Aus Leidenschaft fürs HandwerkSo designt ein „untypischer Goldschmied“ aus Köln individuellen Schmuck

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Ludwig Friedländer ist Goldschmied und Schmuckdesigner – in der Kombination der Jüngste in Köln. Wie er arbeitet und was ihn inspiriert.

Ludwig Friedländer wollte kein Goldschmied werden. Er wollte nicht in die Fußstapfen seiner Mutter treten, sondern seinen eigenen Weg gehen. Er fing Ausbildungen als Koch an und als Schreiner, beendet hat er sie nicht. Aus der Not heraus nichts zu machen, ging er schließlich doch bei seiner Mutter in die Goldschmied-Lehre – und entwickelte entgegen seiner Vorsätze eine Leidenschaft für den Beruf.

Er sei kein typischer Goldschmied, wie er selbst über sich sagt. Man bekommt einen Eindruck davon, was er meint, als er die Tür zum Geschäft in Bayenthal öffnet. Die Hände, den Hals, das Gesicht und den halben Kopf des 33-jährigen Kölners zieren zahlreiche Tattoos. An seinem Hals baumeln mehrere klobige Goldketten, an seinen Ohren ebenso auffallende Ohrringe. Er trägt fünf Goldringe, einer windet sich als Schlange um seinen Finger, ein anderer ist mit einer diamantenen Jahreszahl, „1991“, besetzt.

Jüngster selbstständiger Goldschmied und Schmuckdesigner Kölns

„Meine persönliche Schmuck-Inspiration kommt aus der Hip-Hop-Szene, Ideen finde ich auch auf Social Media“, sagt Friedländer. Häufig inspiriere ihn der amerikanische Sänger und Rapper Pharrell Williams bei seinen Designs.

Seit zwölf Jahren arbeitet er nun selbstständig als Goldschmied und Schmuckdesigner – und ist mit dieser beruflichen Kombination laut eigener Aussage der Jüngste in Köln.

Wird ein Schmuckstück in Auftrag gegeben, sei das Vorgehen meist dasselbe, erklärt der Schmuckdesigner: „Der Kunde kommt entweder mit einer konkreten Idee oder auch komplett planlos zu uns.“ Zum Beispiel möchte ein Kunde einen Ring angefertigt haben, aus Gold und mit einem blauen Stein drin.

„Ich schaue mir dann den Menschen an, wie er auf mich wirkt, wie er gekleidet ist. Ich versuche herauszufinden, was für einen Stil dieser Mensch verfolgt“, sagt er. Mit diesem Bild geht er an die Arbeit und designt das Schmuckstück – die Möglichkeiten dabei seien quasi endlos. Gefällt dem Kunden bei einem nächsten Termin die Vorab-Skizze, fertigt Friedländer das Schmuckstück anschließend an.

Ludwig Friedländer, Goldschmied und Schmuckdesigner, bearbeitet ein Goldarmband am Werkstisch.

Ludwig Friedländer, Goldschmied und Schmuckdesigner, bearbeitet ein Goldarmband.

Emotionaler Wert: Hinter jedem Schmuckstück steckt eine besondere Geschichte oder Idee

Es gebe viele Aspekte, die er als Goldschmied und Schmuckdesigner spannend finde. Er sagt, es möge abgedroschen klingen, aber den Kundenkontakt schätze er sehr, denn „jedes Schmuckstück, das wir – meine Mutter, das Team und ich – herstellen, hat einen emotionalen Wert“. Dahinter stecke immer eine besondere Idee oder Geschichte, die die Kunden ihnen anvertrauen.

Spannend sei auch, dass er mit Edelsteinen arbeiten dürfe, die er sich als Privatperson nicht leisten könne. „Wir haben einmal einen Stein verarbeitet, der im Besitz des Kunden war, der mehr als hunderttausend Euro wert ist.“ Für einen so wertvollen Stein schließt Friedländer eine extra Versicherung ab, um bei Verlust oder Diebstahl abgesichert zu sein.

Rohstoffe sind ein immer währendes schwieriges Thema, weil es da um moralische und nachhaltige Aspekte geht
Ludwig Friedländer

Woher stammen die Edelsteine, die er verwendet? Woher kommt das Gold? „Rohstoffe sind ein immer währendes schwieriges Thema, weil es da um moralische und nachhaltige Aspekte geht“, sagt Friedländer. Das Geschäft mit Gold und Edelsteinen garantiere nie hundertprozentig, dass der fertige Schmuck frei von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverschmutzung sei. „Wenn ein Goldschmied sagt, er ist zu 100 Prozent Fairtrade und nachhaltig, dann ist das eine Lüge – das ist in diesem Geschäft einfach noch nicht möglich.“

Zwei Holzvitrinen mit Glasauslage stehen im Verkaufsraum der Goldschmiede in Köln-Bayenthal. Links ist ein Wanddurchbruch der in die Werkstatt führt, wo die Schmuckstücke gefertigt werden.

Der Verkaufsraum der Goldschmiede in Köln-Bayenthal. Links geht es in die Werkstatt, wo die Schmuckstücke gefertigt werden.

Das Mutter-Sohn-Gespann aus Bayenthal versucht diesen Umstand auszugleichen, „indem wir, wenn es geht, drauf verzichten, Gold bei der Bank zu kaufen, also neu gefördertes Gold“, sagt Friedländer. Stattdessen nutze man Altgold, die Edelsteine kämen aus dem Ausland. „Wir verwenden natürliche Edelsteine, also solche, die nicht farblich nachbehandelt werden, denn das sind chemische Prozesse, die zum einen das Naturprodukt kaputt machen und zum anderen für extreme Umweltverschmutzung sorgen.“

Die Anzahl der Goldschmiede hat in den letzten Jahren abgenommen, insbesondere in Köln, wo es keine Berufsschule mehr gibt – die nächste befindet sich in Essen. „Es ist auch schwierig, einen Ausbildungsbetrieb zu finden, da viele Goldschmiede kurz vor der Rente stehen und nicht mehr bereit sind, neue Lehrlinge auszubilden“, sagt der 33-Jährige.

Eine ganze Zeit lang habe er gedacht, dass der Beruf ausstirbt, weil die Menschen nur noch Mainstream-Schmuck getragen haben. Mittlerweile habe er jedoch das Gefühl, dass es gerade auch bei jungen Menschen einen Wandel hin zu mehr Individualität gebe und dass sie sich häufiger etwas von einem Goldschmied anfertigen lassen möchten. „Generell glaube ich auch, Handwerk hat immer Zukunft, egal, welches.“


Wir sind Köln

In unserer Porträt-Reihe stellen wir Menschen aus Köln vor – hier geborene genauso wie Menschen, die aus anderen Regionen oder Ländern hierhergekommen sind. Denn wir halten es mit dem Stammbaum-Lied der „Bläck Fööss“: Jeder Mensch ist interessant. Jeder hat eine Geschichte zu erzählen. Und ohne Vielfalt wären wir deutlich ärmer!

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