Würdige Zukunft für leere Kirchen

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Die Kirche St. Anno wird in den Bau eines Altenheimes für Holweide integriert.

Die Kirche St. Anno wird in den Bau eines Altenheimes für Holweide integriert.

Einen „Ausverkauf“ von Sakralbauten will das Erzbistum vermeiden und setzt auf seriöse Ideen.

Die Kirche St. Anno mit ihrer Umgebung wird kaum wiederzuerkennen sein. Das angrenzende Pfarrzentrum wird abgerissen, rund um das Holweider Gotteshaus entsteht ein Altenheim. Das Zeltdach der 1975 geweihten Kirche selbst wird abgetragen, die Außenmauern und der Turm bleiben stehen. „Etwa ein Viertel des Kirchenraumes soll als Kapelle in das Altenheim integriert werden“, erklärt Pfarrer Bernd Michael Fasel. Ein weiteres Viertel werde zum Aufenthaltsraum umfunktioniert, der Rest als Innenhof genutzt. Im Turm sollen Treppenhaus und Aufzugsschacht untergebracht werden.

Mit dem drastischen Schritt, Kirche und Pfarrzentrum aufzugeben, reagieren die Holweider Katholiken auf die Sparvorgaben des Erzbistums. Die Gemeindemitglieder hätten „mit einer gewissen Traurigkeit“ auf die Entscheidung des Kirchenvorstandes reagiert, manche auch „mit Enttäuschung und Wut“, sagt Pfarrer Fasel. Letztlich habe sich die Mehrheit aber mit der Tatsache abgefunden, dass der Pfarrei in Zukunft nur noch die Kirche St. Mariä Himmelfahrt zur Verfügung steht. „Wir erhalten mit der Kapelle einen verkleinerten Gottesdienstort und schaffen zugleich das in Holweide seit langem benötigte Altenheim“, hebt Fasel die Vorteile der Lösung hervor.

Was passiert mit Kirchen, die nicht mehr zwingend benötigt werden, deren Unterhalt zu teuer wird? Die Frage stellt sich angesichts zurückgehender Katholikenzahlen und sinkender Steuereinnahmen immer drängender und wird im Zuge des Sparkonzeptes „Zukunft heute“ zurzeit vielerorts im Erzbistum diskutiert. „Es wird keinen Ausverkauf von Kirchen geben“, versichert Stadtdechant Johannes Bastgen. Katholische Gotteshäuser aufzugeben, zu entweihen, dürfe nur „die Ultima Ratio“, die letzte aller Möglichkeiten sein. In der jüngsten Sitzung des Priesterrates sei zum Beispiel dieses Schicksal für die Filialkirchen St. Pius in Langenfeld und St. Bonifatius in Remscheid besiegelt worden: Beide Gotteshäuser sollen laut Bastgen abgerissen

werden.

Angestrebt werden andere Lösungen - wie zum Beispiel für die Heilig-Geist-Kirche in Gremberghoven. Mitte des Jahres hat die Pfarrgemeinde St. Maximilian Kolbe das Gotteshaus, eines von vieren, samt Pfarrhaus und Pfarrheim an die serbisch-orthodoxe Gemeinde abgegeben - für einen Euro im Jahr, dafür müssen sich die neuen Mieter um die Instandhaltung kümmern. Die Pfarrei spart laut Pfarrer Jochen Thull außerdem rund 18 000 Euro pro Jahr an Betriebskosten. Schon vor Jahren haben die Griechisch-Orthodoxen in Alt St. Heribert in Deutz eine Heimat gefunden, die armenischen Christen in St. Christophorus in Niehl.

Aber auch neue Nutzungen von Gottesräumen sind denk- und machbar: So wird St. Johann Baptist, die Kirche mit dem ehemals schiefen Turm, zum jugendpastoralen Zentrum für die Stadt, und dafür wird ein Teil der Kirche abgetrennt, auf zwei Etagen entstehen ein Begegnungszentrum, Büros und Besprechungszimmer. Kunst und Kultur kann sich Bastgen in Kirchen vorstellen - siehe Museum Schnütgen -, Begegnungsräume auch, „da müssen wir in Zukunft noch kreativer rangehen“. Auch den Weg, den die Architektenfamilie Link mit dem Umbau der alten Rondorfer Pfarrkirche in den 80er Jahren zu einem unkonventionellen Wohn- und Arbeitskomplex gewählt hat, hält Bastgen für „eine seriöse Lösung“.

Klar sei allerdings auch, dass „nichts stattfinden wird, was der kirchlichen Intention des Raumes widerspricht“. Dass Kirchen, wie in England und den Niederlanden geschehen, zu Einkaufszentren oder Diskotheken umgewandelt werden, „das ist bei uns undenkbar“. Kirchengebäude, das betont Bastgen, hätten auch ohne ihre eigentliche Funktion „Sinn und Aufgabe“. Sie seien „Zeugnis christlicher Religion und abendländischer Kultur“ und zudem „Identifikationspunkte“ der Menschen vor Ort. Und der Stadtdechant weist darauf hin, dass nicht nur Abriss oder Umnutzung von Kirchen diskutiert werden: In den letzten zehn Jahren sind in Köln zwei Kirchen neu gebaut worden - St. Katharina von Siena in Blumenberg und St. Theodor in Vingst.

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