Trotz NRW-ErlassLeverkusen sperrt Straßen vor Schulen wegen Elterntaxis erst mal nicht

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Eltern bringen ihre Kinder zur Grundschule Netzestraße (Symbolbild).

Eltern bringen ihre Kinder zur Grundschule Netzestraße (Symbolbild).

Die rechtlich mögliche zeitweise Sperrung von Straßen vor Schulen im Kampf gegen Elterntaxis ist in der Stadt derzeit keine Option.

In Leverkusen wird es wohl nicht vor 2025 zur Einrichtung von „Schulstraßen“ vor Schulgebäuden kommen, um der großen Zahl von Elterntaxis Herr zu werden. Das geht aus einer Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“ zu dem Thema hervor.

Die Stadtverwaltung nimmt in ihrer Antwort Bezug auf die Entscheidung des Stadtrates vom 11. Dezember 2023, in der dieser die Erstellung eines Schulwegsicherungskonzeptes beschlossen hatte. Gemeinsam mit allen Betroffenen soll demnach ein Gesamtkonzept entwickelt werden. Auf dem Weg hin zu diesem Konzept soll „auch die Möglichkeit zur Einrichtung von Schulstraßen näher betrachtet“ werden. Zu diesen gebe es bisher aus dem nordrhein-westfälischen Verkehrsministerium lediglich eine Handlungsempfehlung. „Ob und wann es einen Erlass geben wird, ist aktuell nicht bekannt.“

Vor Sommer 2025 liegt kein Konzept vor

Weiter heißt es: „Das beschlossene Gesamtkonzept wird den zuständigen politischen Gremien bis zum Ende des Schuljahres 2024/2025 vorgelegt.“ Wer daraus jetzt schließt, dass es vor dem Sommer 2025 in Leverkusen wohl nichts mit der Einrichtung von Schulstraßen wird, liegt vermutlich nicht falsch.

Der Haken an der Darstellung der Stadtverwaltung ist allerdings, dass der betreffende Erlass zu den Schulstraßen seit 26. Januar als veröffentlicht gilt und den NRW-Kommunen auch über die Bezirksregierungen per Mail zugegangen ist. Das teilte Frank Seidlitz, Sprecher des Verkehrsministeriums, auf Anfrage dieser Zeitung mit. Der Text des Erlasses liegt dem „Leverkusener Anzeiger“ vor. Es gibt so gesehen also keinen Grund für die Stadt, auf die Einrichtung von Schulstraßen noch weitere anderthalb Jahre zu verzichten.

Leverkusen: Das Thema drängt

Dass das Thema drängt, wird für jeden augenfällig, der sich morgens in der Stadt vor eine beliebige Grundschule stellt. Immer wieder wird der Betrachter dort für Fußgänger gefährliche Situationen beobachten können. Weil Eltern ihre Kinder „nur mal eben“ allen Verkehrsregeln zum Trotz direkt vor der Schule aus dem Auto aussteigen lassen wollen. Weil es in dem dichten Bringverkehr zu gefährlichen Manövern auf engen Straßen kommt. Einleitend heißt es dazu im Erlass von Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne): „Die Einrichtung einer Schulstraße dient in erster Linie der Verkehrssicherheit von Schulkindern und kann unter bestimmten Voraussetzungen bereits heute rechtssicher erfolgen.“

Zwar können Kreis-, Landes- und Bundesstraßen wegen ihrer übergeordneten Bedeutung für alle Verkehrsteilnehmer nicht zu Schulstraßen deklariert werden. Ansonsten aber gilt: Die Kommunen haben seit 26. Januar in der Einrichtung von Schulstraßen freie Hand unter Berücksichtigung bestimmter Regeln wie der Bekanntmachung einer neuen Schulstraße mit dreimonatigem Vorlauf. Der Abschnitt der Straße selbst, der temporär zur Schulstraße wird, muss mit passenden Schildern – Durchfahrt für Kraftfahrzeuge verboten – gekennzeichnet werden. Darauf sollen auch die Zeiten angegeben sein, zu denen die Schulstraßenregelung für alle außer den Anwohnern gilt.

Und: Die Kommunen dürfen den betreffenden Abschnitt einer Schulstraße sogar „durch fest eingebaute, automatische Sperrelemente (Schranken, versenkbare Poller etc.)“ sperren. „Durch solche physischen Elemente wird die Sperrung sehr wirksam durchgesetzt und eine regelwidrige Befahrung der Schulstraße verhindert“, heißt es im Erlass. Dass es ohne solche Durchfahrtsperren kaum gehen wird, zeigte ein Versuch an der Merziger Straße, wohin die GGS Morsbroicher Straße ausgelagert worden ist. Ein Durchfahrt-für-Kraftverkehr-verboten-Schild sperrte die Straße. Allein, das scherte viele Eltern überhaupt nicht. Polizisten und Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdienstes, die zur Kontrolle dort waren, mussten sich gar noch unflätig beschimpfen lassen.

Der Schulausschuss sprach sich im November 2023 noch gegen Straßensperrungen aus. Da gab es allerdings auch noch keinen ministeriellen Erlass in der Sache.


Stadtelternrat wirbt für kindliche Selbstständigkeit

Der Stadtelternrat als Vertretung der Eltern mit Kindern in Kindertagesstätten sieht keinen Handlungsbedarf, Straßen vor Kitas durch die Einrichtung von „Schulstraßen“ zu sperren. Dem Rat sei keine Einrichtung bekannt, vor der das Verkehrsaufkommen so hoch sei, dass Kinder gefährdet sind, heißt es zur Erläuterung in einer Stellungnahme. Der Stadtelternrat betont aber, ihm sei die Förderung der Selbstständigkeit der Kinder ein Anliegen. Und weiter: „Eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr wird daher bereits im Kitaalter eingeübt und kann auf dem täglichen Weg trainiert werden. Insbesondere für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen sollten daher die Wege zu den Einrichtungen sicher gestaltet werden und so eine attraktive Alternative zum Auto geboten werden.“ (ps)

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