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KrankenkassenSpahn verpflichtet sich, gegen Wettbewerbsverzerrung vorzugehen

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Jens Spahn 0406

Gesundheitsminister Jens Spahn

Berlin – Wenn das Verhältnis zwischen den obersten Gesundheitspolitikern der großen Koalition für die Stimmung in der gesamten Regierung steht, dann dürfte dieses Bündnis nicht allzu lange halten: Nachdem sich CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn am Wochenende mit dem neuen umstrittenen US-Botschafter Richard Grenell getroffen hatte, twitterte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach, der US-Vertreter soll doch am besten in die USA zurück gehen und Spahn gleich mitnehmen.

Spahn will Kassen zu Beitragssenkungen zwingen

Dass Lauterbach nicht gut auf den Minister zu sprechen ist, hat unter anderem mit der ersten Spahnschen Gesetzesinitiative zu tun: Obwohl darüber nichts im Koalitionsvertrag steht, will Spahn die vermögenden Krankenkassen dazu zwingen, ihre Reserven abzubauen und die Beiträge zu senken. Die SPD meldete umgehend Widerstand an, schon allein deshalb, um den forschen Spahn nach dem Motto „Wehret den Anfängen“ in die Schranken zu weisen.

Nun hat der Minister seinen ursprünglichen Entwurf nachgebessert – allerdings nicht allein aus gesundheitspolitischen Gründen. Denn die SPD hat ihre Zustimmung zu dem Gesundheitsgesetz mit einem positiven Votum der Union zum Teilzeitgesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verknüpft. Es spricht Bände, dass Union und SPD bereits einige Monate nach dem Start ihrer Koalition gezwungen sind, Deals abzuschließen, bei denen völlig sachfremde Dinge miteinander verknüpft werden.

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Finanzausgleich muss reformiert werden

Unabhängig von all diesen innerkoalitionären Querelen: Spahn hat mit seiner Nachbesserung tatsächlich grobe Fehler des ersten Entwurfs korrigiert. Er will die reicheren Kassen nun erst 2020 und damit ein Jahr später als bisher geplant verpflichten, die Rücklagen schrittweise abzubauen. Das ist vernünftig, denn das gibt den betroffenen Kassen etwas mehr Handlungsspielraum. Noch viel wichtiger ist aber ein anderer Punkt: Spahn setzt die Forderung des Koalitionspartners und vieler Experten um, vor dem In-Kraft-Treten der Zwangsabsenkung den internen Finanzausgleich zwischen den Kassen zu reformieren. Das ist dringend nötig, denn hier läuft einiges falsch.

Die konkrete Ausgestaltung des „Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs“ (Morbi-RSA) entscheidet maßgeblich darüber, wie sich die Finanzlage einer Kasse entwickelt und welchen Zusatzbeitrag sie verlangen muss. Das aktuelle System, das als manipulationsanfällig gilt, führt seit einigen Jahren zu wachsenden Ungleichheiten zwischen den Kassen: Viele AOKs schwimmen im Geld, Ersatzkassen, IKKs und Betriebskrankenkassen kommen dagegen oft mit dem Geld nicht aus. Die Ursachen sind umstritten, im jüngsten Gesetzentwurf von Spahn ist aber klar von „Wettbewerbsverzerrungen“ die Rede. Daher müsse der Ausgleich mit dem Ziel eines „fairen Wettbewerbs“ weiterentwickelt werden, heißt es zu Recht in der Gesetzesbegründung.

Ein Jahr ist wenig Zeit

Es stellt sich aber die Frage, ob ein Jahr ausreicht, um dieses hochkomplexe System zu überarbeiten. Zwar liegt ein Vorschlag eines beim Bundesversicherungsamt gebildeten Expertengremiums vor. Doch der macht nach Ansicht der benachteiligten Kassen die Sache nur noch schlimmer. Tatsächlich ist fraglich, ob durch die vorgeschlagene Reform das nach wie vor von den Kassen betriebene „Up-Coding - Patienten werden auf dem Papier kränker gemacht - eingedämmt werden kann. Jetzt muss Spahn liefern.

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