„Es hat mich kalt erwischt“In interaktiver Ausstellung in Köln erzählen Frauen von Machtmissbrauch

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Die Schauspielerinnen Tatjana Poloczek und Franziska Schmitz aus Köln übernehmen die künstlerische Leitung des Projekts.

Die Schauspielerinnen Tatjana Poloczek und Franziska Schmitz aus Köln übernehmen die künstlerische Leitung des Projekts.

Am Lenauplatz hat eine Ausstellung auf 12,5 Quadratmeter zum Mitmachen animiert. Besucherinnen sollen Grenzen kennenlernen. 

Tatjana Poloczek erinnert sich an eine Situation auf einem Sommerfest ihrer Arbeit: Sie unterhält sich gerade mit Kollegen, als sich ihr Chef zu ihr umdreht. Er fragt sie aus dem Nichts, wann sie entjungfert worden sei. Einfach so, erzählt sie. „Warum willst du das wissen?“, habe sie ihm entgegnet. Sie hätte damals nicht auf die Frage geantwortet, dennoch wünscht sie sich heute, schlagfertiger gewesen zu sein. „Es hat mich kalt erwischt“, sagt Poloczek. „Geht dich nichts an“, hättet sie ihm sagen sollen, so Poloczek. Sicher sei sie sich aber nicht, ob sie heute schneller reagieren könnte.

Ausstellung auf 12,5 Quadratmeter in Neuehrenfeld über Macht

Poloczek leitet mit ihrer Schauspielkollegin Franziska Schmitz das künstlerische Projekt „Der kleine Container_Setzt Grenzen“. Dazu interviewten sie 16 Frauen aus Köln und Düren. Das Ergebnis ist in dem kleinen Container zu sehen. Ein mobiler und barrierefreier Holzcontainer, in dem auf 12,5 Quadratmetern neun Stationen zum Mitmachen einladen. Es geht um Macht, Missbrauch und Selbstermächtigung. Vier Tage lang stand der Container auf dem Lenauplatz in Neuehrenfeld.

In den Interviews befragten sie zu diesen Themen Frauen aus unterschiedlichen Bereichen, im Alter von 14 bis über 70 Jahren. Daraus sind vier Audio-Collagen entstanden, die auf der Ausstellung zu hören sind.

An einer der Stationen können Besucherinnen und Besucher eine Karte ziehen, die eine Situation – wie die von Poloczek– beschreibt. In die Kamera sprechen sie, was sie einer Freundin raten würden. Die geschnittenen Aufnahmen sind auf der anderen Seite des Containers zu sehen.

Kölner Schauspielerinnen leiten Workshops zu Grenzen 

An einem Baum lehnt ein Spiegel mit der Aufschrift „Tanzt sonst seid ihr verloren“. Daneben ertönt aus Kopfhörern ein Song mit Ausschnitten aus den Interviews. Ein Schild motiviert dazu, aufzuschreiben, „warum du phänomenal bist“. Eine Besucherin kritzelt auf den Spiegel „Weil ich mir nicht sagen lasse, was ich nicht kann“ und tanzt dabei. 

Auf einer Informationstafel sind Statistiken aufgeführt. Eine davon von der Polizei aus dem Jahr 2022: Zu Sexualdelikten ermittelten sie in Köln insgesamt 1671 Tatverdächtige. 1504 davon sind Männer.

„Es gibt Situationen, da haben wir mehr Freiheiten, als wir uns zugestehen“, sagt Poloczek, „Es ist eine innere Freiheit, die ich mir für mich wünsche.“ Mit der Ausstellung wollen sie auch andere Frauen dazu ermutigen, für sich einzustehen und Grenzen zu setzen.

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