Kommentar zum ESCNehmt das, Wüteriche!

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Nemo aus der Schweiz jubelt nach dem Gewinn im Finale des Eurovision Song Contest (ESC) 2024 mit seinem Titel „The Code“.

Nemo aus der Schweiz jubelt nach dem Gewinn im Finale des Eurovision Song Contest (ESC) 2024 mit seinem Titel „The Code“.

Mit Nemos Beitrag aus der Schweiz hat beim ESC in Malmö nicht nur das beste Lied gewonnen – sondern auch eine bewegende Botschaft.

Schon von klein auf lernen wir, dass unsere Welt zweigeteilt ist – in gut und schlecht, dunkel und hell, Mann und Frau. Binäres Denken schafft Ordnung in einer chaotischen Welt, reduziert Komplexität. Leider führt es oft auch dazu, dass alles, was sich als Mensch außerhalb dieser kulturell konstruierten Norm bewegt, nicht wohlwollend oder auch nur neutral zur Kenntnis genommen, sondern abgewertet wird.

Mit Nemos „The Code“ hat beim Eurovision Song Contest nicht nur das beste Lied – inklusive einer absolut außergewöhnlichen Performance – gewonnen, sondern auch eine starke, persönliche und bewegende Botschaft.

Nemo hält allen Gender-Gaga-Wüterichen ein äußerst sympathisches Gesicht entgegen. Denn Nemo ist non-binär, identifiziert sich also mit keinem spezifischen Geschlecht. Ich bin zur Hölle und zurückgegangen, singt Nemo über den offenbar sehr schmerzhaften Weg, den „Code zu brechen“, sich also irgendwo zwischen den Nullen und den Einsen, dem binären System, zu platzieren.

Nemo triumphiert beim ESC 2024 – und setzt ein Zeichen

So wie Nemo geht es mutmaßlich vielen anderen Menschen, die irgendwann in ihrem Leben merken, dass sie anders lieben, anders fühlen, anders sind als die Mehrheit. Auch, weil sie immer noch Angst haben müssen, dafür abgelehnt zu werden. Wer entscheidet eigentlich, was richtig und was falsch ist, fragt Nemo in „Code“ und gibt die Antwort: „Alles ist Balance, alles ist Licht.“ Schön wär’s.

Eindrücke von Samstagabend

Das sind die Highlights des Eurovision Song Contest

1/10

Jedenfalls waren das zwölf Punkte für Balance, Licht, Komplexität und universelle Menschlichkeit: „United by music“, die Vision des Eurovision Songcontest, war in diesem Jahr vor allem wegen Nemo keine reine Floskel.

Denn die Buhrufe und Pfiffe gegen die israelische Sängerin Eden Golan waren unsäglich. Umso schöner, dass das europäische Publikum nicht nur für den queeren Beitrag aus der Schweiz, sondern solidarisch auch für die israelische Sängerin und das ukrainische Frauen-Duo gestimmt hat.

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