Zweierlei Maß bei den Menschenrechten?

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Für einen Vortrag im Bensberger Ratssaal kam Andreas Zumach in seine alte Heimat zurück. Der renommierte Journalist berichtet für mehrere Zeitungen über die UN, Sicherheitspolitik und den Nahostkonflikt.

Für einen Vortrag im Bensberger Ratssaal kam Andreas Zumach in seine alte Heimat zurück. Der renommierte Journalist berichtet für mehrere Zeitungen über die UN, Sicherheitspolitik und den Nahostkonflikt.

Bensberg - „Der Westen darf bei den Menschenrechten nicht mit zweierlei Maß messen. Das beobachtet die übrige Welt genau“, warnte der Journalist Andreas Zumach auf einem Vortrag im Ratssaal Bensberg. Für ein paar Tage war Zumach wegen einer Familienfeier zu Besuch in seiner bergischen Heimat. Der Stadtverband für Entwicklungszusammenarbeit, die amnesty international-Gruppe und die Friedensgruppe Bergisch Gladbach ließen sich den hochkarätigen Redner nicht entgehen und konnten ihn für den Vortrag gewinnen. Ungefähr 100 Interessierte waren gekommen, um ihm zu lauschen und anschließend zu diskutieren.

Andreas Zumach schreibt seit Jahren für renommierte deutsche Zeitungen, unter anderem für den „Kölner Stadt-Anzeiger“, über die UN, Sicherheitspolitik und den Nahostkonflikt. Der Journalist wurde 1954 in Köln geboren. Nach dem Umzug nach Bergisch Gladbach besuchte er ab 1961 zunächst die Grundschule am Broich und später das Nicolaus-Cusanus-Gymnasium, das damals noch Gymnasium an der Reuterstraße hieß. Er leistete seinen Zivildienst bei der Friedensorganisation Aktion Sühnezeichen in den USA und studierte anschließend Volkswirtschaft und Journalismus in Köln. Zumach war in der Friedensbewegung aktiv, später wurde er Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission beim SPD-Parteivorstand. Nach Zwischenstationen bei einer Regionalzeitung und dem WDR verschlug es ihn Anfang der 80er Jahre nach Berlin.

„Das war eine irre spannende Zeit damals dort“, schwärmt er noch heute. Der Ost-West-Konflikt sorgte für viel Spannung in der Stadt. Der Nato-Doppelbeschluss spaltete die Gemüter. Doch nach zweieinhalb Jahren war Schluss. „Meine Lebensgefährtin bekam eine Stelle in Genf, und ich bin mitgegangen.“ Um einen Job machte er sich keine Sorgen: „Ich habe mich einfach als freier Mitarbeiter beworben und dachte, das klappt.“ Der Erfolg war mäßig. Schließlich kam er bei einer kleinen Zeitung unter - machte aber schnell von sich Reden. Auf einer Pressekonferenz in Genf verglich der damals im Exil lebende PLO-Führer Jassir Arafat die Menschenrechtslage seines Volkes fortwährend mit Nazi-Deutschland. Irgendwann hatte Andreas Zumach genug gehört und hakte nach. Arafat platzte der Kragen. „Der hat mich zehn Minuten lang vor versammelter Weltpresse angeschrien“, erzählt Zumach schmunzelnd. Der Skandal war perfekt. Die Zeitungen der Welt titelten: „Arafat beschimpft deutschen Journalisten.“ - „Tja, und so habe ich mir eben einen Namen gemacht“, sagt Zumach.

Die Angebote großer Zeitungen folgten. Zunächst bekam Zumach keine Festanstellung, dann hatte er sich an die Vorteile eines Lebens als freier Mitarbeiter gewöhnt und wollte sich nicht mehr binden. Er schrieb ein viel beachtetes Buch über die Vereinten Nationen. Sein aktuelles Werk, „Die kommenden Kriege“, wird geschätzt, von einigen Kritikern aber wegen seiner einseitigen Ausrichtung am Nationalstaatskonzept in Zeiten zerfallender Staaten kritisiert.

Das Motto des Abends in Bensberg lautete: „Eine-Welt-Blicke: Frieden oder Weltbrand?“ „Danke für die Einladung nach Hause“, eröffnete Zumach artig, um dann schnell zu den Problemen der Welt zu kommen. „Auf dem Papier sehen die Menschenrechte sehr gut aus. In der Praxis ist das anders. Der UN fehlen die Durchsetzungsmechanismen“, sagte der Journalist. Nach seinen Beobachtungen misst die westliche Staatenwelt bei der Anwendung der Menschenrechte mit zweierlei Maß. „Wenn der Westen Menschenrechtsverletzungen in anderen Staaten kritisiert, verliert er wegen seiner laxen Haltung gegenüber Israel jede Glaubwürdigkeit. Die anderen Staaten beobachten das sehr genau.“ Nach Zumachs Ansicht muss der Kampf gegen den Terror an zwei Stellen ausgefochten werden: „Zum einen muss der israelisch-palästinensische Konflikt gelöst werden. Zum anderen müssen die arabischen Länder eine wirtschaftliche Perspektive bekommen.“

Auch zur Diskussion, ob Israel von Deutschland wegen seiner Politik kritisiert werden dürfe, äußerte sich der Journalist. „Gerade wegen unserer besonderen Verantwortung müssen wir die israelische Regierung kritisieren. Die Politik seit Scharon gefährdet Israel.“ Für die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, oder für Michel Friedmann hat er nur Kopfschütteln übrig. „Die wollen gar keine Kritik, aber die ist wichtig. Gerade wegen unserer besonderen Verantwortung als Deutsche. Der aktuelle Kurs Israels ist gefährlich für die Existenz dieses Staates.“

Den deutschen Marinesoldaten der Bundeswehr prophezeit er eine ruhige Zeit vor der libanesischen Küste. „Die werden da rumfahren und mal ein Schiff entern. Geschmuggelte Waffen werden sie nicht finden.“ Nach Zumachs Kenntnis kamen die Waffen der Hisbollah fast ausschließlich über die syrisch-libanesische Grenze. Ein kleiner Teil wurde aus Damaskus eingeflogen.

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