Zirkulärer RückbauNeues Verfahren an der Wipperfürther Hauptschule

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Das Foto zeigt einen Teil der Konrad-Adenauer-Hauptschule, der demnächst abgerissen werden soll.

Die Konrad-Adenauer-Hauptschule Wipperfürth soll nach und nach abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.

Beim "zirkulären Rückbau" an der Konrad-Adenauer-Hauptschule Wipperfürth sollen Fenster, Türen und andere Teile wiederverwendet werden.

Wenn Architekten oder Bauingenieure vom „Rückbau“ eines Gebäudes sprechen, dann heißt das in der Regel nichts anderes als Abriss. Ein Schicksal, das auch die Konrad-Adenauer-Hauptschule in Wipperfürth erwartet. Der über 50 Jahre alte, marode Gebäudekomplex soll in mehreren Schritten abgerissen und Stück für Stück durch einen neuen Schulcampus an gleicher Stelle ersetzt werden (wir berichteten).

Nur die renovierte Aula und die Voss-Arena, die der Schule zugleich als Turnhalle dient, bleiben stehen. Der hintere Bereich der Schule, der sogenannte „Neubau“, ist bereits leer gezogen, der Unterricht findet nunmehr ausschließlich im vorderen Schulteil, dem „Altbau“ statt. Bevor aber – voraussichtlich Anfang 2025 – die Abrissbagger ihr Werk beginnen, erprobt die Stadt an der Hauptschule ein neues Verfahren, den „zirkulären Rückbau“.

Zum Wegwerfen zu schade

Vereinfacht gesagt heißt das, dass alles, was zum Wegwerfen zu schade ist, nach Möglichkeit ausgebaut und wiederverwertet wird. Mit der Concular GmbH hat die Stadt Wipperfürth einen bundesweit tätigen Spezialisten beauftragt (siehe Infokasten), der auf seiner Internetseite viele verschiedene Teile aus der Wipperfürther Hauptschule zum Verkauf anbietet.

„Es gab eine gemeinsame Begehung, bei der auch die Schulverwaltung mit im Boot war“, erklärt Antje Sauermann vom Gebäudemanagement der Hansestadt. Einige Teile ließ Concular auf möglichen Schadstoffe untersuchen. Gemeinsam wurde festgelegt, welche Gegenstände und Baustoffe in den Onlineshop gehen und welche nicht.

Breit gefächertes Angebot

Insgesamt 50 Produkte aus Wipperfürth, die sich wiederverwerten lassen, sind dort zu finden. Das Angebot reicht von Dämmstoffmatten für 2 Euro pro Stück bis zur Fluchttreppe mit Gitterrost für 20 000 Euro (Verhandlungsbasis). Auch ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk – Preis nach Anfrage – steht zum Verkauf. Sogar Kalksteinausfachungen lassen sich wiederverwerten, der Stein wird zu Gesteinsmehl vermahlen.

Besonders interessant sind die Alufenster und die viele Brandschutztüren, einige von ihnen sind fast nagelneu. Der Grund dafür: Eigentlich sollte die Hauptschule saniert werden, die Arbeiten hatten schon begonnen. Doch dann gab es 2022 eine böse Überraschung. Die Zwischendecken erfüllten nicht mehr die gültigen Brandschutzbestimmungen. Weil eine Sanierung damit nicht mehr wirtschaftlich war, wurden die Arbeiten gestoppt.

Eine Tür aus Wipperfürth wurde in Aachen wieder eingebaut

Beim Rundgang durch den leeren Schultrakt fallen an vielen Brandschutztüren die Aufkleber von Concular auf. Die eine oder andere Zwischentür wurde bereits ausgebaut, wie Lücken in den Fluren verraten. Eine dieser Brandschutztüren wurde kürzlich in Aachen in ein Community Center eingebaut.

Andere Gegenstände, die zum Wegwerfen zu schade sind, bleiben im Eigentum der Stadt und sollen künftig an anderen Schulen Verwendung finden. Dazu zählen etwa Möbel, Lampen und elektronische Schultafeln. Mit der Entscheidung für den zirkulären Rückbau, so Antje Sauermann, wolle die Stadt ein Zeichen für mehr Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit setzen, der finanzielle Aspekt spiele eher eine Nebenrolle. 70 Prozent des Erlöses gehen an Concular, 30 Prozent erhält die Stadt.

Ein zirkulärer Rückbau lässt sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Es braucht Zeit, bis alle Gegenstände erfasst und eingestellt sind – und dann müssen sich Interessenten finden, die sich mit Concular einigen, wer und wann die Tür oder die Treppe abbaut. Rückbau und Versand sind im Preis nicht inbegriffen. Bislang landete bei einem Abriss häufig alles in Containern. „In den vergangenen Jahren hat ein Umdenken begonnen“, sagt Antje Sauermann, „und das wird auch in der Ausbildung gelehrt“.


So funktioniert das Verfahren: 60 Prozent des Müllaufkommens und 40 Prozent des Co2-Ausstoßes gehen nah Angaben von „Concular“ auf den Bausektor zurück. Das Unternehmen mit Geschäftsstellen in Berlin und Stuttgart ist bundesweit in Sachen „zirkulärer Rückbau“ tätig. Bei einer Begehung vor Ort werden interessante Baustoffe erfasst und in eine Datenbank eingestellt, wo Interessenten gezielt suchen können. Gleichzeitig unterhält das Unternehmen ein Netzwerk mit Partnern, dazu zählen Handwerker,  Architektur- und Planungsbüros.

30 Prozent des Erlöses erhält die Stadt, 70 Prozent gehen an Concular, das Unternehmen organisiert den Transport bis zur Übergabe an die Käufer und koordiniert sich mit dem Abrissunternehmen. Nach Unternehmensangaben legt man großen Wert auf die Organisation von lokalen Lieferketten. „Dabei werden die Vermittlung ökobilanziert und Kosteneinsparungen berechnet, um eine wirtschaftliche und ökologisch sinnvolle Wiederverwendung zur ermöglichen“, so das Unternehmen . Die Wiederverwendung von Baustoffen reduziert Abfall, spart Ressourcen und schont damit die Umwelt. 

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