Kölner Sport-Professor erklärtProbleme mit Rücken und Knien – So klappt’s trotzdem mit dem Sport

Lesezeit 7 Minuten
Ein Sportler hält sich das Knie

Wenn das Knie zur Problemzone wird, muss das nicht unbedingt ein Ende der Lieblingssportart bedeuten.

Probleme mit dem Rücken, Schmerzen in den Knien: Professor Lars Donath erklärt, was zu tun ist, um den Lieblingssport ausüben zu können.

Es muss nicht immer die Motivation sein, die einen vom Sport abhält. Der Rücken schmerzt, die Knie machen Probleme. Kein Fall für den Arzt, aber deutlich genug, dass das Training mal wieder ausfallen muss. War es das für mich und meine Sportart? Nicht unbedingt, sagt Professor Lars Donath von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Er erklärt, wie sich welcher Sport ausüben lässt, wenn sich Knie oder Rücken immer wieder melden.

Vorweg: Konkrete Sportarten, die pauschal gut bei aufmüpfigen Knien oder nervendem Rücken sind, gibt es nicht. „Die Studienlage ist nicht so eindeutig, dass man sagen kann: Die eine Bewegung wird zu Rückenschmerzen führen. Oder die andere bewahrt einen davor.“

Bei diesen Sportarten ist Vorsicht geboten

Viel hängt vom individuellen Verhalten, von Vorerkrankungen oder anderen Rahmenbedingungen ab, die nicht nur von Sportart zu Sportart, sondern auch von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind. „Es geht da meistens um Grauzonen, um die Art und Weise der Ausübung einer Sportart“, erklärt Donath. Deshalb hat er keine Liste an Sportarten. Dafür aber eine mit Tipps.

„Sportarten, die in hohes Maß an Koordination oder viele einseitige Bewegungen erfordern, sollte man nicht exzessiv betreiben, wenn man Rückenprobleme hat“, sagt der Sportprofessor. „Wenn es dauerhaft zu viel, zu stressig, zu einseitig und zu heftig wird, dann kann es problematisch werden.“ Aber: Mit dem richtigen Augenmaß sei auch das prinzipiell kein Problem.

„Selbst bei akuten Rückenschmerzen kann Bewegung helfen“

Einen schmerzenden Rücken in den vorzeitigen Sport-Ruhestand zu schicken, mag auf den ersten Blick logisch erscheinen. Allerdings sei Bewegung an sich „in den meisten Fällen erstmal zu begrüßen. Selbst bei akuten Rückenschmerzen kann Bewegung helfen“, sagt Donath. Welche Bewegung das ist und in welchem Ausmaß diese hilft? Das ist unterschiedlich. „Man fliegt auf individueller Ebene etwas auf Sicht und muss schauen: Was tut mir gut, wo kann ich Überbelastungen vermeiden?“ Daraus lässt sich manchmal ableiten, was die Schmerzen verursacht. Und was man anpassen muss, damit die Beschwerden nicht auftreten – ob einzelne Bewegungen, die Schuhe oder auch der Untergrund.

Ausgenommen von dem Flug auf Sicht sind Menschen mit Vorerkrankungen oder strukturellen Schäden. Hier sei es nicht empfehlenswert, wenn Laien die Grenzen von Knien oder Rücken selbst austesten. Allerdings ist man in solchen Fällen ohnehin oft in Kontakt mit einem behandelnden Arzt. Dann sollte man „sich mit dem Arzt abstimmen und dauerhafte einseitige Belastungen vermeiden“, sagt Donath.

Expertise von Arzt oder Ärztin zu Rat ziehen

Die Abstimmung mit einem Arzt oder einer Ärztin ist aber auch ohne Vorerkrankung oder strukturelle Schäden empfehlenswert. Orthopädische Sportmediziner haben täglich mit Knien oder Rücken zu tun, die Belastungen von früher nicht mehr so mitmachen, wie man es sich wünscht. Sie können die individuelle Situation von Sportlerinnen und Sportlern mit einbeziehen und konkrete Tipps geben, was man anpassen sollte, damit Sport nicht mehr automatisch mit Schmerzen einhergeht.

Sportart und Belastung wechseln

Ein ausgeglichenes Knie und ein ausgeglichener Rücken machen selten Probleme. Schmerzhaft wird es oft, wenn Bewegungen über einen langen Zeitraum falsch oder zu einseitig ausgeführt werden. Was dann hilft: die Sportart wechseln. Dadurch bekommen Sportlerinnen und Sportler Abwechslung und Variabilität in ihr Training. „Das kann helfen, Über- und einseitigen Belastungen vorzubeugen“, sagt Lars Donath.

Er weiß aber auch, dass das leichter gesagt als getan ist. „Grundsätzlich sind Sportarten oft an Rituale geknüpft. Zum Beispiel das Joggen oder Radfahren am Wochenende oder der Ausgleichssport am Abend. Die Verabredung im Verein.“ Das hemmt beim Wechsel der Sportart.

