Wer verdient am Radrennen?So funktioniert die Geldmaschine Tour de France

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Dem Fahrerfeld der Tour de France eilt über den gesamten Parcours eine Werbekarawane voraus.

Dem Fahrerfeld der Tour de France eilt über den gesamten Parcours eine Werbekarawane voraus.

  • Jeden Tag fährt den Radprofis bei der Tour de France eine Werbekaravane voraus, die in drei Wochen 15 Millionen Werbegeschenke verteilt.
  • Das Radrennen ist vor allem eine gut funktionierende Werbemaschine.
  • Wie funktioniert sie und wer verdient eigentlich an diesem Sportergebnis?

Nîmes – Die Tour de France, das größte Synonym für Fahrräder auf dieser Welt, ist vor allem auch ein Autorennen. Jeden Tag fährt den Radprofis vor jeder Etappe im Schritttempo eine motorisierte Werbekarawane voraus, die es in dieser Form sonst nicht mehr gibt auf der Welt.

Elf Kilometer misst diese Marken-Prozession, 160 in den Farben und mit den Motiven der zu bewerbenden Konzerne ausgestattete Fahrzeuge sind dort integriert, 600 Menschen finden dort Arbeit, 480 von ihnen auf den wie Karnevalswagen verzierten Gefährten, aus denen die immer gleiche Musik lautstark aus Bässen wummert. 30 Minuten dauert es, bis diese mobile Show einen Ort passiert hat. Nach drei Wochen Tour durch Frankreich haben die Mitarbeiter der Karawane 15 Millionen kleine Werbegeschenke von Karnevalswagen gleichen Vehikeln geworfen. Es ist davon auszugehen, dass diese äußerst beliebte Werbeshow ihre Botschaften gewinnbringend vermittelt.

Familienkonzern Amaury hält die Rechte an der Tour

Denn zehn bis zwölf Millionen Menschen säumen die Straßen der Tour, sieben Stunden verharren sie alle im Schnitt am Streckenrand, was zeigt: Neben einem Rad- und Autorennen ist die Tour de France vor allem auch eine Werbemaschine. Eine sehr gut funktionierende zudem.

Die Rechte an der Tour, dem drittgrößten Sportereignis der Welt nach Fußball-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, hält die 1992 gegründete Amaury Sport Organisation (ASO), die zum Familienkonzern Amaury gehört. Zur Amaury-Gruppe gehört auch die französische Sporttageszeitung „L’Équipe“, die in den drei Tour-Wochen ausufernd ausführlich über das Rennen berichtet und in jenen Tagen ihre Auflage erhöht. Das Vermögen der Amaurys soll sich bei 300 Millionen Euro eingependelt haben, damit gehören sie zu den 200 reichsten Familien Frankreichs.

60 Prozent des Umsatzes kommt aus dem Erlös der TV-Rechte

Zahlen gibt der Konzern nicht bekannt, der Deutschlandfunk jedoch geht von 450 Millionen Euro Umsatz für die gesamte Amaury-Gruppe aus, die demnach 1000 Beschäftigte zählt. Einen wesentlichen Anteil an der Mehrung des Unternehmensvermögens besitzt gleichwohl die Tour de France: Vor der 100. Auflage 2013 wurde der Umsatz der Tour auf 150 Millionen Euro geschätzt und dürfte nun deutlich über dieser Summe liegen. Vermutete Gewinnmarge: 15 Prozent.

Die ASO ist ein Spezialist für die Organisation von Radrennen, neben der Tour gehören dazu noch 21 andere Radsport-Veranstaltungen, darunter Monumente wie Paris-Roubaix oder Lüttich-Bastogne-Lüttich, aber auch Rennen in Oman, Shanghai, Japan, Frankfurt und seit vergangenem Jahr die Deutschland-Tour, die die ASO wieder neu aufgelegt hat.

Das Geschäftsmodell Tour de France fußt auf drei Säulen. Zunächst auf dem Erlös der TV-Rechte, die der Konzern hält und die 60 Prozent des Umsatzes ausmachen. Die Tour wird in 190 Länder übertragen. Weltweit erreicht sie 3,5 Milliarden Zuschauer. Der Sender France-Television, der alle Etappen live überträgt, zahlt 24 Millionen Euro pro Jahr für die TV-Rechte, die man bis 2025 eingekauft hat. Die ARD hat einen Sondervertrag mit der ASO, sie hat für die Zeit von 2019 bis 2021 laut Branchenkennern 7,4 Millionen Euro bezahlt.

VW-Tochter Skoda investiert 3,5 bis vier Millionen Euro

30 Prozent zahlen wiederum Sponsoren ein, wobei die ASO ein abgestuftes Finanzierungsmodell aufgelegt hat. Sie hat fünf Hauptpartner, zu denen neben der Bank Crédit Lyonnais, die das Gelbe Trikot sponsert, seit 2004 auch der Fahrzeughersteller Skoda gehört. Hinzu kommt die Reifenmarke Continental, die Supermarktkette Leclerc und eine Optiker-Genossenschaft namens Krys.

Darüber hinaus gibt es noch viele weitere offizielle Finanziers. Die Hauptsponsoren dürften mindestens 3,5 Millionen Euro investieren, die Volkswagen-Tochter Skoda soll dem Vernehmen nach mit 3,5 bis vier Millionen Euro dabei sein, Crédit Lynonnais sogar mit bis zu zehn Millionen Euro jährlich.

Skoda kehre mit dem Engagement bei der Tour zu seinen Wurzeln zurück, sagt Uwe Ungeheuer, Leiter Marketing bei Skoda Deutschland, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Skoda habe zunächst ab 1895 Fahrräder konstruiert. Das Engagement wurde just bis 2023 verlängert: „Wir sind in diesem Jahr schon zum 16. Mal Haupt- und Fahrzeugpartner der Tour de France. Mit dem Radsport erreichen wir ein internationales Millionenpublikum“, sagt Ungeheuer. 250 Autos stellt Skoda den Tour-Organisatoren zur Verfügung, zudem sponsert man seit 2015 das Grüne Trikot des Punktbesten. In der Werbekarawane ist Skoda mit sieben Fahrzeugen vertreten.

Etappenorte zahlen bis zu 15 Millionen Euro

Dritte Basis der Tour-Finanzierung sind die mit zehn Prozent ausgewiesenen Einnahmen von den Etappenorten, wobei der Grand Départ, der mehrtägige Tour-Auftakt, besonders teuer ist. Brüssel investierte diesmal elf Millionen Euro, Düsseldorf hat vor zwei Jahren 15 Millionen Euro aufgewendet. Deutlich weniger – 65 000 Euro – müssen Startorte an die ASO überweisen. 110 000 Euro zahlt eine Gemeinde, wenn sie das Etappenziel stellt, beides zusammen wird mit 160 000 Euro berechnet.

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Anmeldegebühren – 50 000 Euro für sechs Fahrzeuge – und laufende Kosten zusammengerechnet ergibt sich laut ASO zudem ein durchschnittliches Investment von 200 000 bis 500 000 Euro pro Teilnehmer und Jahr für die Werbekarawane.

Jahr für Jahr erhält die ASO um die 200 Bewerbungen für Etappenorte. Die Aufwendungen, die Städte und Gemeinden leisten müssen, haben also offenbar keine abschreckende Wirkung. Und klar ist: Im Falle des Zuschlags würden die Auserwählten auch die Werbekarawane empfangen.

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