Neue ModelleFord entwickelt Elektro-Transit in Köln

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Ford Transit

Der vollelektrische Ford Transit

Köln – In Fragen der Elektromobilität galt der US-Autobauer Ford bislang eher als Spätstarter. Erster Ansätze gab es den USA zwar schon nach der Jahrtausendwende. Aber die verhaltene Nachfrage der Kunden - auch später in Deutschland - sorgte in Folge auch für Zurückhaltung beim Zukunftsthema in der Chefetage.

Nun aber soll aufgeholt werden. Das Unternehmen hat eine grundlegende Neuausrichtung angekündigt, bei der E-Mobilität, aber auch autonomes Fahren eine zentrale Rolle spielen. In einem ersten Schritt soll jede Pkw- und Nutzfahrzeug-Modellreihe eine elektrifizierte Antriebsoption erhalten. Gemeint sind Mild-, Voll- oder Plug-In-Hybrid- oder batterieelektrische Antriebe. Bis 2022 will der Konzern elf Milliarden Euro in die Entwicklung von 40 elektrifizierten Modellen investieren. 16 reine Elektro- und 24 Hybrid-Fahrzeuge sollen bis dahin auf den Markt gebracht werden.

Die verschiedenen Hybrid-Arten

Beim Mild-Hybrid unterstützt ein Elektromotor lediglich den Verbrennungsmotor. Er kann nicht rein elektrisch fahren.

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Ein Vollhybrid kann auch kurze Strecken, etwa zwei bis fünf Kilometer, rein elektrisch fahren und vertraut ansonsten auf den Verbrennungsmotor. Bekanntester Vertreter ist der Toyota Prius. 

Der Plug-in-Hybrid unterscheidet sich vor allem bei der Batterie vom Vollhybrid. Sie ist zum einen deutlich größer, was rein elektrische Reichweiten von 30 bis 50 Kilometern möglich machen soll. Wichtig ist aber das namensgebende „Plug-in“: Während beim Vollhybrid die kleine Batterie nur vom Verbrenner oder beim Bremsen geladen wird, kann der Plug-in-Hybrid auch an der Steckdose geladen werden. 

Der Druck ist groß. Zum einen hat die EU ab 2021 schärfere Grenzwerte für das Klimagas CO2 eingeführt und bislang ist der Autobauer noch davon entfernt, diese einhalten zu können. Darüber hinaus könnte auch die Konkurrenz bald größer werden - auch kapitalstarke Tech-Konzerne wie Apple oder Uber arbeiten an der Mobilität von morgen.

In Amsterdam hat Ford nun einen ersten Überblick über seine neue Modelpalette für Europa gegeben. „Die Zeit ist reif für die Elektrifizierung", sagte der scheidende Europachef Steven Armstrong, der das operative Geschäft abgibt und künftig die Position als Chairman übernimmt. Eine Übersicht über die wichtigsten Neuerungen der Modelpalette in Europa.

Sportliche Geländewagen

Der Kuga zählt neben Focus und Fiesta zu den beliebtesten Modellen. 2008 kam das Modell auf den Markt und wurde seither rund eine Million Mal in Europa verkauft In der dritten Generation wird das Modell 2020 künftig als erstes mit allen drei Hybridsysteme auf den Markt kommen, als Mildhybrid, Vollhybrig und Plug-In. Ford geht davon aus, dass die grünen Varianten bei den Kunden ankommt und rund 40 Prozent der europäischen Kuga-Verkäufe auf die elektrifizierten Versionen entfallen werden.

Im Sommer soll zudem das Ford-Groß-SUV Explorer als Plug-In-Hybrid auf den Markt kommen. 40 Kilometer rein elektrische Reichweite soll das 2,5 Tonnen schwere SUV haben und insgesamt 450 PS auf die Straße bringen. Angekündigt hat Ford für das kommenden ein vom Mustang inspiriertes rein batterie-elektrisches SUV. 480 Kilometer soll die Reichweite des bislang namenlosen Elektroautos betragen. Entwickelt wird es von einem Team mit dem Namen „Edison“, das für die Entwicklung von Ford-Elektrofahrzeugen gegründet wurde.

Fiesta, Focus und Mondeo

Die Modelle Fiesta und Focus sollen in diesem Jahr als Mildhybrid-Varianten auf den Markt kommen. Der Kleinwagen und das Kompaktmodell bilden dann gemeinsam mit dem bereits erhältlichen Mittelklasse-Auto Mondeo Hybrid die Speerspitze der Elektro-Offensive des Autobauers.

Bei Fiesta und Focus kommt der Elektromotor als Generator an Stelle der Lichtmaschine zum Einsatz und ist zum einen für die effiziente Wiedergewinnung von Bremsenergie zuständig, kann aber kurzzeitig auch den Verbrennungsmotor beim Beschleunigen unterstützen. Der Mondeo wird künftig auch als Kombi hybridgetrieben.

Transit

Im Jahr 2021 soll erstmals ein rein batteriegetriebener Transit auf den Markt kommen. Entwickelt wird er in Köln und soll eine Reichweite von rund 500 Kilometern haben.

Derzeit baut Ford in Köln seit vergangenem Herbst in Kooperation mit der Deutschen Post bereits den rein batterie-elektrischen Transporter StreetScooter Work XL. Basis ist ein Fahrgestell vom Transit, das mit einem batterie-elektrischen Antriebsstrang und einem Karosserieaufbau nach Vorgaben von Street Scooter, ein Tochterunternehmen der Post, ausgestattet wird. In diesem Jahr soll es Pilotprojekten in Belgien, Deutschland und den Niederlanden zur Erweiterung des Geschäftsfeldes für den E-Transporter geben.

Unklare Zukunft für S-Max und Galaxy

Die Elektrifizierung von Pkw und Nutzfahrzeugen ist nur ein Baustein der Neuausrichtung des Konzerns weltweit. Ford strafft darüber hinaus das gesamte Produktangebot in Richtung margenstarke Modelle und setzt dabei vor allem auf SUVs, Nutzfahrzeuge und Pick-Ups. Das geht zu Lasten von Pkws und Vans. So wird in Saarlouis der C-Max im Sommer eingestellt. Auch die Zukunft von S-Max und Galaxy, die im spanischen Valencia auf einer gemeinsamen Plattform gebaut werden, sehen Branchenbeobachter kritisch. 

In Europa, wo der US-Konzern im vergangenen Jahr hohe Verluste schrieb, ist die Neuausrichtung mit harten Einschnitten verbunden. Allein in Deutschland sollen 5400 Stellen abgebaut werden, davon 3800 am Standort Köln und 1600 im Werk in Saarlouis. Über Abfindungen und Altersteilzeit hofft man, dass genug Mitarbeiter freiwillig gehen. Betriebsbedingten Kündigungen sollen vorerst vermieden werden.

Mit dem Abbau von Stellen und einem umfangreichen Sparprogramm will der Autobauer in Europa kurzfristig zurück in die schwarzen Zahlen. Gewinne werden auch gebraucht, um die hohen Investitionen in Zukunftsthemen wie E-Mobilität oder autonomes Fahren zu stemmen.

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