Unternehmer Christian Berner im Interview„Köln hat die falsche Regierungsform“

Lesezeit 4 Minuten
Christian Berner

Christian Berner

  • Christian Berner, Jahrgang 1984, übernahm 2012 den Vorstandsvorsitz der Berner Group, nachdem er 2011 in den Aufsichtsrat berufen wurde.
  • Im Interview spricht der Unternehmer unter anderem über den Umzug seiner Firma in den Rheinauhafen.
  • Dabei erklärt er auch, wieso er Köln Hamburg, Berlin oder Düsseldorf vorgezogen hat.

Herr Berner, Ihre Firma ist vor fünf Jahren aus dem schwäbischen Künzelsau nach Köln gezogen. Warum? Ich bin als 28-Jähriger in die Firma meiner Familie eingestiegen. Vorher war sie von Fremdmanagern geführt, und das hat nicht funktioniert. Das Unternehmen bestand aus 60 Untergesellschaften, die wie ein Netzwerk nebeneinander existierten. Die erfolgreiche Hälfte hielt die Verluste schreibende Hälfte über Wasser. Das wollte ich ändern. Wir stellten schnell fest, dass wir dafür eine Vielzahl von Fachleuten in allen Bereichen benötigen, allein 30 bis 60 IT-affine Mitarbeiter. Und die nach Künzelsau zu bewegen, wäre in angemessener Zeit nicht möglich gewesen. Also beschlossen wir, nach Köln zu ziehen.

Das beantwortet noch nicht die Frage, warum ausgerechnet Köln, und nicht ihre Wahl-Heimatstadt Hamburg, oder die Hauptstadt Berlin oder Düsseldorf …

Wir haben alle deutschen Großstädte als neue Standorte geprüft. Dabei kam schnell heraus, dass wir nicht in eine Stadt mit weniger als eine Million Einwohnern ziehen können. Nur solche Städte bieten ein ausreichend großes Potenzial an Arbeitskräften, die man ja gegebenenfalls bei anderen abwerben muss. Prinzipiell hätten Universitätsstädte wie Münster oder Würzburg auch Potenzial. Wir aber prüften am Ende München und Köln, und wir entschieden uns für Köln.

Was sprach für Köln und gegen Hamburg?

Hamburg war zu weit weg von unseren relevanten Märkten. Von Köln aus hat man eine große Nähe zu den Niederlanden und Frankreich, Köln liegt in Deutschland sehr zentral. Und was auch unschlagbar für Köln stand, ist, dass die Stadt mit Düsseldorf, Frankfurt und Köln/ Bonn über drei internationale Flughäfen in unmittelbarer Nähe verfügt. Heute sind am Stammsitz der Holding in Künzelsau 100 Mitarbeiter, hier in Köln 130. Wir sitzen im Rheinauhafen wegen seiner Repräsentativität und der Lebensqualität der Südstadt. Leider gibt es viel zu wenige dieser guten Standorte in Köln. Überhaupt muss Köln viel tun, um erfolgreich zu bleiben.

Berner Group hat 8200 Mitarbeiter

Die Berner Group wurde 1957 im schwäbischen Künzelsau von Albert Berner als Ein-Mann-Betrieb gegründet. Seit 2012 ist Sohn Christian Berner Vorstandsvorsitzender der Firma.

Heute beschäftigt die Unternehmensgruppe (Jahresumsatz rund 1,1 Milliarden Euro) mehr als 8200 Mitarbeiter in 23 Ländern Europas. 2016 erfolgte die Teilverlagerung der Holding nach Köln, nach eigenen Angaben um die „digitale Transformation“ zu starten.

Vom Rheinauhafen aus arbeiten rund 130 Mitarbeiter. Die Unternehmen der Berner Group beliefern Handwerker in den Segmenten Bau, Industrie und Auto zum Beispiel mit Verbrauchsmaterialien, Werkzeugen, Arbeitsausrüstungen und chemischen Produkten. Zur Gruppe gehört auch der Spezialchemiehersteller Caramba.

Was genau muss Köln dafür tun?

Wir müssen Gas geben, sonst verliert Köln den Anschluss. Köln hat die falsche Regierungsform. Der Senat war eine Erfindung vor 700 Jahren für ein viel kleineres Köln. Die Stadt wird von Halbtagskräften regiert. Wir brauchen in einer Millionenstadt aber Berufspolitiker. Wer sich die Liste der Oberbürgermeisterkandidaten angeguckt hat musste doch ins Grübeln kommen. Was versteht etwa ein ehemaliger Streifenpolizist von Wirtschaftspolitik. Wir brauchen mehr freigestellte Politiker, Profis.

Was macht Köln denn so falsch?

Ich lebe gern hier und deshalb bin ich bei dem Thema, wie wir Köln nach vorn bringen, so engagiert. Köln steht nicht im Wettbewerb mit Bonn oder Düsseldorf, sondern als Region mit Paris, London oder Mailand. Das ist noch nicht in den Köpfen angekommen. Dass etwa U-Bahnen alternativlos sind, ist trivial. In London und auch in Düsseldorf baut man deshalb U-Bahnen. In Köln debattiert man zehn Jahre lang deren Sinnhaftigkeit. In Köln ist der Stolz groß, doch der Ruhm ist längst verblichen. Wir sollten uns nicht länger hinter dem Dom verstecken, sondern den Standort beherzt nach vorn bringen.

Warum sind Sie nicht nach Düsseldorf gegangen, wenn Ihnen hier so vieles nicht passt?

Köln passt für uns. Wir möchten aber, dass es auch so bleibt. Und dafür setze ich mich ein. Deshalb haben wir hier 130 Arbeitsplätze geschaffen. Düsseldorf ist zu klein. Ansonsten machen die vieles richtig. Vor allem im Städtebau, da hat man über Jahrzehnte Tunnel für Bahnen und Straßen gebaut, und so die Stadt an den Rhein zurückgebracht. Düsseldorf ist wegen guter Planungen erfolgreich, nicht nur wegen des Status als Landeshauptstadt. Der Deutzer Hafen zeigt doch, dass wir in Köln auch Stadtplanung können. Köln hat viel Potenzial. Wir sollten mutiger sein, es zu heben.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wenn Sie drei Wünsche für den Wirtschaftsstandort hätten, welche wären das?

Erstens: Köln sollte es trotz Gentrifizierung wagen, mehr Arbeitsplätze aus der Nachbarschaft nach Köln zu holen. Zweitens: Die Wirtschaft braucht Unterstützung. Dieser Wunsch ist mit dem neuen Wirtschaftsförderer Manfred Janssen übrigens bereits erfüllt, seine Arbeit ist beachtlich. Drittens: Die Bürokratie ist ineffizient. Ich habe selbst gebaut und muss sagen: Wenn ein Bauamt zwei oder drei Jahre für eine Baugenehmigung braucht, dann ist das schwer erträglich. Das können andere Städte schneller.

KStA abonnieren