TulpenAb wann man den Frühling in der Vase begrüßen sollte

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Ein Strauß violetter Tulpen

Immer früher werden Tulpen im Winter angeboten. Doch zum Blühen bekommt man sie bis zum Frühjahr nur mit hohem technischen Aufwand.

Tulpen sind bei Blumenfans überaus beliebt. Teils schon mitten im Winter bringen die Zwiebelpflanzen Farbe ins Wohnzimmer. Doch wie kann die Frühjahrspflanze im Winter gedeihen – und sollte man sie schon kaufen?

Langer Stiel, üppige Blätter und ein opulenter Blütenkelch – wer Blumen mag, liebt wahrscheinlich auch Tulpen. Gleich nach der Rose ist das Zwiebelgewächs die zweitbeliebteste Schnittblume der Deutschen.

Im Garten blühen Tulpen etwa von Ende März bis in den Mai hinein. In den Geschäften kann man sie über einen viel längeren Zeitraum kaufen. Schon im Dezember werden in zahlreichen Läden Tulpensträuße angeboten. Im Januar, spätestens aber zum Valentinstag am 14. Februar haben Tulpen Hochsaison.

Die Tulpe verkörpert Neubeginn und Optimismus

„Die Tulpe ist die Frühlingsbotin schlechthin“, sagt Nicola Fink vom Fachverband Deutscher Floristen (FDF). So sehr wie keine andere Blume verkörpere sie Neubeginn und Optimismus. „Wenn wir aus der besinnlichen Weihnachtszeit kommen, sind viele Menschen bereit für etwas Neues“, sagt Fink. Deswegen sei die Nachfrage nach Tulpen zum Jahresbeginn groß. „Auf dieses Bedürfnis reagieren die Produzenten, indem sie in den vergangenen Jahren Tulpen in unglaublicher Vielfalt entwickelt haben.“

Der Zuchterfolg ist nicht zu übersehen: Ob rund oder spitz, knallig bunt oder weiß, gefüllt oder gefranst – Tulpen kommen in unzähligen Farben und Formen vor. Etwa 4200 Tulpenarten gibt es laut Produzenten. Aktuell besonders gefragt seien Pastellfarben, Nude-Töne und die Trendfarbe „Peach Fuzz“, so Fink – eine helle Mischung aus rosa und orange.

Auf einem Quadratmeter kann man bis zu 400 Tulpen anbauen.
Sonia Grimm, Floristin

Tulpen sind so etwas wie das Nationalgewächs der Niederländer: 80 Prozent der in Deutschland verkauften Tulpen stammen von dort. Zur Ganzjahresblume werden sich Tulpen aber nicht entwickeln. Der Trend ist eher rückläufig: „Früher wurden Tulpen schon zu Weihnachten produziert“, sagt Sonia Grimm von der Gärtnerei Floralita in Sinzheim. Inzwischen sei die Nachfrage gesunken. Stattdessen liege die Amaryllis im Trend, die in beheizten Wohnungen von selbst zu blühen beginnt. Ohnehin sei es kompliziert, Tulpen schon im Dezember zum Blühen zu bringen. „Das geht nur mit wenigen Sorten“, erklärt Grimm

Bei 16 Grad blüht die Tulpe nach sechs bis acht Wochen

In jedem Fall ist dafür technischer Aufwand gefordert. Denn die Zwiebelgewächse verhalten sich nach einem klaren Ablauf: Nach dem Verblühen bilden sie Tochterzwiebeln, die im Sommer geerntet werden. Um blühen zu können, benötigen die Zwiebeln eine Kältephase von mehreren Wochen, in der sie Wurzeln ausbilden und die Blüte anlegen. Steigen die Temperaturen, beginnt die Tulpe auszutreiben und nach einigen Wochen zu blühen. „Die zeitigen Tulpen kommen alle aus dem Gewächshaus“, erklärt Corinna Hölzel vom BUND. „Dort kann man Bedingungen schaffen, die der natürlichen Wachstumsperiode entsprechen.“ Um im Winter frühlingshafte Temperaturen zu erzeugen, müssen die Gewächshäuser beheizt werden – das kostet Energie. Wer sich im Winter einen Tulpenstrauß kauft, sollte sich also darüber klar sein, dass die Blütenpracht nicht besonders nachhaltig ist. Außer man bezieht die Blumen von einem Produzenten, der darum bemüht ist, Ressourcen zu schonen.

In der Gärtnerei Floralita werden die Gewächshäuser mit Abfallholz aus einer Sägerei beheizt. Der Betrieb ist Mitglied in der Slowflower Bewegung, die sich für nachhaltige Schnittblumen einsetzt. Da Tulpen als Frühblüher nur niedrige Temperaturen benötigen, sei der Energieaufwand für die Aufzucht im Gewächshaus relativ gering, erklärt Grimm. „Bei 16 Grad blühen die Tulpen nach sechs bis acht Wochen.“ Man versuche, die Beheizung auf maximal vier Wochen zu begrenzen. Ab Februar könne man Tulpen guten Gewissens kaufen. „Ab März müssen sie im Gewächshaus nicht beheizt werden“, sagt Grimm.

Doch selbst im Januar sind Tulpen aus den Niederlanden noch die bessere Wahl als Rosen aus Kenia. Anders als Blumen von der Südhalbkugel müssen sie keine langen Wege mit dem Flugzeug zurücklegen. Hinzu kommt, dass sie wenig Platz benötigen. „Auf einem Quadratmeter kann man bis zu 400 Tulpen anbauen“, so Grimm.

Ein Manko: Die Herkunft von Schnittblumen muss auf der Verpackung nicht angegeben werden. „Verbraucherinnen und Verbraucher haben keine Chance, das nachzuvollziehen“, sagt Hölzel. Wer alles richtig machen will, sollte Tulpen deshalb möglichst saisonal bei einer Gärtnerei des Vertrauens kaufen.

Bioblumen sind komplett pestizidfrei

Auch Biosiegel sind eine gute Entscheidungshilfe, so Hölzel. Bioblumen sind pestizidfrei. Giftstoffe aus der konventionellen Blumenzucht können das Grundwasser belasten und Umweltschäden anrichten. Für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher seien die Rückstände auf Schnittblumen zwar kein akutes Risiko, so Hölzel. Im Alltag sind wir aber vielen Chemikalien ausgesetzt. „Insofern empfehlen wir, überall dort, wo es geht, den Kontakt mit Pestiziden zu vermeiden.“

Die nachhaltigste Möglichkeit an einen Tulpenstrauß zu kommen ist, sie im eigenen Garten anzupflanzen. So kommt die Frühjahrstulpe der perfekten Blume sehr nahe: Sie wächst ungeheizt, saisonal, regional und pestizidfrei.


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