Nachtarbeit, RuhezeitenDiese Rechte haben Schichtarbeiter

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Wer wie Krankenschwestern regelmäßig nachts arbeiten muss, wird leichter krank. Chronische Schlafstörungen und Magen-Darm-Beschwerden sind die häufigsten gesundheitlichen Probleme.

Wer wie Krankenschwestern regelmäßig nachts arbeiten muss, wird leichter krank. Chronische Schlafstörungen und Magen-Darm-Beschwerden sind die häufigsten gesundheitlichen Probleme.

Arbeiten, wenn andere schlafen - für viele Angestellte ist das ganz normal. Bei der Polizei, der Feuerwehr oder im Krankenhaus muss der Betrieb rund um die Uhr aufrechterhalten werden. Auch in der Gastronomie, im Handel oder im Transportwesen arbeiten viele nachts. In den letzten Jahren ist die Zahl der Schichtarbeiter kontinuierlich gestiegen: 2011 waren es rund sechs Millionen - 2001 erst 4,8 Millionen, teilt das Statistische Bundesamt mit.

Doch das Arbeiten gegen die innere Uhr ist auf Dauer nicht gesund. „Nacht- und Schichtarbeit ist fast immer mit negativen Folgen für die Gesundheit verbunden“, sagt Frank Brenscheidt von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Chronische Schlafstörungen und Magen-Darm-Beschwerden sind die häufigsten gesundheitlichen Probleme. Doch gesetzliche Regelungen und der Betriebsrat sollen Arbeitnehmer vor zu großen Belastungen schützen.

Bei Schichtarbeit müssen sich mindestens zwei Arbeitnehmer nach einem Plan ablösen. Grundsätzlich könne jeder Arbeitgeber dieses Modell einführen, solange er sich an die rechtlichen Vorgaben hält, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Die maßgeblichen Klauseln zu finden, ist aber nicht leicht. Regelungen enthalten sowohl das Arbeitszeitgesetz, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen als auch die einzelnen Arbeitsverträge.

Ruhezeit von 11 Stunden vorgeschrieben

Für Schichtarbeiter gilt im Grundsatz nichts anderes als für andere Angestellte: Pro Tag dürfen sie im Schnitt maximal 8 Stunden arbeiten. In Ausnahmefällen sind auch 10 Stunden täglich erlaubt. Außerdem muss zwischen den Schichten eine ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden liegen.

Wird häufiger gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen, sollten Arbeitnehmer sich an den Betriebsrat wenden, rät Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Zwar sei bei einem Verstoß auch eine Klage denkbar. In der Praxis sei das aber nicht empfehlenswert, weil ein Gerichtsverfahren das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und -nehmer belastet.

Über den Betriebsrat können Arbeitnehmer auch Einfluss darauf nehmen, wie der Schichtdienst konkret aussieht. Zwar habe der Arbeitgeber grundsätzlich das Direktionsrecht und bestimme über die Gestaltung des Schichtdienstes. Doch der Betriebsrat habe hier ein Mitspracherecht, erläutert Oberthür (Paragraf 87 Betriebsverfassungsgesetz).

Der Hebel liegt im Arbeitszeitgesetz. Es bestimmt, dass bei der Dauer und Art der Schicht- und Nachtarbeit die „gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse“ zu berücksichtigen sind. Was das bedeutet, weiß Arbeitsschutzexperte Brenscheidt. Es sollten möglichst wenige Nachtschichten aufeinander folgen - maximal drei. Außerdem werde Arbeitnehmern nach der letzten Nachtschicht eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden empfohlen. Studien zeigen außerdem, dass die Vorwärtsrotation im Schichtwechsel - also Früh-, Spät-, Nachtschicht - am wenigsten belastet, erklärt Brenscheidt. Der Betriebsrat kann sich für die Berücksichtigung dieser Erkenntnisse einsetzen.

Untersuchung auf Kosten des Arbeitgebers

Doch all das ändert nichts daran, dass Schicht- und vor allem Nachtarbeit eine große Belastung für Beschäftigte ist. Es ist auf Dauer ungesund, wenn man zu lange gegen den eigenen Biorhythmus arbeitet. Nachtarbeiter, die zwischen 23.00 und 6.00 Uhr im Einsatz sind, haben deshalb einen gesetzlichen Anspruch darauf, sich alle drei Jahre ärztlich untersuchen zu lassen - auf Kosten des Arbeitgebers (Paragraf 6 Arbeitszeitgesetz). Ab einem Alter von 50 Jahren steht ihnen sogar eine jährliche Untersuchung zu. Diesen Anspruch sollten Arbeitnehmer unbedingt wahrnehmen, rät Brenscheidt.

Der Pausenanspruch ist häufig in der Betriebsvereinbarung festgelegt, sagt Nathalie Oberthür, Arbeitsrechtlerin in Köln. Fehlen Angaben, gelten die gesetzlichen Mindestansprüche. Die sehen vor, dass Arbeitnehmer bei mehr als sechs Arbeitsstunden pro Tag mindestens 30 Minuten Pause machen müssen. Bei mehr als neun Stunden am Tag stehen ihnen 45 Minuten zu.

Wann die Pausen genommen werden dürfen, legt der Chef fest, so Anwältin Oberthür. Die Pausen können außerdem auf 15-Minuten-Abschnitte aufgeteilt werden.

Laut Gesetz müssen Arbeitnehmer „nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit“ eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. In bestimmten Branchen, etwa in Krankenhäusern oder Gaststätten, darf diese Ruhephase auf zehn Stunden verkürzt werden. Allerdings muss es dafür einen zeitlichen Ausgleich geben.

Das Arbeitszeitgesetz schützt nur Arbeitnehmer: Wer als Selbständiger sein eigenes Unternehmen führt oder als (echter) freier Mitarbeiter tätig ist, wird nicht von den Regeln des Arbeitszeitgesetzes erfasst. Er darf deshalb arbeiten, wann und solange er möchte.

Wer als Schüler länger als viereinhalb Stunden arbeitet, darf mindestens eine halbe Stunde Pause machen. Bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden stehen Schülern mindestens eine Stunde Pause zu.

Wird bei Nachtarbeitern eine Gesundheitsgefährdung durch ihre Tätigkeit festgestellt, haben sie sogar einen Anspruch auf einen Tagesarbeitsplatz (Paragraf 6 Arbeitszeitgesetz). Gleiches gilt für Alleinerziehende, die ein Kind unter 12 Jahren zu betreuen haben.

Vorschnell sollten Schichtmodelle übrigens nicht aufgegeben werden. Oft hat das zunächst negative Folgen. „Schichtarbeiter haben sich auf den bestehenden Rhythmus eingestellt und ihren Alltag danach gerichtet“, erläutert Brenscheidt. Er empfiehlt deswegen, unbedingt einen Probelauf zu machen, bevor vollständig auf ein neues Schichtsystem umgestellt wird. (dpa)

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