AfD gegen VerfassungsschutzWas das zu erwartende Urteil am Montag bedeutet

Lesezeit 4 Minuten
Aufsteller mit dem Schriftzug «Alternative für Deutschland» und dem Logo der AfD.

In dem Gerichtsverfahren wehren sich die AfD und ihre Nachwuchsorganisation Junge Alternative (JA) gegen die Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremismus-Verdachtsfall.

Der AfD droht eine empfindliche Pleite vor Gericht, aber auch in den Wahlumfragen schnitt sie zuletzt wieder schlechter ab.

In Münster wird am Montag ein Urteil in der Berufungsverhandlung der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gesprochen. Für die Partei geht es dabei um einiges. Sollte das Gericht die bisherige Beobachtung der AfD durch den Nachrichtendienst für rechtmäßig erklären, könnte sie schon bald hochgestuft werden.

Ursprünglich hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster lediglich zwei Verhandlungstage angesetzt. Jetzt soll in der Berufungsverhandlung der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz am Montag am achten Verhandlungstag ein Urteil verkündet werden.

Darum geht es in dem Prozess

In dem Gerichtsverfahren wehren sich die AfD und ihre Nachwuchsorganisation Junge Alternative (JA) gegen die Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremismus-Verdachtsfall. Außerdem greift die AfD die Einstufung des offiziell aufgelösten „Flügels“ als „gesichert rechtsextrem“ an. In der ersten Instanz hatte das Verwaltungsgericht Köln dem Verfassungsschutz mit seiner Einstufung von AfD, JA und Flügel weitgehend recht gegeben. Dagegen legte die Partei Berufung ein.

Davon gehen Beobachter aus

Schon vor Beginn der Berufungsverhandlung im März gingen viele Beobachter davon aus, dass das OVG Münster die Entscheidung der Vorinstanz bestätigen wird – schließlich haben sich die Anzeichen für eine rechtsextreme und verfassungsfeindliche Ausrichtung der AfD seit dem Kölner Urteil im Jahr 2022 für alle Öffentlichkeit sichtbar verdichtet. Der völkisch-nationalistische Teil der AfD hat seitdem weiter an Einfluss in der Partei gewonnen.

Ein Urteil, das die Einstufung der AfD und der Jungen Alternative bestätigt und damit auch deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz weiterhin im gleichen Maße zulässt, erscheint auch nach den bisherigen sieben Verhandlungstagen wahrscheinlich.

Diese Bedeutung hat das Urteil

Sollten die Münsteraner Richter doch anders entscheiden und die Einstufung der AfD als Rechtsextremismus-Verdachtsfall für rechtswidrig erklären, wäre das eine schwere Schlappe für das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das BfV müsste den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel dann zumindest gegen weite Teile der Partei einstellen.

Sollte das Gericht hingegen, wie erwartet wird, die Einstufung und Beobachtung der AfD und der JA bestätigen, dann verändert sich zunächst nichts. Das Urteil könnte dennoch weitreichende Auswirkungen haben. Es dürfte nämlich den Weg für eine Hochstufung der Partei durch das BfV zur „gesichert extremistischen Bestrebung“ ebnen. Eine solche Hochstufung könnte bereits in den nächsten Monaten erfolgen.

Zwar darf das BfV nachrichtendienstliche Mittel wie Observationen, verdeckte Ermittler und V-Leute und in Einzelfällen auch Telekommunikationsüberwachung bereits in der Verdachtsfallbeobachtung einsetzen. Dabei muss jedoch stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. In der Beobachtung einer „gesichert extremistischen Bestrebung“ gelten weitreichende Überwachungsmaßnahmen eher als verhältnismäßig, als in der Beobachtung eines Verdachtsfalls.

Zudem wäre eine Hochstufung ein weiterer Schritt hin zu einem möglichen Parteiverbotsverfahren gegen die AfD in der Zukunft. Ein solches Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht folgt aber keineswegs automatisch aus einer Einstufung als „gesichert extremistische Bestrebung“.

So geht die AfD mit dem Gerichtsverfahren um

Die Partei und ihre Anwälte haben seit dem Beginn des ersten Verhandlungstages im März darauf gesetzt, das Verfahren zunächst durch eine Reihe an Befangenheitsanträgen und dann mit einer Fülle an Beweisanträgen in die Länge zu ziehen. Die Anwälte der Gegenseite und Beobachter vor Gericht warfen ihnen deshalb eine Prozessverschleppungstaktik vor. In der vergangenen Woche hatte das Gericht alle 470 Beweisanträge der Partei abgelehnt.

Die AfD versuchte sich in Münster einmal mehr als Opfer einer politischen motivierten Verfolgung durch den Verfassungsschutz zu inszenieren. Die von dem Nachrichtendienst vorgelegten Beweise für verfassungsfeindliche Aussagen der Partei und ihrer Vertreter versuchten die AfD-Prozessbevollmächtigten als Entgleisungen Einzelner abzutun.

Diese Probleme treiben die AfD außerdem um

Das Urteil in Münster, ist nicht das einzige, das die AfD in dieser Woche erwartet. In Halle an der Saale soll am Dienstag ein Urteil in einem Strafprozess gegen den Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke gesprochen werden. Vor dem Landgericht Halle muss Höcke sich verantworten, weil ihm vorgeworfen wird, 2021 bei einer AfD-Veranstaltung in Merseburg bewusst die verbotene SA-Losung „Alles für Deutschland“ genutzt zu haben. Höcke bestreitet zwar nicht, die Worte verwendet zu haben, er behauptete vor Gericht aber, er habe nicht gewusst, dass es sich dabei um eine verbotene Losung der Kampforganisation der NSDAP handelt. Höcke ist Geschichtslehrer.

Zudem sieht sich der AfD-Bundestagsabgeordnete und Europakandidat Petr Bystron Vorwürfen ausgesetzt, er habe im Rahmen einer russischen Einflussoperation Geld von einem Kreml-nahen Netzwerk angenommen. Vor wenigen Wochen wurde zudem ein Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten und Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilian Krah, festgenommen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Mann Spionage für einen chinesischen Geheimdienst vor. Auch Krah selbst stand schon vor seiner Wahl zum Spitzenkandidaten wegen seiner China-Nähe in der Kritik.

Auch in den Wahlumfragen schnitt die AfD zuletzt wieder schlechter ab: In der letzten Sonntagsfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, die am 7. Mai veröffentlicht wurde, gaben nur noch 15 Prozent der Befragten an, die AfD wählen zu wollen. Anfang dieses Jahres stand die AfD in den Forsa-Sonntagsfragen noch bei deutlich über 20 Prozent.

KStA abonnieren