Hohe StrompreiseRhein-Energie verteidigt Preiserhöhungen trotz Neuregelung der Bundesregierung

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Eine Webseite der Rhein-Energie zur Erfassung des Zählerstands ist vor einem geöffneten Sicherungskasten zu sehen.

Gestiegene Kosten: Die Rhein-Energie hat die Strompreise für Verbraucher für den Winter deutlich erhöht. Kunden müssen sich 2022 uns 2023 auf höhere Abrechnungen gefasst machen.

Die Bundesregierung will einen Anstieg der Strompreis 2023 ohne triftigen Grund verbieten. Wie die Rhein-Energie ihre Preiserhöhung trotzdem rechtfertigt. 

Die Ankündigung der Bundesregierung, ungerechtfertigte Energiepreiserhöhungen verhindern zu wollen, hat keinen Einfluss auf die Preise bei der Kölner Rhein-Energie. „Der Gesetzgeber hat keineswegs ein generelles Verbot der Preisanpassung ausgesprochen, das kommt komplett missverständlich rüber“, sagt ein Sprecher der Rhein-Energie am Montag auf Anfrage. Zuvor hatten mehrere Zeitungen berichtet, dass Preiserhöhungen komplett verboten werden sollen.

Hintergrund des Gesetzesvorstoßes ist die Einführung der Gas- und Strompreisbremse: Sie soll Millionen Kundinnen und Kunden im neuen Jahr dringend benötigte Entlastung bringen – doch sie ist ein Kriseninstrument, das auch ausgenutzt werden könnte.

Strompreise: Rhein-Energie verteidigt Preiserhöhung in Köln

Die Bundesregierung will deshalb verhindern, dass Energieversorger im Schatten der Staatshilfe mit überzogenen Tarifsprüngen Kasse machen. Dazu sollen Preisanhebungen bis Ende 2023 unterbunden werden, die sich nicht durch höhere Beschaffungskosten rechtfertigen lassen.

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Der Arbeitspreis pro Kilowattstunde ergibt sich aus der Beschaffung, die belegbar im Mittel um 300 Prozent in den vergangenen 15 Monaten gestiegen ist.“
Sprecher der Rhein-Energie

Bei der Rhein-Energie steigt der Arbeitspreis in der Grundversorgung zum 1. Januar 2023 um 23,94 Cent auf 54,98 Cent pro Kilowattstunde, wie sie im November mitteilte. Zur Begründung sagt der Sprecher des Unternehmens: Der „Arbeitspreis pro Kilowattstunde ergibt sich aus der Beschaffung, die belegbar im Mittel um 300 Prozent in den vergangenen 15 Monaten gestiegen ist.“

Auch der Grundpreis erhöht sich um 27,63 Euro auf 201,24 Euro pro Jahr, der Zählerpreis soll um fünf Euro auf 18,58 Euro im Jahr klettern. Auch das begründet die Rhein-Energie mit ihrerseits gestiegenen Kosten. Seit April 2019, also fast drei Jahre, seien die Preise unverändert geblieben, in der Zwischenzeit seien „die Netznutzungsentgelte erheblich gestiegen, ebenso Material- und Lohnkosten“, so der Sprecher weiter.

Viele Versorger haben ihre Preise schon längst erhöht, oder Preisanstiege angekündigt. Laut dem Vergleichsportal Check24 stiegen die Preise seit Oktober in 10,8 Millionen Haushalten um durchschnittlich 54 Prozent. Bei den Gaspreisen zeigt sich ein ähnliches Bild: Seit Oktober seien fünf Millionen Haushalte von Preiserhöhungen um durchschnittlich 54,3 Prozent betroffen.

Rhein-Energie: Debatte um Strompreiserhöhungen im Winter 2022

Sind diese Preiserhöhungen nun wirklich illegal? Nicht unbedingt, sagt Udo Sieverding, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale NRW. Einen Generalverdacht gegenüber der Branche halte er für „nicht nachvollziehbar und für die Stimmung in der Gesellschaft und in den Kundencentern der Versorger für nicht hilfreich“, mahnt der Verbraucherschützer.

Verbrauchern empfiehlt Sieverding, vorerst abzuwarten. „Wir gehen davon aus, dass bei festgestelltem Missbrauch die Kunden die überhöhten Energiepreise automatisch erstattet bekommen.“ Ob die Erhöhungen gerechtfertigt sind, muss nicht der Endkunde prüfen, sondern das Bundeskartellamt. Daher sei es „bei derzeitiger Nachrichtenlage“ nicht empfehlenswert, als Kunde bei den Versorgern Widerspruch einzulegen. „Diese Bürokratie sollten wir den Kunden und Versorgern ersparen. Eine Klarstellung im laufenden Gesetzgebungsverfahren wäre daher hilfreich.“

Dass einige Versorger die aktuelle Lage ausnutzen könnten, zweifelt Sieverding allerdings nicht an. „Der Verdacht liegt nahe, dass einige Energieversorgungsunternehmen die Preisbremse und damit verbundene Wettbewerbshemmung ab Januar nutzen, um überzogene Preiserhöhungen durchzusetzen.“ Deswegen begrüßt Sieverding die geplante Missbrauchsklausel: „Wir hoffen, dass das Bundeskartellamt ausreichende Kapazitäten hat, um hier aktiv werden.“

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