Undurchsichtige PreiseVerbraucherzentrale NRW warnt vor Ticketbörse Viagogo

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Rammstein-Konzert beim Wacken Open-Air Festival 2013 – auch die deutsche Band ging bereits gegen Viagogo vor

Köln – Theatervorstellungen, Festivals, kleine Konzerte, Fußballspiele vor Zuschauern: Mit den sinkenden Corona-Zahlen feiert auch die Veranstaltungsbranche ein vorsichtiges Comeback. Die Verbraucherzentrale NRW warnt nun jedoch vor Tücken beim Ticketkauf über Onlinebörsen – zum Beispiel der des britisch-schweizerischen Unternehmens Viagogo.

Die Verbraucherschützer kritisieren, auf den ersten Blick sei nur schwer erkennbar, dass Viagogo die Tickets nicht selbst verkauft, sondern lediglich zwischen privaten Anbietern und Kundschaft vermittelt. „Auf die reine Vermittlung weist Viagogo nicht transparent genug hin und damit auch nicht auf den fehlenden Käuferschutz.“ Außerdem seien die Ticketpreise auf der Plattform, die ihren Sitz in der Schweiz hat, häufig deutlich höher als über die offiziellen Vorverkaufsstellen und könnten dort „das Achtfache“ kosten. Kurz vor Abschluss des Buchungsvorgangs fielen zudem „leicht zu übersehende Buchungs- und Abwicklungskosten sowie die Umsatzsteuer“ an, die die Tickets weiter verteuerten.

Widerspruch vom Unternehmen

Ein weiterer Kritikpunkt der Verbraucherzentrale: Wer ein Ticket über Viagogo kaufe, trage das Risiko für den Fall, dass Tickets nicht geliefert würden. Käufer könnten gegen Viagogo keine Ansprüche geltend machen, auch bei abgesagten Veranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie blieben Betroffene häufig auf Kosten sitzen.

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Das Unternehmen erklärt derweil, man halte die Informationen der Verbraucherzentrale in großen Teilen für falsch und stünde deshalb im Austausch miteinander. „Wenn eine Veranstaltung abgesagt wird, haben Nutzer Anspruch auf eine Rückerstattung. Zusätzlich haben wir unseren Nutzern direkt zu Beginn der Pandemie 125%-Gutscheine als Alternative angeboten“, heißt es im Statement eines Pressesprechers. Bei verschobenen Veranstaltung behielten Tickets ihre Gültigkeit, dort bestehe daher kein Anspruch auf Rückerstattung. Außerdem gebe es weitere Sicherheitsfunktionen, um Käufer zu schützen. Die erhobene Buchungsgebühr sei marktüblich. 

Die Verbraucherzentrale NRW berichtet dennoch von Beschwerden, bei denen Käufer in Vorkasse gegangen und Rückabwicklungen durch eng gesteckte Voraussetzungen schwierig seien.

Klage vor dem Münchener Landgericht

Das Geschäftsmodell von Viagogo stand schon in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik. 2019 entschied das Landgericht München nach einer Klage der bayerischen Verbraucherzentrale, dass die Plattform transparenter machen müsse, wer die Ticketverkäufer seien. Außerdem dürfe sie nicht mit einer Garantie für gültige Tickets werben, solange auch personalisierte Eintrittskarten vermittelt würden: Denn mit denen könnte Käufern der Zutritt zur Veranstaltung verweigert werden. Da das Unternehmen Berufung einlegte, ist das Urteil nicht rechtskräftig. Deutsche Bands wie Die Ärzte und Rammstein gingen ebenfalls bereits gegen die Plattform vor, um zu verhindern, dass Tickets zu ihren Konzerten dort verkauft werden. In der Branche herrscht Sorge, dass professionelle Broker sich bei Vorverkaufsstellen große Bestände an Konzerttickets sichern könnten, um sie später überteuert weiterzuverkaufen.

Die Verbraucherzentrale NRW empfiehlt, im Zweifel immer lieber auf Tickethändler als auf -börsen zu setzen. „Dort, wo die Tickets direkt vom Veranstalter kommen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass der Ticketkauf reibungslos funktioniert“, sagt Rechtsexpertin Iwona Husemann.

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Im vergangenen Corona-Jahr hatte es immer wieder Diskussionen um rechtliche Regelungen beim Kauf von Veranstaltungstickets gegeben. Für Tickets, die vor dem 8. März 2020 erworben wurden, erhielten Veranstalter die Möglichkeit, im Falle einer Absage anstelle einer Rückerstattung einen Wertgutschein anzubieten. Wird dieser bis Dezember 2021 nicht eingelöst, können die Käufer ihr Geld zurückfordern. Bei Tickets, die nach dem 8. März gekauft wurden, gilt bei einer Absage der normale Anspruch auf Rückerstattung.

„Die Verbraucher müssen hier auch keinen Zeitdruck verspüren“, sagt Husemann: Der Anspruch verjähre erst nach drei Jahren, also bei 2021 erworbenen Tickets Ende 2024. Nur, wenn der Veranstalter vorher insolvent gehe, sei das Geld weg. Husemann weist darauf hin, dass man sich mit seinen Forderungen nicht an den Tickethändler sondern immer zuerst an den Veranstalter wenden sollte. Den Namen könne man auf dem Ticket finden.  

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