Mit Millionen von Star-InvestorKölner Brüder wollen Einstieg in Aktien erleichtern

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Nextmarkets Manuel und Dominic Heyden

Die Brüder Manuel (rechts) und Dominic Heyden haben Nextmarkets gegründet.

Köln – Wenn Börsen-Neulinge ihr Geld am Wertpapiermarkt investieren, fällt das Ergebnis oft negativ aus. Seit 2018 sind Online-Broker durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) verpflichtet, die Verlustquoten ihrer Nutzer zu veröffentlichen – sie liegen fast durchgängig zwischen 75 und mehr als 80 Prozent.

„Gier, Angst und Überheblichkeit führen dazu, dass Menschen an der Börse irrational handeln“, sagt Manuel Heyden, der mit seinem Bruder Dominic in Köln das Finanz-Start-up Nextmarkets gegründet hat. Auch Unwissenheit spiele eine Rolle. Gewinne würden zu schnell eingefahren, Verluste aber oft zu stark ausgereizt – so komme schnell eine negative Anlagebilanz zustande. „Warum folgen wir bei den Investments nicht den 20 Prozent der Händler, die erfolgreich sind?“, fragt Heyden und erläutert damit gleichzeitig das Prinzip, nach dem Nextmarkets laut den Gründern funktionieren soll.

Analysen von Experten

Im deutschsprachigen Raum hat das Kölner Unternehmen 14 Börsen-Experten mit Anlage-Analysen betraut, in Großbritannien sind es zwölf. Sie beobachten die großen Aktienindizes und Rohstoffmärkte, Investmentfonds oder Kryptowährungen und informieren die Nutzer von Nextmarkets über ihre Investitionen.

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Privatanleger erhalten beispielsweise auf ihr Smartphone eine Push-Mitteilung, dass einer der Experten eine neue Analyse veröffentlicht hat. Mit wenigen Klicks kann das Investment nun entweder gespiegelt, die gleiche Transaktion also durchgeführt werden – oder man lernt von den Analysen und trifft eigene Entscheidungen. Curated Trading – kuratiertes Handeln – nennen die Gründer das Prinzip.

Wenige Anleger am Wertpapiermarkt

In Zeiten niedrigster Zinsen suchen immer mehr Menschen nach Möglichkeiten, ihr Geld lukrativ anzulegen. Trotz oft guter Renditeaussichten bleibt die Zahl der Anleger am Wertpapiermarkt aber relativ niedrig. Manuel Heyden beziffert sie mit 13 Millionen, die „irgendwie“ investiert haben, zwei bis drei Millionen Menschen seien hingegen aktiv an der Börse. Laut Deutschem Aktieninstitut (DAI) gab es Ende des vergangenen Jahres rund 10,3 Millionen Bundesbürger über 14 Jahren, die Anteilsscheine von Unternehmen oder Aktienfonds besaßen.

Dass viele von ihnen auf den Börsenmarkt schlecht vorbereitet sind, wollen die Heyden-Brüder ändern. Auf Nextmarkets muss niemand investieren, sondern kann auch einfach von den Experten lernen. Aktuell bauen die Gründer mit ihrem rund 30-köpfigen Team eine E-Learning-Plattform auf, die Prozesse, Begriffe und Sonderheiten des Aktienmarkts vermitteln soll. „Unsere Nutzer sollen spielend lernen, wie die Börse funktioniert“, sagt Manuel Heyden.

Peter Thiel ist einer der Investoren

Er und sein Bruder Dominic haben mehrere Jahre Erfahrung gesammelt, sowohl in der Finanzwelt, etwa bei der Investment-Bank ABN Amro, als auch als Gründer. Ihre Anteile an ihrer ersten Trading-Plattform Ayondo verkauften sie bereits vor Jahren. Seit 2014 arbeiten sie nun an Nextmarkets, vor allem die Entwicklung der Software, die für den Umgang mit dem Geld der Nutzer perfekt programmiert sein muss, dauerte lange.

Von ihrem Geschäftsmodell konnten die Gründer bereits einige namhafte Investoren überzeugen. Der bekannteste unter ihnen ist Peter Thiel, der einst mit Tesla-Gründer Elon Musk den Online-Bezahldienst Paypal gründete. Bislang sind rund 13 Millionen in das Kölner Start-up geflossen, auch Axel Springer und der Frankfurter Investor Finlab sind beteiligt. Die Anteile der Heyden-Brüder an ihrem Unternehmen betragen aktuell noch mehr als 20 Prozent.

Mit wenig Geld einsteigen

Die Mindestgröße eines Depots bei Nextmarkets liegt bei zehn Euro, mit denen auch Bruchstücke von Aktien gekauft werden. Nutzern soll so gewährleistet sein, am Erfolg von Wertpapieren teilzuhaben, die sie sich sonst überhaupt nicht hätten leisten können. Heyden nennt die Amazon-Aktie als Beispiel, die derzeit pro Stück für etwa 1600 Euro gehandelt wird. Die durchschnittliche Depotgröße betrage 10.000 Euro, aktuell gebe es rund 25.000 Konten, deren Nutzer im Schnitt 36 Jahre alt seien. Wie viele davon Echtgeldkonten sind, kommuniziert Nextmarkets nicht. Die Demokonten, die mit fiktivem Geld zeitlich unbegrenzt genutzt werden können, sollen Anleger langsam an erste echte Investments heranführen.

Die Verbraucherzentrale NRW verweist auf Anfrage auf die hohen Verlustrisiken durch Investitionen in sogenannte CFDs, Differenzkontrakte, bei denen Anleger auf die Kursentwicklung eines Wertes wetten. Diese Anlagen, die auch Nextmarkets im Angebot hat, seien „hochspekulativ“. In diesem Sommer, zwölf Monate nach dem Start der Plattform, musste auch Nextmarkets erstmals die Verlustquote seiner Nutzer öffentlich machen. Sie lag bei 64 Prozent. Dass sie noch immer so hoch sei, liege vor allem an jenen Anlegern, die nicht Experten folgen, sondern ihren eigenen Instinkten und Analysen, sagt Manuel Heyden: „Wir sehen ganz klar, dass das kuratierte Handeln erfolgreicher ist.“

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In Köln sitzt etwa die Hälfte der Mitarbeiter in einem Büro in der Friesenstraße, die andere Hälfte ist auf Malta stationiert. Dort wurde die Banklizenz ausgestellt, und die Gründer verheimlichen nicht, dass sie auch aus Steuergründen dort einen Sitz haben. Schließlich betrage der gewerbliche Steuersatz dort lediglich fünf Prozent: „Was wir an Steuern sparen, reinvestieren wir in unser Produkt und das Marketing.“ Während in Köln die Produkt- und Software-Entwicklung, Kundendienst und Marketing sitzen, sind alle regulatorischen Funktionen auf Malta angesiedelt. Das Geld der Kunden liegt indes nicht bei maltesischen Banken – jenes von Nutzern im englischsprachigen Raum verwahrt die britische Barclays.

Im deutschsprachigen Raum ist die Deutsche Handelsbank verantwortlich, die sich auf Digitalunternehmen spezialisiert hat. 2020 soll das Geschäft ins europäische Ausland expandieren. Nextmarkets plant indes, innerhalb der nächsten drei Jahre profitabel am Markt zu agieren. Aktuell werden die nach Angaben der Gründer siebenstelligen Jahresumsätze in die Entwicklung der Plattform gesteckt – Gewinne schreibt Nextmarkets noch nicht.

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