Atemnot, Lahmheit, FehlbildungenWie Züchter mit dem Leid der Tiere Geschäfte machen

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ARCHIV - 04.03.2019, Nordrhein-Westfalen, Wülfrath: Die Mops Hündin "Edda", jetzt umbenannt in "Wilma", sitzt im Wohnzimmer auf einem Tisch. (zu dpa: «Mops-Affäre beschäftigt jetzt OLG Hamm») Foto: Guido Kirchner/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ach, wie niedlich! Damit Möpse so süß aussehen, müssen sie leiden. Sie können unter anderem schlecht atmen, Augen und Ohren entzünden sich und die Knautschfalten führen zu juckenden Rötungen.

Schäferhunde, Möpse und Frenchies gehören zu den liebsten Hunden der Deutschen. Doch die Tiere leiden unter ihrem Aussehen - und landen oftmals im Tierheim. 

Plattgedrückte Stupsnase, runde Puppenaugen, faltige Stirn: Möpse zählen aufgrund ihres Aussehens zu den beliebtesten Hunderassen. Dass die Hunde schwer atmen und laut schnarchen, gehört für Mops-Liebhaber zum Charme dazu. Auch die sogenannten Teacup-Hunde sind in Mode: Sie sind so klein, dass sie in eine Teetasse passen. Und der allseits beliebte Dackel wird erst durch seine kurzen Beinchen so richtig niedlich. Dass Dackel allerdings zu Lahmheit neigen, Möpse kaum Luft kriegen und das Gehirn von Teacup-Hunden nicht genug Platz im Mini-Kopf hat, ist vielen nicht bewusst.

Tierschutzbeauftragte Dehn weist auf Folgen der Qualzucht hin

Es gibt sogenannte Rassestandards, die definieren, welche charakteristischen Merkmale eine Rasse haben sollte. Doch es gibt Züchter, die ihre Tiere nicht nach offiziellen Standards vermehren sowie diejenigen, die die Standardformulierungen so interpretieren, dass die geforderten Standards ins Extreme getrieben werden. Das Tierschutzgesetz verbietet zwar Qualzucht, doch Kritiker bemängeln, dass die Vorgaben im Gesetz nicht eindeutig genug sind.

„Es ist unglaublich, aber noch immer werden in Deutschland Tiere, meist Hunde, gezüchtet und für viel Geld verkauft, deren vermeintliche Schönheitsmerkmale krank machen“, sagt Gerlinde von Dehn. Die Tierschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen war zu Gast im Tierheim Leverkusen, um auf die Folgen der Qualzucht aufmerksam zu machen. „Schwere Atemnot, Lahmheit oder Fehlbildungen der Wirbelsäule, die zu schlimmen Schmerzen führen, können Folgen von Qualzucht ein.“

Ende 2021 lebten in Nordrhein-Westfalen rund eine Million registrierte Hunde, davon rund 40.000 Schäferhunde. Der Deutsche Schäferhund gilt als Qualzucht, sein Rücken fällt nach hinten ab und lässt die Hüfte schmerzen. Unter den zehn beliebtesten Hunderassen, die das Heimtierregister Tasso ermittelt hat, befinden sich zahlreiche Qualzuchten: unter anderem der Australian Shepherd, dessen außergewöhnliche Fellzeichnung auf einem Gendefekt beruht, der unter anderem blind und taub machen kann. Ebenfalls auf der Hitliste stehen Chihuahuas mit ihren kleinen Köpfchen und großen Augen, Deutsche Schäferhunde und Französische Bulldoggen.  

Tausende Euro für Qualzucht-Welpen

Die Tierschutzorganisation Peta spricht davon, dass Züchter mit Australian-Shepherd-Welpen zwischen 1300 und 2500 Euro pro Tier verdienen. Ein Mops-Welpe kostet in der Regel zwischen 1000 und 1500 Euro. Chihuahua-Welpen gibt es für rund 1000 Euro, Französische-Bulldoggen-Welpen fangen bei etwa 700 Euro an. „Aufgrund der hohen Nachfrage und auch weil sich mit der Zucht von Hunden viel Geld machen lässt, verkaufen zudem dubiose Händler Welpen häufig mit gefälschten Heimtierausweisen und Papieren“, heißt es von den Tierschützern. „Die Hunde stammen meist aus Osteuropa und werden illegal über das Internet verkauft.“

Die Tierschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen war zu Besuch im Tierheim Leverkusen. Von links nach rechts: Gerd Kortschlag, Leiter des Tierheims Leverkusen, Gerlinde von Dehn, NRW-Tierschutzbeauftragte, und Tierarzt Ralf Unna.

Die Tierschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen war zu Besuch im Tierheim Leverkusen. Von links nach rechts: Gerd Kortschlag, Leiter des Tierheims Leverkusen, Gerlinde von Dehn, NRW-Tierschutzbeauftragte, und Tierarzt Ralf Unna.

Französische Bulldogge „Pipa“ bekommt nach OP wieder besser Luft

Nicht nur die Tiere leiden darunter, auch die Tierheime müssen mit den Folgen der Qualzucht leben, denn oftmals landen diese Tiere auch wegen der hohen Tierarztkosten im Tierheim. Das Tierheim Leverkusen hat beispielsweise gerade die Französische Bulldogge „Pipa“ operieren lassen, berichtet der Vorsitzende Gerd Kortschlag: „Jetzt bekommt sie endlich besser Luft. Das hat uns eine niedrige vierstellige Summe gekostet.“ Pipa ist die zweite Französische Bulldogge in diesem Jahr, aber bei weitem nicht das einzige Tier aus Qualzucht. „Wir haben auch immer mal wieder Dackel oder Schäferhunde“, sagt Kortschlag.

Doch es gibt auch Licht am Ende des Tunnels. Immer mehr Züchter achten inzwischen darauf, die gesundheitsschädlichen Merkmale zurückzudrehen. Deshalb gibt es beispielsweise den Altdeutschen Mops: genauso süß und faltig, aber mit längerer Schnauze, längeren Beinen und längerem Hals.

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