StahlindustrieGewaltige Überproduktion sorgt für Strafzölle

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Kaltgewalzte Bleche, aufgerollt zu Coils

Berlin – Stahl ist kein gewöhnliches Produkt, sondern eines, ohne das moderne Volkswirtschaften nicht  funktionieren würden. 

Ohne Stahl keine Autos, keine Eisenbahnen und Flugzeuge, keine Maschinen, keine Brücken und Tunnels, keine Häuser und keine Militärgüter. Lange Zeit galten die Produktion von Stahl und Kohle als Sinnbild für die Industrie schlechthin.

Rund 660 Millionen Tonnen Überkapazität

Die Branche hat schon einige Krisen hinter sich, derzeit befindet sie sich wieder in einer. Weltweit gibt es gigantische Überkapazitäten in der Produktion.  Vor allem China, das etwa jede zweite Tonne Stahl auf dem Planeten erzeugt, hat in den vergangenen Jahren die Weltmärkte mit seinen Produkten regelrecht geflutet und so die Preise ins Rutschen gebracht.

Die Industrieländer-Organisation OECD bezifferte die weltweiten Überkapazitäten im Markt zuletzt auf rund 660 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Deutschland als größter Stahlproduzent der Europäischen Union kam im vergangenen Jahr auf einen Ausstoß von knapp 44 Millionen Tonnen Rohstahl. Eigentlich müssten rund um Globus im großen Stil Hütten und Hochöfen geschlossen werden. Dies geschieht, wenn überhaupt, aber nur sehr langsam.

Strafzölle auf Billigimporte

In den vergangenen Monaten hellte sich die Lage der Branche allerdings wieder etwas auf, wie die Analysten der Nord LB kürzlich in einer Studie vermerkten. 

Die Nachfrage nach Stahlprodukten habe aufgrund der guten Weltkonjunktur weiter zugenommen. In Europa habe sich auch positiv bemerkbar gemacht, dass die Europäische Union selbst Strafzölle auf bestimmte Stahlprodukte zur Abwehr chinesischer Billigimporte verhängte. Anders als die angekündigten US-Zölle, die rein politisch motiviert sind, geht es hierbei um zulässige Anti-Dumping-Maßnahmen.

Situation ist eine Herausforderung

„Doch bleibt die Situation herausfordernd“, betonte die Nord LB in ihrer Branchenstudie. „Sorgen bereiten unverändert die ungelöste Strukturkrise mit den bestehenden hohen Überkapazitäten, Importdruck, aufkommender Protektionismus sowie Volatilität an den Rohstoffmärkten.“

In der deutschen Stahlindustrie waren nach Branchenangaben zuletzt rund 85.000 Mitarbeiter beschäftigt, EU-weit waren es etwa 320.000. 

Die deutsche Wirtschaftsvereinigung Stahl fordert, dass sich die Europäische Union nun vehement gegen die angekündigten Einfuhrzölle der USA zur Wehr setzt. „Die USA bauen eine Zollschranke auf, mit der sie sich gegen Stahlimporte aus aller Welt abschotten. Diese Maßnahme verstößt eindeutig gegen Regeln der Welthandelsorganisation WTO“, sagte Hans Jürgen Kerkhoff, der Präsident der Wirtschaftsvereinigung.

Exporteure haben den EU-Markt im Blick

Das Hauptaugenmerk müsse dabei auf die Bekämpfung von so genannten Handelsumlenkungen liegen, denn vermutlich würden Exporteure ihre Augen bald verstärkt auf den offenen EU-Markt richten. Die Folge wäre eine neue Stahlschwemme, befürchtet der Verband. „Wenn die EU nicht handelt, wird unsere Stahlindustrie die Rechnung für den Protektionismus in den USA zahlen“, sagte Kerkhoff. Zu befürchten sei auch eine direkte Belastung der deutschen Stahlexporte in die Vereinigten Staaten.

Das Land ist für die hiesigen Hersteller der wichtigste Exportmarkt außerhalb der EU. Es ist auch zu erwarten, dass andere Staaten auf die US-Politik reagieren und ebenfalls ihre Märkte abschotten. Auch das würde deutsche und europäische Exporteure treffen.

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