Satirischer WochenrückblickWir sind die Weltmeister vom Rhing

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Das Foto zeigt Fußballfans, die auf dem Heumarkt auf einer großen Leinwand ein Fußballspiel bei der WM 2006 schauen.

Die Welt zu Gast bei Freunden: Fußballfans auf dem Heumarkt beim „Sommermärchen“ im Juni 2006

Warum Köln alles dafür tut, bei der Europameisterschaft im Juni Deutschlands Fan-Hauptstadt zu werden.

Es hat zwar kaum einer mitbekommen, aber die bitterste Niederlage haben wir schon vor dem Anpfiff der Europameisterschaft einstecken müssen. Nein. Nicht den Abstieg des Effzeh. Darauf sind wir ja vorbereitet. Es ist viel schlimmer. Wir haben es nicht geschafft, dem neuen Fußball-ICE bei der Abstimmung auf Instagram zu dem schönen Namen Fan-Hauptstadt Köln zu verhelfen.

Der EM-Botschafter der Deutschen Bahn rollt jetzt als Hamburger durchs Land. Fan-Hauptstadt Hamburg! Wie konnte das passieren? Wir sind die Weltmeister vom Rhing! Darum müssen wir uns jetzt doppelt anstrengen, damit ein für alle Mal geklärt ist, wo Europa in Wahrheit zu Gast bei Freunden ist.

Denen werden wir es zeigen, den Fischköppen! Kölle beantwortet diese Provokation mit einer dritten Fanmeile nach dem Heumarkt und dem Tanzbrunnen. Und das wird keine primitive Bauzaun-Expo auf den Uniwiesen wie am 11.11. Nein. Die Meile entsteht direkt am Rhein. Am Konrad-Adenauer-Ufer. Mitten auf der Rheinuferstraße. Zumindest für die Spiele der Schotten gegen die Schweiz und der Engländer gegen Slowenien. Aber letztlich wohl wieder für alle Spiele. Das ist immer so in Kölle.

Es hat keinen Sinn, die Schotten dicht zu machen

Der Fan-Ansturm werde so groß sein, dass Heumarkt und Tanzbrunnen nicht reichen werden, warnen Fanverbände und Sicherheitsbehörden. Prompt hat die Stadt reagiert und den Anwohnern am Rheinufer Infozettel in die Briefkästen gesteckt. Weil es keinen Sinn hat, die Schotten dicht zu machen. Das machen die schon selbst. Englische Fußballfans kühlen sich in der Hitze einer Fußballnacht gern mal ab. Mit einem Sprung ins Wasser. Also nichts wie Rhein ins Getümmel der Fan-Hauptstadt Köln.

Dicht ist in Köln noch einer. Nahezu dicht. Eine Woche lang und immer nur nachts: der Hauptbahnhof. In dieser Zeit baut die Bahn fieberhaft an der „Starken Schiene Deutschland“, damit ihr EM-Botschafter, der rasende Hamburger, auch pünktlich anlanden kann.

Und was haben wir davon? Eines fernen Tages, bei der Weltmeisterschaft 2062, an der 128 Mannschaften teilnehmen und die DFB-Botschafter Lukas Podolski im zarten Alter von 77 Jahren nach Deutschland geholt hat, werden Züge im 30-Sekunden-Takt mit fröhlichen Fußballfans aus aller Herren Länder in Köln ankommen.

Von Hauptbahnhof geht’s direkt runter zum Rheinufer auf die Mangal-Döner-Fanmeile zu Prinz Poldi und dem „Kebab der Champions“. Der Boss der Baller League feuert aus der Kanone der Roten Funken wie schon bei der EM 2024 in seiner Funktion Werbe-Ikone eines Internetportals nachgemachte Deutschlandtrikots in die Menge. Das wird ein Spektakel.

Also fluchen Sie nicht, wenn Ihre S-Bahn nicht kommt oder sich Ihr Regionalexpress mal wieder in einen Ersatzbus verwandelt hat. Das geschieht alles für die Fan-Hauptstadt Köln.

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