Aufgeheizte Stimmung300 pro-palästinensische Demonstranten rufen in Köln zu „globaler Intifada“ auf

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Menschen mit Palästina-Flaggen stehen auf dem Bahnhofsvorplatz in Köln.

Die pro-palästinensische Demonstration am Mittwochabend

Die Demonstranten zeigten glaubwürdige Anteilnahme am Schicksal der Palästinenser – aber auch offene Feindschaft gegenüber Israel.

„Freiheit für Palästina“, „Yallah Intifada“ und „From the river to the sea, Palestine will be free“: Mit Parolen, die seit dem 7. Oktober auch in Köln bei pro-palästinensischen Demonstrationen zur Tagesordnung gehören, sind am Mittwochabend rund 300 pro-palästinensische Demonstranten durch Köln gezogen. Es kam zu Staus und Sperrungen auf dem Demoweg. Anlass war der Gedenktag Nakba. Jedes Jahr wird am 15. Mai an die Flucht und Vertreibung hunderttausender Palästinenser im ersten Nahostkrieg 1948 nach der Staatsgründung Israels erinnert, dieses Jahr auch in Köln mit einer Demonstration.

Weil die Veranstalter rund um die palästinensische Gemeinde Köln, die Gruppe „Palästina Solidarität Köln“ und andere – linksradikale – Gruppen vor der Demo in den sozialen Medien zu einer „globalen Intifada“ aufgerufen hatten, hatte die Polizei den Zugweg der Demo aus „sicherheitstaktischen Erwägungen“ vorher nicht bekannt gegeben. „Intifada“ bezeichnet den Aufstand der Palästinenser gegen Israel. Die Behörde kündigte an, „sehr genau“ zu prüfen, „ob es auch zu strafbaren Handlungen kommen“ könne. Auch ein kurzfristiges Verbot sei im Vorfeld denkbar gewesen.

Pro-Palästina-Demo in Köln: Gegendemonstrant angegriffen

Am Ende blieb die Demonstration abgesehen von kleineren Provokationen und Zwischenfällen friedlich, wie ein Polizeisprecher sagte. Sie zeigte allerdings abermals, wie stark sich die Fronten im Diskurs rund um den Gaza-Krieg polarisiert haben. Während die Demonstranten vor dem Hauptbahnhof ein Ende der Waffenlieferungen Deutschlands an Israel forderten und „Free Palestine“ skandierten, konterten rund 30 pro-israelische Gegendemonstranten, die sich vor dem Dom versammelten, mit dem Sprechchor „Free Gaza from Hamas.“

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Menschen mit Israel-Flaggen am Kölner Dom, auf einem Transparent ist „Gegen jeden Antisemitismus“ zu lesen.

Auch pro-israelische Gegendemonstranten haben sich am Mittwochabend am Dom versammelt.

Schon zu Beginn der Demonstration versuchte ein Mann, einem Gegendemonstranten die Israel-Flagge zu entreißen und damit in den Hauptbahnhof zu flüchten. Er konnte von der Polizei gefasst werden. Laut einem Polizeisprecher soll der Mann ersten Erkenntnissen zufolge allerdings kein Teilnehmer der pro-palästinensischen Demo gewesen sein.

Kurz darauf setzte sich der Demonstrationszug begleitet mit andauernden Sprechchören in Richtung Altstadt in Bewegung. Vom Alter Markt bog der Zug in Richtung Neumarkt ab. Dort, an einem Brauhaus, kam es zu einem weiteren Zwischenfall: Als Demonstranten den Brauhaus-Gästen Flyer in die Hand drücken wollten, schlug ihnen ein Mann nach Aussagen von Demo-Teilnehmern die Flyer aus der Hand. Eine Demonstrantin gibt an, dass der Mann daraufhin den Hitlergruß gezeigt haben soll. Eine entsprechende Anzeige sei bei der Polizei eingegangen, so ein Behördensprecher. Ob der Mann tatsächlich den Hitlergruß gezeigt hat, konnte die Polizei aber nicht bestätigen.

Am Friesenplatz endete die Versammlung dann mit einer Abschlusskundgebung. In die Reden mischte sich echte Anteilnahme am Leid der palästinischen Bevölkerung, klassenkämpferische Parolen und offene Feindschaft gegenüber Israel. „Was wir wollen?“, fragte eine Rednerin rhetorisch. „Nein, keinen Frieden. Frieden ist nicht möglich ohne Freiheit. Wir wollen unser Palästina zurück.“

Die Demonstranten skandierten abermals „From river to the sea, Palestine will be free“. Eine Parole, die viele Experten als antisemitisch einordnen. Der Ausdruck bezieht sich auf die Forderung eines Staates Palästina im Gebiet zwischen dem Jordan (river) und dem Mittelmeer (sea), also dort, wo Israel liegt. Während die Menge die Parole rief, ergriff ein weiterer Redner das Wort: „Das ganze Land, vom Fluss bis zum Meer, gehört uns. Und daran wird sich auch in hundert Jahren nichts ändern“, sagte er, während die Menge jubelte.

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