Feier zum 35-jährigen BestehenDas Sozialpsychiatrische Zentrum Ehrenfeld war das erste seiner Art in Köln

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Katrin Schilling leitet das Sozialpsychiatrisches Zentrum Ehrenfeld (SPZ). Es feiert sein 35-jähriges Bestehen.

Katrin Schilling leitet das Sozialpsychiatrische Zentrum Ehrenfeld (SPZ). Es feiert sein 35-jähriges Bestehen.

Als die Einrichtung 1989 in der Venloer Straße ihre Arbeit aufnahm, war sie die erste ihrer Art in Köln. Heute hat jeder Stadtbezirk ein solches Zentrum.

„Hell, einladend, freundlich“ – so beschreibt Katrin Schilling das Sozialpsychiatrische Zentrum (SPZ) Ehrenfeld, das sie seit September 2022 leitet. Dass der Wortbestandteil „psychiatrisch“ für viele etwas Abschreckendes hat, ist der Koordinatorin bewusst. Manche Leute würden „jahrelang um die Einrichtung kreisen“, bis sie sich trauten, sie zu betreten. Am 29. Juni feiert das SPZ, das etwas versteckt am Innenhof des Gebäudekomplexes Philippstraße 72-74 liegt, sein 35-jähriges Bestehen. Das Fest von 12 bis 17 Uhr, zu dem jeder willkommen ist, dient auch dazu, die Einrichtung bekannter zu machen, zu öffnen und Vorbehalte abzubauen.

Als sie 1989 in der Venloer Straße ihre Arbeit aufnahm, war sie die erste ihrer Art in Köln. Heute hat jeder Stadtbezirk ein solches Zentrum. Die Träger reichen vom Caritasverband über die Diakonie, die Stadt Köln und das Rote Kreuz bis hin zu den Alexianern. Das Ehrenfelder SPZ wird vom Kölner Verein für Rehabilitation getragen, der 1974 entstand.

Dessen Gründung fällt in die Zeit der „Antipsychiatrie“-Bewegung, die sich unter anderem dagegen richtete, die Betroffenen abgesondert in „Irrenhäusern“ zu verwahren. Dem entspricht das Konzept der Sozialpsychiatrischen Zentren, Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung ambulant und wohnortnah zu versorgen.

SPZ bietet „Schutzraum“ für Beratungen

Das Ehrenfelder SPZ ist nicht nur das älteste seiner Art in Köln, sondern es integriert auch viele Hilfen unter einem Dach. Herzstück ist die Kontakt- und Beratungsstelle, die von der Stadt finanziert wird. Es ist eine Anlaufstelle für alle Menschen, deren seelische Gesundheit bedroht oder beeinträchtigt ist, ebenso für Angehörige, Freunde und Nachbarn.

Pro Tag finden sich laut Schilling, die von einem „Schutzraum“ spricht, 30 bis 60 Besucher und Besucherinnen ein. In den Räumen, darunter ein Lichthof, können sie von Montag bis Freitag zwischen 12 und 16 Uhr Zeit miteinander verbringen, sich unterhalten, an Freizeitangeboten und, bis auf mittwochs, am Mittagstisch teilnehmen, für den man sich anmelden muss.

Außerhalb der regulären Öffnungszeiten trifft man sich jeden zweiten und vierten Donnerstagabend im Monat zum „Donnerstagsclub“, beispielsweise zur Disco, zum Quiz, Raclette-Essen oder Minigolfspielen. Hinzu kommt die kostenlose Beratung, etwa zu Fragen der Krankheit und zur Bewältigung des Alltags. Wer Scheu habe, seine Identität preiszugeben, könne das Beratungsangebot auch anonym wahrnehmen, sagt Schilling. Monatlich erreiche es 60 bis 90 Menschen aus dem Stadtbezirk, ob Erkrankte, Menschen in einer Krise, Angehörige, Freunde oder Nachbarn. Darüber hinaus stellt die Kontakt- und Beratungsstelle ihre Räume Selbsthilfegruppen zur Verfügung.

Tagesstätte und betreutes Wohnen im SPZ

Im Souterrain des SPZ ist die Tagesstätte untergebracht, die der Landschaftsverband Rheinland (LVR) finanziert. Für psychisch erkrankte Menschen, die nicht erwerbsfähig sind und Grundsicherung beziehen, stehen 30 Plätze zur Verfügung. Der Besuch der Tagesstätte sorgt für Tagesstruktur und hilft, sich sinnvoll zu beschäftigen, individuelle Fähigkeiten wieder zu erwerben und soziale Kontakte aufzubauen. Zur Auswahl stehen beispielsweise Gärtnern, Töpfern, Arbeiten in einer Holzwerkstatt, hauswirtschaftliche Tätigkeiten, kognitives Training und Achtsamkeit.

Ebenfalls vom LVR bezahlt wird das „Ambulant Betreute Wohnen“: Ein Team von 17 SPZ-Kräften kümmert sich um rund 160 Menschen, die zwar selbständig in den eigenen vier Wänden leben, aber Unterstützung brauchen. Nicht zum SPZ gehört der unmittelbar benachbarte Neubau an der Philippstraße, das „Machabäerhaus“ des Kölner Vereins für Rehabilitation. Es ist eine Reha-Einrichtung, in der 22 psychisch beeinträchtigte junge Menschen zu Hause sind, von denen einige zudem ein Suchtproblem haben.

Es herrsche laut Schilling eine „große Raumnot“

Zu den weiteren Bausteinen des SPZ gehören die ambulante psychiatrische Pflege und der Sozialpsychiatrische Dienst, ebenso die „Peerberatung“ durch eine Genesungsbegleiterin, die selber Erfahrungen mit einer psychischen Erkrankung gemacht hat, und das angegliederte Projekt „Peergestütztes Clearing“.

In den 35 Jahren seines Bestehens haben sich das Angebot und damit das Personal so vergrößert, dass, wie Katrin Schilling sagt, eine „große Raumnot“ herrscht.

Wer sich einen Eindruck davon verschaffen will, wie die Einrichtung von innen aussieht und was sie bietet, kann dies bei der Feier am 29. Juni tun. Denn außer Musik, einem Bühnenprogramm, kreativen Angeboten zum Mitmachen und solchen speziell für Kinder sowie einer kleinen Ausstellung sind Führungen durch das Haus geplant.

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