Probleme am AirportEurowings-Gesellschaften streichen jeden zwölften Flug

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Eurowings KölnBonn

Eurowings-Maschine in Köln/Bonn

Jeder zwölfte Flug einer Eurowings-Gesellschaft ist laut einer Flugdaten-Erhebung von Mai bis Mitte Juni am Flughafen Köln-Bonn gestrichen worden. Für die Passagiere bedeutete das verspätete Urlaubsanfänge, geplatzte Geschäftstermine oder verkürzte Wochenenden. Seit Wochen beschweren sich verärgerte Kunden bei der Eurowings-Gruppe, zu der auch Germanwings und die Luftfahrtgesellschaft Walter gehören, vergeblich über die Unzuverlässigkeit.

Nach einer Auswertung des Fluggastrechte-Portals Flightright für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ haben die massiven Probleme der Billigflug-Gesellschaft am Flughafen Köln-Bonn und an anderen deutschen Airports zuletzt sogar noch zugenommen: Vom 1. Mai bis 15. Juni gab es am Airport Köln-Bonn 205 geplante Walter-Flüge von denen 18 annulliert wurden. Das entspricht einer Ausfallquote von 8,78 Prozent. Bei Germanwings fielen von 2342 Verbindungen 132 aus (5,63 Prozent). Bei Eurowings selbst wurden 22 (7,3 Prozent) von 302 Flügen gestrichen.

Köln-Bonn ist Hautbasis für die Eurowings-Gruppe, es werden über 210 Ziele in mehr als 50 Länder angeflogen. Von Januar bis Mai lagen die Ausfallquoten bei den Gesellschaften zwischen 2,3 und 4,95 Prozent. Bundesweit wurden bei der Eurowings-Gruppe in diesem Zeitraum zwischen zwei und drei Prozent der Flüge annulliert. Zum Vergleich: Bei den Wettbewerbern Ryanair und Easyjet wurden von Januar bis Mai weniger als ein Prozent der Flüge gestrichen. 

Eurowings bestätigt die Zahlen von Flightright. „Sie liegen relativ nah an unseren“, sagt eine Airline-Sprecherin dieser Zeitung und führt eine ganze Liste von Gründen für die zahlreichen Ausfälle auf: So würde es durch Dauerstreiks von Fluglotsen im europäischen Ausland zu einem fortwährenden „Stau am Himmel“ kommen. Durch schwere Unwetter in den vergangenen Wochen mussten Flüge gestrichen werden. Eurowings-Chef Thorsten Dirks sprach zuletzt von drei Blitzeinschlägen pro Woche an Flugzeugen auf dem Boden. Dafür erntete der Airline-Chef in den sozialen Netzwerken viele spöttische Kommentare von Fluggästen.

Die Billigflugtochter der Lufthansa räumt inzwischen ein, dass die schnelle Expansion nach der Air-Berlin-Pleite das größte Problem darstellt. Eurowings hat nach eigenen Angaben 77 Flugzeuge übernommen, mit denen früher Air Berlin geflogen ist. Dafür wurden rund 3 000 Flugbegleiter eingestellt, die überwiegende Mehrheit kommt von Air Berlin. Die Jets müssen vor dem Einsatz aufwendig neu angemeldet werden. Daher kann Eurowings erst verspätet auf alle Maschinen zugreifen. „Der aufwändige Zertifizierungsprozess soll im Juli abgeschlossen sein“, sagt eine Eurowings-Sprecherin.

Personalengpässe und fehlende Flugzeuge

Nach Einschätzung von Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt leidet die Airline an den „Begleiterscheinungen eines ambitionierten Wachstumskurses“. Flugpläne mit der Einteilung der Crews würden Monate im Voraus erstellt, erläutert Großbongardt. „Stehen Flugzeuge oder Crews nicht pünktlich zur Verfügung, hat das massive Auswirkungen.“ Nach seinen Worten müssen etwa 14 Piloten und 30 Flugbegleiter eingeplant werden, um ein Flugzeug täglich betreiben zu können.

Nach Einschätzung der Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit leidet Eurowings nicht nur unter fehlenden Flugzeugen, sondern auch unter Personalengpässen. „Offenbar fehlen auch Piloten, um alles bedienen zu können“, sagte ein VC-Sprecher zuletzt. Eurowings weist das allerdings zurück. Die Gesellschaft habe insgesamt 185 Flugzeuge im Einsatz und für diese ausreichend Piloten.

Probleme beim Wachstum nach Air-Berlin-Übernahme

Laut Großbongardt hat Eurowings durch die Übernahme der Air-Berlin-Flieger sein Angebot mehr als verdoppelt. „Die Lufthansa-Tochter muss in dem Geschäft schnell wachsen, um gegen Easyjet und Ryanair bestehen zu können“, so der Luftfahrtexperte. Den deutlich größeren Wettbewerbern aus Irland und Großbritannien falle die Übernahme von Air-Berlin-Verbindungen bisher aber deutlich leichter.

Nach Ansicht von Großbongardt, der mehrere Airlines, unter anderem auch Lufthansa, berät, muss Eurowings „auf ihren Ruf aufpassen“. Dass sich die Probleme nicht mehr auf häufige Blitzeinschläge herunterspielen lassen, hat inzwischen auch die Eurowings-Führung verstanden. Ende vergangener Woche hat sich Airline-Chef Dirks in einem Brief an die Kunden für die vielen Verspätungen und Flugausfälle entschuldigt. Die laufende Übergangsphase nach der Air-Berlin-Pleite „ist operativ wie logistisch ein enormer Kraftakt, für den es keine Blaupause gibt“.

Wie ernst es die Gesellschaft meint, können Kunden wohl am besten daran ablesen, ob sie ausreichend entschädigt werden. Fluggast-Portale wie Flightright helfen den Passagieren gegen eine Erfolgsgebühr, ihre Entschädigungen geltend zu machen.

Die Rechte der Passagiere bei Verspätungen

Eurowings 280618

Eine Eurowings-Maschine beim Start

Bei großen Verspätungen und Flugannullierungen haben Passagiere durch eine EU-Verordnung einige Rechte. Sie gilt für Flüge, die mit mehr als drei Stunden Verspätung am Zielort ankommen oder annulliert werden. Verbrauchern stehen, je nach Länge der Flugstrecke, zwischen 250 und 600 Euro Entschädigung pro Reisendem zu - unabhängig vom Ticketpreis. Entschädigungsansprüche gelten für alle Flüge, die innerhalb der EU starten oder landen und von einer Airline mit Sitz in der EU durchgeführt werden. Ausgenommen von der Verordnung sind Verspätungen und Annullierungen, die auf Streiks, Wetterbedingungen oder "außergewöhnlichen Umständen" beruhen.

Wenn sich der Abflug stark verzögert, haben Passagiere neben Entschädigungen auch Anspruch auf Essen, Getränke und Hotelunterbringung. Es gibt verschiedene Flugrechte-Portale wie Flightright, die für Passagiere die Entschädigung bei den Airlines einfordern. Im Erfolgsfall werden dafür 20 bis 30 Prozent der Entschädigungssumme einbehalten.

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