiterführen könnte. Leider ist dieser nachvollziehbare Vorschlag ökonomisch betrachtet zu naiv. Denn die Abhängigkeit der EU und insbesondere Deutschlands von russischem Energiemarkt darf nicht unterschätzt werden. 40 Prozent des Gases in der Europäischen Union kommt aus Russland, in Deutschland sind es gar 55 Prozent.

Leider ist es nicht so, dass die deutschen Verbraucher einfach die Heizung runterdrehen und eine warme Jacke anziehen können und schon bräuchten wir kein russisches Gas mehr. Am Erdgas aus dem Riesenreich hängt nicht nur unsere Wohnungstemperatur. Weite Teile der deutschen Industrie sind auf den Energieträger essenziell angewiesen. Die Stromversorgung ist ebenfalls in Gefahr, denn viele vergessen, dass mit Blick auf Kohle- und Atomausstieg ein großer Teil der deutschen Elektrizität aus Erdgas gewonnen wird.

Nicht zuletzt kann unsere Mobilität nur mit Gas und Öl aufrechterhalten werden. Und daran hängt nicht nur die Fahrt zur Arbeit oder zu Freunden, sondern eben auch unsere gesamten komplexen Lieferketten. Ohne fahrende Lkw und Züge ist auch bei uns die Versorgung gefährdet. Kurzfristig ist also ein Importstopp von russischer Energie nicht realistisch.

Panzer und Flugzeuge rücken auch ohne Westgeld vor

Denn nur ein wirtschaftlich starker Westen kann Putins Russland Paroli bieten. „Wenn wir unsere Freiheit und unsere Werte verteidigen wollen, dann müssen wir moralisch Stärke zeigen und auch wirtschaftlich stärker sein als die Diktaturen dieser Welt“, sagt NRW-Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff. Deshalb ist Deutschland und Europa auch jenseits aller sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen existenziell auf wirtschaftlichen Erfolg angewiesen.

Im Übrigen ist auch die Vorstellung naiv, der Krieg würde vor allem akut von den Zahlungen des Westens für Gas und Öl bestritten. Der russische Präsident Wladimir Putin hat bereits aufgerüstet, Panzer und Flugzeuge sind bereits da. Ihr Vorrücken ist unabhängig von den Überweisungen des Westens.

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Mittelfristig allerdings lehrt uns dieses russische Vorgehen, wie gefährlich es sein kann, sich von einem einzigen Lieferanten so abhängig zu machen. Die Förderung von Erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne ist elementar. In einigen Jahren wird sich Deutschland so unabhängig machen können von russischer Energie. Kurzfristig aber können uns Sonne und Wind nicht retten.

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