ZwangsversteigerungHäuser unter dem Hammer

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Zwangsversteigerung bei Hans-Jürgen Roos. (Bild: CA)

Zwangsversteigerung bei Hans-Jürgen Roos. (Bild: CA)

Rhein-Berg – Hans-Joachim Roos ist einer der beiden Rechtspfleger, die die wöchentlichen Zwangsversteigerungstermine leiten. „Zwischen Antragstellung und Termin vergeht in der Regel mindestens ein Jahr“, sagt Roos. Bei Zwangsversteigerungen werden Grundstücke, Häuser und Wohnungen angeboten. Tätig wird der Rechtspfleger nur auf Antrag. Meist sind es Banken, die ein solches Verfahren in Gang setzen: „In 95 Prozent der Fälle“, so die Erfahrung des Rechtspflegers. Aber zur Versteigerung durch das Gericht kann es auch kommen, wenn ein gemeinschaftliches Eigentum aufgehoben werden soll. „Zum Beispiel bei einer Erbengemeinschaft oder einem Ehepaar, das sich getrennt hat, aber gemeinsamer Eigentümer einer Immobilie ist“, erklärt der 54-Jährige. Einer solchen Verfahrensweise müssen nicht alle Beteiligten zustimmen. „Es reicht, wenn einer der Erben oder ein Ehepartner die Zwangsvollstreckung beantragt.“

Manchmal – wenn auch selten – gibt es aber Immobilien, die so viel Mietertrag abwerfen, dass dadurch die Schulden beglichen werden können. „Dann kümmert sich ein Zwangsverwalter um die Immobilie und regelt die Finanzen“, erklärt Roos.

Gläubiger können eine Zwangsvollstreckung beantragen, wenn eine Grundschuld für die betreffende Immobilie oder eine entsprechende Forderung aus einem Gerichtsurteil besteht. „Wenn die formalen Voraussetzungen stimmen, dann wird die Zwangsversteigerung angeordnet und ins Grundbuch eingetragen“, erklärt der Beamte. Dadurch verliert der Schuldner die Befugnisse an der Immobilie. Der betroffene Immobilienbesitzer kann nach Zustellung des Beschlusses die Einstellung des Verfahrens beantragen, wenn er beweisen kann, dass er innerhalb von einem halben Jahr seine Schulden tilgen kann. „Die Anträge sind häufig, aber da ist wenig Aussicht auf Erfolg“, weiß Roos aus Erfahrung. Beträge wie 100 000 oder 200 000 Euro ließen sich nun einmal nicht so einfach innerhalb von einem halben Jahr tilgen. Der Gläubiger ist dagegen Herr des Verfahrens und kann jederzeit die Einstellung beantragen. „Zum Beispiel, wenn sich ein Käufer für ein Haus gefunden hat“, erklärt der 54-Jährige. „Oder Schuldner und Eigentümer sind sich doch noch irgendwie einig geworden.“

Bevor es zur Versteigerung kommt, muss erst einmal der Wert einer Immobilie festgestellt werden, deshalb wird vom Gericht ein Gutachter beauftragt. „Der Schuldner muss ihn allerdings nicht ins Haus lassen“, sagt Roos. Das sei zwar menschlich gut nachvollziehbar und passiere auch oft, sei aber kontraproduktiv. „Denn dann nimmt der Gutachter mangels Innenbesichtigung einen Sicherheitsabschlag von rund 20 Prozent“, erklärt der Rechtspfleger. „Und die Zwangsversteigerung verhindern kann ein Schuldner auch dadurch nicht.“ Sobald das Gutachten und damit der Verkehrswert allen Verfahrensbeteiligten vorliegt, wird ein Versteigerungstermin angesetzt. „In den drei bis vier Wochen vorher können Interessenten das Gutachten einsehen oder die Immobilie im Internet angucken“, sagt Roos. Wie viele Leute zu den Versteigerungen kommen, ist im Vorhinein nicht abzuschätzen. „Manchmal kommt keiner, manchmal über 100“, so die Erfahrung des Rechtspflegers. „Bei einer Villa in Odenthal und einer Eigentumswohnung in Overath quoll der Saal aus allen Nähten.“ Doch nicht immer kommt es beim ersten Termin zum Verkauf. „Zum einen müssen mindestens fünf Zehntel des Verkehrswertes geboten werden, zum anderen hat der Gläubiger ein Vetorecht“, klärt der Rechtspfleger auf.

Wird ein zweiter Versteigerungstermin angesetzt, gelten diese Grenzen nicht mehr, aber auch dann kann der Gläubiger gegen einen Verkauf Einspruch erheben. „In Einzelfällen kann es zu fünf bis sechs Terminen kommen, der Durchschnitt liegt bei zwei“, erklärt Roos und fügt nach kurzem Nachdenken hinzu, dass in letzter Zeit auch öfters Immobilien beim ersten Termin verkauft würden.

Die Atmosphäre ist immer anders. „Die meisten Schuldner haben sich mit der Versteigerung abgefunden und verhalten sich neutral“, so die Erfahrung des Beamten. Aber es gebe auch Besitzer, denen der Verkauf offensichtlich sehr an die Nieren gehe. „Das ist ja auch verständlich, wenn sich jemand für ein Häuschen krummgelegt oder es selbst gebaut hat“, so Roos. Unangenehm kann es bei Teilungsangelegenheiten werden. Roos: „Dann spüren Sie förmlich im Saal, wie die Eigentümer sich nicht ausstehen können.“

Die Bietzeit beträgt mindestens eine halbe Stunde. „Davor werden alle Formalien vorgelesen“, erklärt Roos das Prozedere. „Es ist weit unspektakulärer, als es immer im Fernsehen dargestellt wird“, sagt er, und seine Antwort klingt fast entschuldigend. Sind die Gebote abgegeben, ruft Roos das Meistgebot dreimal auf, fragt noch einmal nach Geboten und erteilt dann den Zuschlag.Die meisten Immobilien werden unter Verkehrswert verkauft, aber es gibt auch Ausnahmen. „Ein Kollege hat ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 100 000 Euro für 900 000 Euro versteigert“, erzählt der Rechtspfleger. Am preiswertesten sind Stellplätze. „Die werden für rund 500 Euro verkauft, da bieten meist aber auch nur die Miteigentümer mit“, sagt Hans-Joachim Roos.

Er selbst würde keine Immobilie per Zwangsversteigerung kaufen: „Meines Erachtens lohnt es sich selten. Zudem gibt es viele Unwägbarkeiten. Und wenn der Schuldner nicht mitspielt, dann muss ich auch noch räumen lassen.“

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