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Kommentar zum Glyphosat-UrteilBayer hat seine Zukunft nicht mehr in der Hand

Lesezeit 2 Minuten
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Das Logo des Bayer-Konzerns

  • In den USA haben Geschworene die Bayer-Tochter Monsanto zu mehr als zwei Milliarden US-Dollar Schadenersatz verurteilt.
  • Es ist das dritte Urteil im dritten Prozess um das Pflanzengift Glyphosat.
  • Bayers Aktienkurs hat schweren Schaden erlitten.

Köln – Es ist völlig unverständlich, wie sich der in Haftungsfragen jahrzehntelang geschulte Bayer-Konzern beim Kauf des Pestizid- und Saatgutriesen Monsanto so vertun konnte in der Bewertung der Glyphosat-Prozessrisiken. Drei Urteile über die Klagen krebskranker US-Amerikaner sind erfolgt, die – wenn auch noch nicht rechtskräftig – schlimmer nicht hätten ausfallen können für Bayer. Der Leverkusener Konzern soll zahlen: 78 Millionen US- Dollar, 80 Millionen US-Dollar, 2,06 Milliarden US-Dollar – umgerechnet insgesamt rund 1,97 Milliarden Euro.

Weniger als eindeutige Beweise, dass Glyphosat tatsächlich Krebs verursacht, sorgt ein anderer Umstand dafür, dass die Geschworenen der drei Prozesse den Monsanto-Anwälten und -Experten weniger Glauben geschenkt haben als der Klägerseite: Es ist das Gebaren, mit dem der US-Konzern über Jahrzehnte versucht hat, Kritiker zum Schweigen zu bringen, Studien zu beeinflussen und eine Diskussion um das umstrittene Pflanzengift Glyphosat im Keim zu ersticken.

Ein toxisches Paket gekauft

Dafür gibt es nämlich haufenweise stichhaltige Evidenz – die am Wochenende bekanntgewordene Auflistung französischer und wohl auch deutscher Kritiker in Verbündete und Überwachungs-Objekte ist nur die Spitze des Eisbergs. Monsanto war jahrzehntelang durchdrungen von besonders perfiden Lobby-Praktiken, die Bayer nun äußerst schlecht zu Gesicht stehen. So kommen dann auch nur schwer vermittelbare Schadensersatzurteile in irrwitziger Höhe zustande wie das aktuelle Urteile im Fall Pilliod. Die Leverkusener haben ein toxisches Paket gekauft, das die Gesundheit des Konzerns nicht nur gefährdet, sondern bereits angreift.

Die aktuell zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen sind allesamt unattraktiv: Nimmt Bayer Glyphosat vom Markt, rechnet sich der Kauf Monsantos nicht mehr – zu wertvoll ist die kombinierte Verwertungskette von Pflanzengift und dagegen resistentem Saatgut. Einigt Bayer sich mit den mindestens 13.400 weiteren Klägern in den USA auf einen Vergleich, kann der Konzern künftige Klagen deshalb noch lange nicht abwehren. So oder so, blutet Bayer finanziell.

Es bleibt dem Konzern also nichts anderes übrig, als abzuwarten und auf die Berufungsgerichte zu hoffen, bei denen statt Geschworenen Berufsrichter entscheiden. Der ehemals wertvollste Dax-Konzern hat seine Zukunft nicht mehr in der Hand. Bayer hätte mit seiner Erfahrung niemals in diese Position geraten dürfen.

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