Krisen-Check bei UbirchAuf welche Hilfe das Kölner Tech-Start-up setzt

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Ubirch

Die Firmenzentrale von Ubirch befindet sich im Kölner Mediapark.

  • In der Serie „Krisen-Check“ berichten Unternehmen aus der Region, welche Herausforderungen sie aktuell haben und welche Hilfen sie in Anspruch nehmen.
  • In der zweiten Folge erzählt Stephan Noller, Gründer und Geschäftsführer des Technologie-Start-ups Ubirch, wie sehr die Krise seine Firma getroffen hat.
  • Dass es aber auch Chancen, nicht nur Probleme gibt, beweist ein Projekt, dass es ohne das Coronavirus gar nicht gäbe.

Köln – Einerseits leidet das Kölner Technologie-Unternehmen Ubirch unter der Corona-Krise, auf der anderen Seiten eröffnen sich auch neue Chancen für den Cybersecurity-Anbieter. In dieser Folge unserer Serie „Krisen-Check“ berichtet Gründer und Geschäftsführer Stephan Noller davon, welche Hilfen Ubirch in Anspruch nimmt und welche Tipps er für andere Unternehmer hat.

Problem

„Unsere Umsätze sind um mehr als die Hälfte gesunken“, sagt Noller. Das habe gleich mehrere Gründe. Viele Projekte – vor allem jene, die Präsenz erfordern – ruhten aktuell bei Ubirch. Das liege nicht nur an Kontaktsperren, sagt Noller, sondern auch daran, dass viele Unternehmen in der Krise andere Prioritäten setzen würden. So verspüre beispielsweise ein enger Partner aus der Luftfahrtbranche aktuell großen Druck und warte ab.

Das Unternehmen

Ubirch arbeitet seit 2016 daran, Maschinendaten über die als fälschungssicher geltende Technologie Blockchain zu sichern. Kunden nutzen die Produkte des Unternehmens für vernetzte Industrieanlagen, in der Logistik oder der Energieversorgung.

Das Start-up hat seinen Hauptsitz in Köln und betreibt weitere Standorte in Berlin und München. Eigenen Angaben zufolge gibt es 25 Angestellte. (hge)

Darüber hinaus erwartet das Kölner Unternehmen eine Lieferung spezieller, mit Blockchain-Technologie ausgerüsteter Sim-Karten, die in China und Spanien produziert werden. Per Blockchain sichert das seit 2016 operierende Kölner Start-up Daten von IoT-Sensoren und vernetzten Infrastrukturen aus Industrie und Produktion. Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass die Produkte, die eigentlich schon vor sechs Wochen hätten eintreffen sollen, erst in zwei Wochen erwartet werden. „Wir gehen davon aus, dass viele der Investitionen unserer Kunden später nachgeholt werden, aber die jetzige Delle ist schon heftig", sagt Noller.

Außerdem bestehe aktuell kaum die Möglichkeit, neue Kunden zu treffen. Ubirch hatte die Hannover-Messe, den Mobile World Congress und die Kölner Eisenwarenmesse fest eingeplant, um wichtige Gespräche mit potenziellen Abnehmern seiner Blockchain-Technologie zu führen. Doch die Veranstaltungen wurden abgesagt oder verschoben. „Meine vorherige Firma habe ich 2009 durch die Finanzkrise geführt“, sagt Noller: „Das war schon dramatisch, aber jetzt ist es noch dramatischer.“

Hilfen

Ubirch hat bislang lediglich die Soforthilfe NRW in Anspruch genommen. So flossen wenige Tage nach der Antragstellung 25.000 Euro auf das Konto des Unternehmens mit 25 Angestellten und Standorten in Köln, Berlin und München. „Ich habe noch nie erlebt, wie eine Verwaltung so unkompliziert und schnell arbeitet“, sagt Noller: „Das ist spektakulär, auch wenn die Server nicht auf den Ansturm vorbereitet waren.“

„Wir haben Kurzarbeit zwar vorbereitet, aber nicht aktiviert und hoffen auch, darauf verzichten zu können“, so der Firmenchef. Bislang verzichte Ubirch auch auf die Stundung der Sozialabgaben, halte sich die Möglichkeit aber offen: „Es ist schwer zu sagen, wie die nächsten drei oder vier Monate laufen werden.“

Den geplanten Venture-Fonds der NRW-Bank will Ubirch indes in Anspruch nehmen. Bei diesem werden die Investments von bestehenden Risikokapitalgebern durch das Land ergänzt, damit Innovationen nicht durch die Krise ausgebremst werden. Die aktuell geplante Finanzierungsrunde in Millionenhöhe soll durch diese Hilfe zeitnah abgerundet werden.

Das läuft

Zwar fallen Projekte weg und neue Aufträge meist gar nicht erst an, doch die Krise bietet Ubirch auch Chancen. So arbeiten die Kölner mit einer Reihe namhafter Partner derzeit daran, einen über Blockchain gesicherten Nachweis von Corona-Test-Ergebnissen zu entwickeln. Das Projekt ist in einer solch frühen Phase, dass Noller noch gar nicht mehr davon erzählen kann.

Und es gibt einen zweiten positiven Effekt: „Wir erhalten aktuell viel leichter Gesprächstermine bei großen Unternehmen als vorher“, sagt Noller. Die Logik dahinter: Wer im Homeoffice sitzt, statt Außentermine wahrzunehmen, ist gesprächsbereiter.

Das läuft nicht

Dass die Maßgaben des Venture-Fonds der NRW-Bank noch nicht klar für die aktuelle Krisensituation definiert seien, bremse sein Unternehmen, sagt Noller.

Außerdem eigneten sich die Kreditangebote von Bund und Land nicht für Start-ups, die von Risikokapitalgebern unterstützt werden, sagt er. Diese operierten per Definition in den ersten Jahren defizitär, Hausbanken würden dabei aber gleich abwinken. Selbst wenn die Geschäfte noch schlechter laufen sollten als jetzt, wären die Hilfskredite der KfW also keine Option.

Tipps für andere

„Nicht in den Duck-Modus schalten“, rät Noller. Es werde nach der Krise ein schnelles Wiedererwachen und ein starkes Wachstum geben. Deshalb gelte es gerade jetzt, wenn, Aufträge wegfallen und es weniger Arbeit gebe, unternehmerisch tätig zu werden, sagt Noller. Unternehmer müssten sich nun die Frage stellen, wie sie ihr Angebot digitalisieren könnten.

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„Wir haben zum Beispiel eine Chat-Funktion auf unserer Webseite eingebaut“, sagt der Ubirch-Gründer. Schließlich gebe es noch immer Interesse daran, sich über Produkte auszutauschen, aber keine Möglichkeit mehr, das persönlich zu tun. Auch wenn es vielen schwer falle: Zu warten bis die Krise vorbei ist, sei keine Option, so Noller: „Diejenigen, die dann gut aufgestellt sind, werden einen großen Vorteil haben.“

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