Lacke, Spanplatten, KleberWie man Schadstoffe beim Renovieren meidet

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Beim Renovieren kann man viel falsch machen

Köln – Durch Farben, Lacke, Baumaterialien und Möbel können Stoffe in die Atemluft gelangen, die nicht unbedingt gesund ist. Gerade bei empfindlichen Menschen können sie zum Beispiel Kopfschmerzen hervorrufen. Wir geben einen Überblick, was beim Bauen und Renovieren beachtet werden sollte.

Wie gefährlich sind die Schadstoffe?

Man darf die Belastung der Wohnungsluft nicht dramatisieren. Wir leben in einer viel gesünderen Luft als früher. Zahlreiche gesundheitsschädliche Substanzen sind in Deutschland inzwischen verboten. „Dennoch sind die gesetzlichen Vorgaben nicht streng genug“, meint Kerstin Effers. Die Chemikerin ist Referentin für Umwelt- und Gesundheitsschutz der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Sie rät, beim Bauen, Renovieren oder Einrichten der Wohnung achtsam vorzugehen, um die Schadstoffbelastung der Luft gering zu halten.

Woran kann man sich beim Einkauf orientieren?

Bei Baumaterialien ist für den Käufer oft nicht klar erkennbar, wie gesundheits- oder umwelt-belastend diese sind. „Eine Deklarationspflicht aller verwendeten Inhaltsstoffe und Materialien gibt es nicht“, kritisiert Kerstin Effers. Und wenn bei Baustoffen Informationen über Emissionen angegeben sind, „dann sind diese Angaben meist nur für Profis, Architekten oder Bauingenieure verständlich und nicht für Endverbraucher“, sagt Wolfgang Plehn, Leiter des Fachgebiets stoffbezogene Produktfragen beim Umweltbundesamt.

Ein Anhaltspunkt im Baumarkt können deshalb seriöse Siegel sein. Kerstin Effers von der Verbraucherzentrale empfiehlt, zum Beispiel auf den Blauen Engel, auf das Eco-Institut-Label oder auf das Natureplus-Siegel zu achten. Bei diesen Siegeln wird überprüft, ob Schadstoffe ausgasen. Und diese Siegel gibt es längst nicht nur für Baumaterialien.

Was kann man beim Renovieren falsch machen?

Auf die Umweltbelastung zu achten, ist auch beim Renovieren der eigenen Wohnung wichtig. Das fängt schon beim Boden an. „Kleber können zum Beispiel mit dem Estrich reagieren – deshalb kann es sich lohnen, fertige Systeme, die aufeinander abgestimmt sind, zu nutzen oder besser möglichst lose zu verlegen“, sagt Chemikerin Effers.

Außerdem rät sie prinzipiell von PVC-Belägen ab: Die darin enthaltenen Weichmacher können sich im Hausstaub und dann auch im Körper der Bewohner anreichern. Stattdessen empfiehlt sie Materialien wie Fliesen, Massivholzparkett oder emissionsgeprüfte Kork- oder Linoleumbeläge.

Doch selbst wer auf den Fliesenboden einen echten Schurwollteppich legt, hat zwar ein Naturprodukt gekauft – aber womöglich eines, das mit Schädlingsbekämpfungsmitteln behandelt wurde. Wer sich dagegen einen unbehandelten Wollteppich leistet, sollte diesen beim Saugen auch mal ausklopfen und ins Licht legen: Das mögen Motten nämlich nicht.

Ist Lüften ein Allheilmittel gegen Schadstoffe in der Luft?

„Wenn man die ganze Wohnung renoviert und neu einrichtet, kommt natürlich einiges zusammen, dann kann es schon mal unangenehm riechen“, sagt Wolfgang Plehn. Er rät deshalb, für Sanierungsarbeiten den Sommer zu wählen, weil man dann einfacher bei offenem Fenster werkeln kann. „Flüchtige Stoffe bekommt man durch Lüften weg.“

Und selbst wer die empfehlenswerten Silikatfarben verwendet, die weder Lösungs- noch Konservierungsstoffe enthalten, die wasserdampfdurchlässig sind und Schimmel keinen Nährboden bieten, sollte gut lüften – denn auch diese Farben müssen trocknen.

Worauf sollte man lieber verzichten?

Leider hilft Lüften nicht gegen alles: Weichmachern ist so nicht beizukommen. Das Umweltbundesamt definiert sie als „Stoffe, die spröden Materialien zugesetzt werden, um sie weich, biegsam oder dehnbar zu machen, damit sie einfacher zu bearbeiten sind oder bestimmte Gebrauchseigenschaften erreichen.“ Sie könnten jedoch aus den Produkten entweichen und dadurch in die Umwelt gelangen. Im Kontext des Hausbaus findet man sie nicht nur in PVC-Belägen, sondern auch in Latexfarbe oder Polstermöbeln. „Ganz besonders kritische Weichmacher sind in Deutschland zwar nicht mehr erlaubt“, sagt Wolfgang Plehn, aber „gesetzliche Vorgaben für Möbel“ gibt es nicht.

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Die Abbauprodukte der erlaubten sogenannten DINCH-Weichmacher „werden mittlerweile im Urin aller untersuchten Kinder nachgewiesen“, erklärt Kerstin Effers. „Nach dem Vorsorgeprinzip empfehle ich, auf solche Substanzen in der Wohnung möglichst zu verzichten.“

Sie rät Kunden auch bei allen ausgelobten „Zusatznutzen“ – wie zum Beispiel fleckgeschützten Sofabezügen, schmutz-abweisenden Teppichen oder flammenhemmenden Vorhängen – zur Vorsicht, weil gesundheitsschädliche Imprägnier- oder Flammschutzmittel enthalten sein könnten.

Ist eine schadstofffreie Einrichtung bezahlbar?

Wenn man auf alle kritischen Substanzen verzichten will, fällt es freilich schwer, im Möbel-Discounter einzukaufen.

Wolfgang Plehn weist aber darauf hin, dass auch Massivholzmöbel problematisch sein können: Nadelhölzer geben Terpene in die Luft ab, geölte Holzmöbel gesundheitsschädliche Aldehyde. Letztere können zum Beispiel Augen und Atemwege reizen oder zu Kopfschmerzen führen.

Kerstin Effers empfiehlt deshalb, auf gebrauchte Massivholzmöbel zu setzen: „Die sind dann nicht teurer als neue Möbel aus Spanplatten aus dem Möbelmarkt und flüchtige Lösungsmittel aus Lacken oder Holzölen sind bereits entwichen.“

Finger weg von der Spanplatte – gilt das denn immer noch?

Wolfgang Plehn vom Umweltbundesamt will die Spanplatte nicht verteufeln. „Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten können wir nicht auf die Verarbeitung von Holzabfällen zu Spanplatten verzichten. Und die in Deutschland hergestellten Platten enthalten viel weniger Formaldehyd als früher“, sagt der Chemiker.

Zudem komme das noch enthaltene Formaldehyd, so Plehn, oftmals gar nicht aus den Platten raus: „Wenn die Spanplatten beschichtet sind, wie zum Beispiel bei Küchenmöbeln oder lackiert wie beim Schlafzimmerschrank, so ist dies eine wirkungsvolle Barriere gegen das Formaldehyd.“

Wo kann ich mich beraten lassen?

Wer wissen möchte, wie schadstoffbelastet womöglich die neue Couch oder das Fertigparkett ist, der kann sich an die Online-Schadstoffberatung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen wenden und nachfragen – er erhält dann kostenlos eine Einschätzung zu dem jeweiligen Produkt.

https://www.verbraucherzentrale.nrw/schadstoffe

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