Ein Gewaltexzess im Weidenpescher Park und weitere Vorfälle werden nun vor dem Kölner Landgericht aufgearbeitet.
Plötzlicher TodeskampfKölner beim Gassigehen mit Messer attackiert – Täter äußert sich beim Prozess
Es war ein Todeskampf, dem sich ein Spaziergänger urplötzlich ausgesetzt sah. Ein ihm fremder Mann attackierte den Kölner mit einem Messer, traf ihn am Kopf und durch die Abwehrbewegungen an beiden Händen. Sehnen wurde durchschnitten, mehrere Operationen im Krankenhaus schlossen sich an. Der Täter war ein Zahntechniker. Er hatte auch seine Nachbarin angegriffen und Pferde auf der Rennbahn in Weidenpesch geschlagen. Das gab der 30-Jährige beim Prozess im Landgericht zu.
Köln-Weidenpesch: Nachbarin und Spaziergänger attackiert
Gegen 8 Uhr an jenem Sonntagmorgen im März 2023 hatte der Beschuldigte in der Dessauerstraße zunächst seine Nachbarin aufgesucht, die er seit Kindesbeinen kennt. „Wer mag denn Yoga?“, fragte der Mann laut Staatsanwaltschaft in verwirrtem Zustand. Dann schlug er mit einem Schlagstock zu. Die geschockte Frau konnte den Angreifer wegschubsen und die Tür schließen, sich so vor weiteren Angriffen schützen. Sie erlitt eine Platzwunde und Verletzungen am Handgelenk.
Wenig später geschah der äußerst blutige Vorfall im Weidenpescher Park. Aus einer Umhängetasche hatte der Beschuldigte ein Messer gezogen, war damit auf den 63-jährigen Spaziergänger und dessen Hund zugerannt. Zeugen sollen den Angreifer angeschrien haben, der danach seelenruhig den Tatort verlassen haben soll. Golden Retriever Spike hatte zuvor versucht sein Herrchen zu schützen und selbst einen Stich abbekommen. „Held Spike“, wie ihn seine Besitzer nannten, starb wenig später an Altersschwäche.
Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln
- Berufsbetreuerinnen berichten „Meine Klientin war Mitte 30 und lebte in der Familie wie eine Elfjährige“
- Wirbel im Kölner Kopfschuss-Prozess Gesuchter Mordverdächtiger meldet sich aus der Türkei
- Prozess Richter bringt den des Mordes Angeklagten von Rheindorf nicht zum Reden
- Prozess um Sozialbetrug in Leverkusen „Der Steuerzahler fühlt sich verarscht“
- Waren „Bandido“-Rocker involviert? Kölner Juwelier verfolgt Goldräuber – auf der A4 fallen Schüsse
- Sexueller Kindesmissbrauch Gutachter hält Leverkusener für schuldfähig und sieht Gefahr
- „Man muss beizeiten etwas tun“ Juristen erklären bei Kölner Themenabend Probleme des Erbens und Vererbens
Köln: Pferde geschlagen und Polizisten attackiert
Der Täter suchte danach die Stallungen an der Pferderennbahn auf. „Er wollte die Boxen mit einer Metallstange öffnen und die Pferde befreien“, so die Staatsanwältin. Mit den Fäusten hatte er auf ein Tier eingeschlagen. Alarmierte Polizeibeamte wollten den Mann nun festnehmen. Durch einen gezielten Tritt in den Bauch, so der Vorwurf, sei eine Polizistin bis zu zwei Meter weit geschleudert worden. Ein Beamter bekam einen Schlag ins Gesicht ab. Danach gelang endlich die Festnahme.
„Die Vorwürfe treffen zu“, erklärte Verteidiger Mario Geuenich am Donnerstag beim Prozessauftakt für seinen Mandanten. Hintergrund sei eine psychische Erkrankung und ein Ausnahmezustand am Tattag. „Er hatte zwei Tage nicht geschlafen“, sagte Geuenich und der Beschuldigte habe das Gefühl gehabt, dass alle gegen ihn seien. Der Mandant bedauere sein Handeln zutiefst. Eine Erklärung für den Messerangriff gebe es kaum. Womöglich habe der 30-Jährige sich vom Hund bedroht gefühlt.
Kölner soll wegen psychischer Erkrankung schuldunfähig sein
Danach äußerte sich der Beschuldigte selbst. Seine Nachbarin habe er angegriffen, weil er sie für eine Hexe gehalten und sich in dem Wohnhaus nicht mehr sicher gefühlt habe. „Ich habe mich in das Thema reingesteigert“, sagte der Mann dem Richter. Deshalb habe er eine „Fluchttasche“ gepackt, mit Schlafsack, Messer, Axt und Seil, „da war alles drin, um im Wald übernachten zu können“. Die Utensilien wurden dann zu Tatwaffen. Warum er die Pferde befreien wollte, wurde nicht klar.
Die Staatsanwaltschaft geht von einer Schuldunfähigkeit des gelernten Zahntechnikers aus, der zuletzt als Essensauslieferer gearbeitet hatte. Ihm droht daher keine Haftstrafe. Nach den Vorfällen war der Mann aufgrund seiner Gefährlichkeit in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht worden. Seit Dezember lebt er in einer betreuten Wohngruppe im Ruhrgebiet. Da er seine Medikamente nun laut Anwalt regelmäßig nimmt, könnte dem 30-Jährigen ein weiterer zwangsweiser Klinikaufenthalt erspart bleiben. Der Prozess im Landgericht wird fortgesetzt.