Gute Vorbereitung – langfristig

Für alle, die sich in ihre Sportart verliebt haben, gibt es zum Glück eine Alternative: Es geht um die richtige Vorbereitung. Donath nennt das Beispiel Rudern: „Hier gibt es Studien, die zeigen, dass das Rudern zu Problemen am Rücken führen kann, wenn der Rumpf nicht stabil genug ist. Viel Kraftaufwand, immer über den Hebel, das ist nicht ohne. Dem kann man aber vorbeugen.“

Und zwar, indem man den Rücken abseits vom Rudern stärkt. „Aber auch den Rumpf und die Beine“, schiebt Donath hinterher. Ein starker Rumpf und starke Beine helfen dem Rücken, nehmen ihm etwas Arbeit ab. „Durch ein gutes Ganzkörpertraining wird man im Gesamten stabiler, sodass der Rücken die Kraft auf den ganzen Körper verteilen kann.“ Dadurch ist es einfacher, den Rücken bei Kraftaufwand möglichst gerade zu halten. Denn auch das ist wichtig. „Weil schon bei kleinsten Abweichungen in der Körperachse große Kompressionskräfte auf die Bandscheiben wirken.“

Das Prinzip lässt sich auch auf Knie übertragen. Sind die Muskeln um das Knie herum stark, muss das weniger Belastung aushalten. „Natürlich ist es so, dass zum Beispiel Hallensportarten wie Handball, Basketball oder Volleyball sehr viele Richtungswechsel erfordern.“ Und das Knie dabei oft vor große Herausforderungen gestellt wird. „Aber wenn man sich darauf systematisch vorbereitet, genügend athletisches Training absolviert und es langsam angehen lässt, dann ist auch das kein Problem.“

Gute Vorbereitung – kurzfristig

Gerade bei Spielsportarten im Hobbybereich kommt die richtige Vorbereitung manchmal als lästiges Vorgeplänkel daher. So wird in der Fußball-Kreisliga die Wahl zwischen einem ausführlichen Aufwärmprogramm und dem Spielen wohl eindeutig Richtung Zweiterem ausfallen. Keine gute Wahl, wie Lars Donath findet. „Ich würde immer empfehlen, vor dem Sport ein gutes Aufwärmprogramm zu machen. Da gibt es viele Programme, die Verletzungen vorbeugen.“

Der Sportprofessor hat einige Bespiele parat: Stabilisationsübungen, Seitfall- oder Ausfallschritte, Kniebeugen, Planks, Gleichgewichts- und Reaktionsübungen. Ein ganzes Bündel an Übungen stellen zum Beispiel der Weltfußballverband mit FIFA 11+, der schwedische Sportverband mit Knee controll (englisch) oder das schwedische Programm HarmonKnee (ebenfalls englisch) zur Verfügung.

Die richtige Vorbereitung auf eine Sportart „reduziert die Verletzungsanfälligkeit um bis zu über 50 Prozent, wenn man das ordentlich macht“, betont Donath. Das war schon früher in der Schule so: Wer anfällig in Mathematik ist, sollte sich gut auf die Klausur vorbereiten. Für Rücken, Knie, den ganzen Körper gilt das beim Sport auch. Das von einigen als lästig empfundene Aufwärmen heiße im Grunde „nichts anderes, als dass man sich auf eine Belastung entsprechend vorbereitet. Sowohl mental als auch körperlich.“

Sport an Alter und Gewicht anpassen

„Intensität und Umfang sollten natürlich etwas an die Lebensphase und an das Alter angepasst werden“, sagt Lars Donath. „Wenn ich älter werde, ist es zum Beispiel wichtig, dass ich mir genügend Regenerationszeit gebe.“ Die Pausen zwischen dem Sport sollten also etwas länger werden.

Zudem sollten sich Sportlerinnen und Sportler immer wieder hinterfragen, ob die Intensität ihrer sportlichen Aktivitäten noch angemessen ist. „Zumal man ab 30 meistens etwas Gewicht zulegt, die klassischen 500 bis 1000 Gramm pro Jahr und mehr“, sagt Donath. „Wenn man sich daran nicht anpasst, kann das irgendwann zu Problemen an Knien, dem Rücken oder der Hüfte führen.“

Das Anpassen wird besonders wichtig für diejenigen, die nach einer längeren Pause wieder einsteigen wollen. Dann heißt es: angepasst trainieren und behutsam steigern.

Das Augenmaß ist das Wichtigste

„Augenmaß ist das entscheidende Stichwort“, findet Lars Donath. Im Wettbewerb ist das nicht immer einfach. „Da gehen auch mal die Pferde mit einem durch, man will zum Beispiel das eine Spiel beim Fußball unbedingt gewinnen und glaubt, man könne noch so spielen und reagieren wie mit Anfang 20.“ In solch einem Fall könne das Risiko einer Sportart den Nutzen übersteigen, warnt er.

„Aber auch da gilt: Wenn die Muskulatur gut vorbereitet ist, mit Augenmaß gespielt wird und die ein oder andere Regel entschärft wird – beispielsweise harte Tackles oder Grätschen verboten sind – dann spricht überhaupt nichts dagegen, bis ans Lebensende Basketball, Handball, Fußball zu spielen.“ Es sei sogar zu begrüßen, wie Studien zeigen. „Insofern ist die Antwort auf die Frage, welche Sportarten man mit Problemen an Knien oder dem Rücken grundsätzlich nicht machen sollte, eigentlich super positiv: Man kann alles machen, wenn man sich entsprechend vorbereitet, die eigenen Grenzen kennt und es nicht übertreibt.“ Denn, das haben Studien mehrfach gezeigt: „Der gesundheitliche Nutzen einer Sportart ist meistens größer als das Verletzungsrisiko.“

KStA abonnieren