Köln-BickendorfMahnveranstaltung gedenkt ermordeter Sinti und Roma

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Das Markus-Reinhardt-Ensemble begleitete die Gedenkveranstaltung mit passender Musik.

Das Markus-Reinhardt-Ensemble begleitete die Gedenkveranstaltung mit passender Musik.

Im „Zigeunerlager“ in Bickendorf wurden Hunderte gefangen und schließlich deportiert. Vereine und Nachkommen gedenken der Opfer.

Während aktuell vielerorts an das Grundgesetz erinnert wird, das in wenigen Tagen 75. Jahrestag feiert, haben verschiedene Vereine und Nachkommen von Betroffenen am Donnerstagabend eine Mahnveranstaltung in Bickendorf abgehalten, die Sinti und Roma gewidmet war. In der Zeit der zwölfjährigen Diktatur der Nationalsozialisten wurden Sinti und Roma in ganz Deutschland verfolgt, eingesperrt und ermordet.

Auch in Köln gab es sogenannte „Zigeunerlager“, in denen Hunderte von der übrigen Bevölkerung abgesondert wurden. Eines dieser Lager befand sich direkt neben dem ehemaligen Sportplatz des Fußballvereins „Schwarz-Weiß-Köln“ auf der Venloer Straße. Dort gedachten die Veranstaltungsbesucher der Opfer der NS-Herrschaft und warnten vor „noch immer brandaktuellen Themen wie Diskriminierung“, so eine Teilnehmerin.

Im Mai 1940 wurde die Deportation der Kölner Sinti und Roma beschlossen

Trotz dieser Aktualität hat die Verfolgung von Sinti und Roma eine lange Geschichte. Schon im Mai 1935, also vor 89 Jahren, begann die systematische Einweisung von Sitni und Roma in das Lager in Bickendorf. Berichten der Insassen zufolge war das Leben in dem Lager destruktiv und hoffnungslos und von Armut, Zwangsarbeit und beengten Wohnverhältnissen geprägt. Ende des Jahres 1937 lebten bereits zirka 500 Sinti und Roma in 65 Wohnwagen im Lager. Diese Wagen waren meistens neun Quadratmeter groß und dienten als Wohnung für durchschnittlich acht Personen.

Fünf Jahre später, also im Mai 1940, trafen die verantwortlichen Nationalsozialisten eine Entscheidung, die das Schicksal der Lagerinsassen endgültig besiegeln sollte. Die Sinti und Roma aus dem Bickendorfer Lager wurden unter dem Vorwand, sie würden lediglich aus Sicherheitsgründen nach Polen evakuiert, über den Deutzer Bahnhof zusammen mit anderen Verfolgten in die von Deutschland zur Zeit des Krieges besetzten Ostgebiete übersiedelt.

Auch Nachkommen und Betroffene nehmen an der Veranstaltung teil

In Viehwaggons zusammengepfercht wurden so 1000 Sinti und Roma über Köln in Ghettos, Arbeitslager oder Konzentrationslager deportiert. Die meisten von ihnen kehrten nicht zurück. Um Aufmerksamkeit auf diese Vorgänge zu lenken, die sich direkt vor der Haustür vieler Bickendorfer abgespielt haben, beteiligten sich mehrere Vereine an der Gedenkveranstaltung – unter ihnen der „Maro Drom e.V.“ und das „Kuratorium Edelweißpiraten Köln-Ehrenfeld“. Außerdem begleitete das Markus-Reinhardt-Ensemble die Veranstaltung mit passender Musik.

Reden und eine andächtige, ehrwürdige Stimmung, aber auch Hoffnung und Mut prägten das Veranstaltungsbild. Darüber hinaus waren auch persönlich Betroffene und deren Nachkommen vor Ort. Zu Letztgenannten gehört auch Mathilda. Sie meint: „84 Jahre ist die Verschleppung her. Wir hatten als Gesellschaft viel Zeit, um aus unserer Geschichte zu lernen. Stattdessen sind wieder Kräfte erstarkt, wegen derer solche Themen, die Diskriminierung zum Beispiel, wieder brandaktuell sind“. Dennoch sehe sie zuversichtlich in die Zukunft, die heutige Veranstaltung helfe ihr dabei.

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