Zwei Kaffee, bitte!Ausstrahlung und Hirsebrei

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Sich selbst positiv wahrzunehmen kann Ingrid Theissen andere Menschen lehren - nachdem sie ihr eigenes Leben umgekrempelt hat. (Bild: Hennes)

Sich selbst positiv wahrzunehmen kann Ingrid Theissen andere Menschen lehren - nachdem sie ihr eigenes Leben umgekrempelt hat. (Bild: Hennes)

Köln – Da es nicht furchtbar oft passiert, dass ich zu einer Frau aufschauen kann, fällt mir diese sofort ins Auge. Sie trägt wie ich flache Stiefel und misst? „Einssechsundachtzig“, entgegnet Ingrid Theissen lachend. Hat sie mich also um vier Zentimeter getoppt, stelle ich fest und frage, wie sie als Jugendliche damit klar kam. „Wie ist die Luft da oben?“ Solche Sprüche kenne sie zwar nicht, aber sie habe „früher oft im Bett gelegen und geguckt, ob ich wachse!“ Dafür seien Sätze wie: „Die kriegt nie einen Mann ab“ öfter gefallen. „Hat sich aber nicht bewahrheitet“, ergänzt die 46-Jährige, woraufhin wir beide lachen und übereinkommen: Größe ist geil.

Wenn ich das anders empfände, wäre ich bei ihr allerdings genau an der richtigen Adresse. Wie ich im Gespräch erfahre, ist Ingrid Theissen nämlich nicht nur Biofriseurin, sondern hat sich kürzlich durch „eine Prüfung vor Ärzten und Heilpraktikern“ als Integralis-Beraterin qualifiziert. Ich bitte sie, das näher zu erklären. „Ich coache andere, um mit sich selber ins Reine zu kommen.“ Es gehe „um Authentizität, um Körpersprache und Körperhaltung“ und darum, mit der eigenen Größe, Figur oder Ausstrahlung leben zu können, anstatt sie zu bekämpfen.

Offenbar hat sie das Gegenkonzept zu Botox und Schminke. „Ich möchte das Altern auf natürliche Weise hinauszögern“, betont sie und berichtet von ihren Kundinnen, die zumeist einen Lebenswandel durchmachten. „Das heißt?“ „Veränderte Sichtweisen“, entgegnet sie. „Bei vielen ändert sich das Körpergefühl schon dadurch, dass sie wieder einen Zugang zu ihren Haaren bekommen.“ Der Unterschied von Chemie- zu Pflanzenfarben sei nämlich der, „dass die Konturen im Gesicht wieder neu zum Ausdruck kommen“.

Ich schaue ihr prüfend ins Gesicht und kann außer Lippenstift keine Schminke ausmachen. Wäre auch zu schade, die Sommersprossen abzudecken, denke ich und bescheinige ihr: tolle Haare, tolle Haut! Dass sie „früher unter Schuppenflechte gelitten habe und so extremen Haarausfall hatte, dass man mir auf die Kopfhaut gucken konnte“, mag ich kaum glauben. Sie nickt und berichtet von dem Wandel in ihrem Leben. Ausschlaggebend dafür sei vor vielen Jahren ein Motorradunfall in Thailand gewesen. Damals sei sie wegen ihrer Verbrennungen zum ersten Mal mit homöopathischen Mitteln und mit einem Heiler in Berührung gekommen. Zurück in Deutschland war ihr klar: „Es muss sich irgendwas ändern!“

Sie, die seit 1974 das Friseurhandwerk ausübt und zehn Jahre später ihren Meister machte, befasste sich zunehmend „mit Psyche und Haaren“ und mit Pflanzenfarben, die sie als „Reparaturwerkstatt“ bezeichnet. „In meinem Laden wollen die meisten keine Chemie mehr“, betont sie.

Aber Pflanzenfarbe sei sicher keine Reparaturwerkstatt für die Haut, bemerke ich, woraufhin sie mir ihr Geheimrezept nennt: Hirsebrei zum Frühstück. „Hirse ist supergut für Haare und Haut. Und wenn man Kinder dazu bekäme, sie zu essen, wäre das der Hammer!“ „Hirse“, murmele ich, „und was sonst?“ „Keinen Alkohol, genügend Schlaf und viele nährende Gespräche. Und alle halbe Stunde drei Schluck Wasser. Das ist wichtig!“

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