Start-Up aus BergheimMit eigener Kosmetiklinie in die Regale von dm und Rossmann

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Andrea Thumm hat ihre Haustiere teilweise auf den Produkten verewigt.

Andrea Thumm hat ihre Haustiere teilweise auf den Produkten verewigt.

  • Andrea Thumm hat sich vor etwa zwei Jahren mit einer eigenen Kosmetiklinie selbstständig gemacht.
  • Zwei Jahre später steht sie bei den Marktführern DM und Rossmann im Regal, weitere Händler haben ihr Interesse bekundet.
  • „Viele Kundinnen wissen gar nicht, dass die Katzen auf den Handcreme-Tuben meine eigenen Haustiere sind“, sagt Andrea Thumm, Gründerin der Kosmetiklinie.
  • Wie hat die Bergheimerin das geschafft?

Bergheim – Drogerien machen in keinem anderen europäischen Land so viel Umsatz wie hierzulande. 13,8 Milliarden Euro gaben die Deutschen 2018 laut einer Eurostat-Studie für Körper- und Pflegeprodukte aus. Marktführer sind die Drogeriemärkte DM und Rossmann – dort stehen zwischen den Platzhirschen L’Oréal und Balea seit über einem Jahr auch die Produkte der Marke Be Routine aus Bergheim im Regal.

„Viele Kundinnen wissen gar nicht, dass die Katzen auf den Handcreme-Tuben meine eigenen Haustiere sind“, sagt Andrea Thumm, Gründerin der Kosmetiklinie, während sie die grau-schimmernde Tube „Charlottas Rose Garden“ mit Charlottas Konterfei in der Hand hält. Vegan, tierversuchsfrei und ohne Mikroplastik steht darauf, Kostenpunkt: etwa zwei Euro.

Eine Million Euro Umsatz im ersten Jahr

Keine Tierversuche seien den Kosmetikkunden mittlerweile sehr wichtig, alleine über die Be-Routine-Seite im sozialen Netzwerk Instagram erreichen Thumm jede Woche fünf bis sechs Fragen zur Tier- und Umweltfreundlichkeit der Produkte. Außerdem: Wer seid ihr? Sitzt ihr in Deutschland? Ihre Antwort: Wir sind ein Start-up mit aktuell sechs Mitarbeitern, das seit Herbst 2017 besteht und dessen Produkte seit März 2018 bundesweit in den Drogeriemärkten von DM und in Österreich bei Bipa erhältlich sind. Rossmann führt die Marke seit April 2019, Lidl hatte sie kürzlich als Aktionsangebot im Sortiment. Umsatz im vergangenen Jahr: eine Million Euro.

„Die Probierbereitschaft bei jungen Kunden ist heute wahnsinnig hoch“, sagt Ulrich Maith, der den drogistischen Markt in Deutschland gut kennt. Er war 16 Jahre Manager der DM-Eigenmarken, anschließend Geschäftsleitungsmitglied bei Rossmann. „In den letzten Jahren passiert auf dem Markt unheimlich viel, gerade für Start-ups hat sich eine Nische aufgetan.“ Früher habe es nur die großen Industriemarken und die Eigenmarken der Drogeriemärkte gegeben. Heute könne man sich mit einem einprägsamen Namen, ansprechender Verpackung und hoher Produktqualität durchaus ohne großen Konzern im Hintergrund etablieren.

Marktforschung im Reitstall

Thumms Konzept: „Wenn wir uns mit L’Oréal und Nivea ins Regal stellen, ist unsere einzige Chance die Supertanker als kleines, wendiges Schnellboot zu umschiffen – und zu überholen.“ Im Gegensatz zu etablierten Marken sei ein Start-up wie Be routine innovativer: „Wir sind bunter, unkonventioneller und gehen auf die Bedürfnisse unserer jungen Zielgruppe ein.“ Die Verpackung der Be-Routine-Tagescreme kann als Schmuckkästchen wiederverwendet werden, die Gesichtsmaske ist nicht nur gut für die Haut, sondern glitzert auch pink.

Vor ihrer Gründung war die gelernte Marketing- und Vertriebswirtin Thumm selbstständige Beraterin für Handelsmarken, hatte bereits viele Kontakte zu den Drogerie-Marktführern. Nach einer gewonnenen Ausschreibung auf der Glow – Deutschlands größte Beauty-Convention, eine Messe, die Marken, Influencer und junge Konsumentinnen von Schönheitsprodukten zusammenbringt –, bei der sie ihr Konzept vorstellte, wagte die 41-Jährige den Schritt in die Selbstständigkeit, zunächst mit nur einer Mitarbeiterin, die die Produkte mit ihr gemeinsam erfand.

Die Marktforschung fand im Freundes- und Bekanntenkreis statt, in ihrem Reitstall bekamen alle jungen Mädchen Kosmetikpröbchen und Fragebögen in die Hand gedrückt.

Werbepartnerinnen benutzen ihre Cremes auch selbst

Werbung in klassischen Medien macht Be Routine bis jetzt nicht. Stattdessen arbeitet das Start-up mit Influencerinnen zusammen. Das ist günstiger und wirkungsvoller.

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„Junge Mädchen sind einfach Fans der Influencer. Sie schauen ihnen nicht nur zu, sondern sehen sie als Vorbilder und Beratungsinstanzen“, sagt Thumm, die langjährige Erfahrung mit der Zielgruppe unter 20 hat. Wichtig sei außerdem: Ihre Werbepartnerinnen benutzen die Cremes und Masken selbst, halten sie nicht nur für Geld in die Kamera.

Bis Ende des Jahres wird Be Routine bei vier weiteren Händlern in den Regalen stehen. Ins Ausland expandieren will Thumm trotz des Erfolgs erst einmal nicht. Ihre Maxime ist ein langsames, gesundes Wachstum. Anfragen aus China gab es bereits, der stationäre Handel kommt für sie nicht in Frage: Ein Gesetz verlangt vor Markteintritt Tierversuche mit den bereits getesteten Produkten.

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