UmstrittenWarum ein Betrieb in einem Odenthaler Wohngebiet aufgeben muss

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Auf einem Grundstück stehen Arbeitsfahrzeuge.

Was auf diesem Grundstück gebaut werden darf, ist umstritten.

Was in dem Odenthaler Gewerbegebiet gebaut werden darf, ist noch nicht klar. 

Der Gartenbaubetrieb „Bergisch plus“ gibt auf. Das Unternehmen, das seinen Standort seit Jahrzehnten am Schlehdornweg in Erberich hat, wird Mitte September schließen. Das erklärten Norbert Schulte und sein Sohn Tobias auf Nachfrage dieser Zeitung. Geplant habe man eigentlich anders, so Norbert Schulte. Die Geschäftsaufgabe steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Bauvorhaben, mit Streit unter Nachbarn und einem Gewerbebetrieb, der sich aus landwirtschaftlichen Anfängen entwickelte, in einem Allgemeinen Wohngebiet so aber nicht zulässig ist.

Die Suche nach einem neuen Standort für den Gartenbetrieb sei nicht erfolgreich gewesen, berichtete Norbert Schulte. Alternative Flächen für seinen Betrieb seien in ganz Odenthal nicht zu finden gewesen. „Wir haben alles abgeklappert“, so der 66-Jährige, der sich selbst als „Odenthaler Urgestein“ bezeichnet, und gerne weiter gemacht hätte.

Der Mangel an Gewerbeflächen in der Gemeinde ist seit langem ein Problem. Die Option, eine Halle in Leverkusen anzumieten, sei zu teuer gewesen, so Schulte weiter. Seinem Sohn Tobias, der zur Zeit als Betriebsleiter in der Firma arbeitet und den Familienbetrieb eigentlich habe weiterführen wollen, sei das finanzielle Risiko unter diesen Umständen zu groß. Er wickelt nun nach eigener Aussage die Firma ab und will sich beruflich neu orientieren. Sein Vater geht in den Ruhestand.

Stein selbst ins Rollen gebracht

Den Stein ins Rollen brachte offenbar Nobert Schulte selbst. Er will im vorderen Teil seines Grundstücks am Schlehdornweg ein Mehrfamilienhaus bauen. Im Zuge des Planungsverfahrens fiel auf, dass der rückwärtige Schuppen auf dem Gelände, der für den Betrieb genutzt wird, über keine Baugenehmigung verfügt. „Der Schuppen war 1960 als Hühnerstall gebaut worden“, erläuterte Schulte.

In einem Wohngebiet liegt auch der umstrittene Gartenbetrieb.

Die derzeitige Bebauung in dem Wohngebiet, in dem auch der Gartenbetrieb liegt.

Für das Gebäude, das älter sei als der gesamte Schlehdornweg, existiere aber lediglich eine positiv beschiedene Bauvoranfrage. Doch aus dem Hühnerstall von einst war mit zunehmendem geschäftlichem Erfolg längst eine gewerblich genutzte Halle geworden. Das gibt auch Schulte zu: „Ich habe hier seit circa 20 Jahren ein Gewerbe angemeldet, aber ohne Betriebsstätte.“ Seine Versuche, dies zu ändern, seien gescheitert: „Nach und nach ist hier ein Bauhof-ähnlicher Zustand entstanden.“

Sehr zum Ärger einiger Anwohner, die sich über den „über die Jahre immer intensiver gewordenen Lärm und Schmutzbelastung“, über schweres Gerät, einen regelrechten „Fuhrpark“ und Arbeitsmaterial beschwerten, das teilweise auch im angrenzenden Außengelände und damit im Landschaftsschutzgebiet gelagert worden sei. Mehrere Anträge auf ordnungsbehördliches Eingreifen gingen daher beim Rheinisch-Bergischen Kreis ein, mit dem Ergebnis, dass der Firmeninhaber die Auflage bekam, seinen Betrieb aus dem Wohngebiet zu verlegen.

Odenthal könnte Bebauungsplan ändern

Ein Betrieb in direkter Nachbarschaft zu einem Allgemeinen Wohngebiet könne nur geduldet werden, wenn es sich um einen „nicht störenden Betrieb handele“, erklärte die Odenthaler Verwaltung. Die Kommunalverwaltung hatte zunächst geplant, den Garten- und Landschaftsbaubetrieb über die baurechtliche Einstufung der Ortslage als „Dorfgebiet“ zu sichern. In einem derartigen Gebiet sind land- und forstwirtschaftliche Betriebe samt Tierhaltung zulässig, sowie nicht störende Gewerbe- und Handwerksbetriebe.

Man habe aber feststellen müssen, dass dies „rechtlich nicht haltbar“ sei, hieß es aus dem Rathaus. Um die Halle nachträglich zu legalisieren, könnte die Gemeinde Odenthal allerdings den dort gültigen Bebauungsplan ändern. Eine Nutzung des Schuppens als Betriebsanlage wäre damit aber in jedem Fall auch künftig ausgeschlossen, so das Planungsamt. Diese Lösung, die perspektivisch im Sinne der „städtebaulichen Verdichtung“ auch eine Hinterlandbebauung ermöglichen könnte, will die Verwaltung der Politik empfehlen. Der Bau- und Planungsausschuss wird möglicherweise in der Juni-Sitzung darüber entscheiden.

„Massiver Fremdkörper“: Halle würde Siedlungsgebiet stören

Im Zuge des Verfahrens sei der Bauherr gebeten worden, seinen ursprünglichen Entwurf für das geplante Wohngebäude noch einmal zu überdenken, sagte Planungsamtsleiterin Judith Benecke. Der erste Entwurf, der auch dem Planungsausschuss vorgestellt worden war, sieht drei Mietwohnungen und mehrere Garagen in einem zweigeschossigen Bau vor, sowie ein Pultdach mit Photovoltaikanlage. Damit, so kritisiert Dr. Gerwig Marquardt, der unmittelbar angrenzend wohnt, sei ein „massiver, unangemessen großer, nicht angepasster Fremdkörper“ geplant, der das Siedlungsbild zerstöre, das von ein- bis anderthalbgeschossigen Häusern mit Satteldach geprägt sei.

„Unsere Planung ist zeitgemäß und nach ökologischen Kriterien erstellt“, wehrt sich hingegen Norbert Schulte gegen diese Ansicht. Man wolle viel Wohnraum auf möglichst geringer Grundstücksfläche realisieren, so wie es die Politik eigentlich immer propagiere. Es verbittere ihn zunehmend, dass seine Planung schon seit drei Jahren zu keinem Ergebnis führe. Trotzdem habe er vor wenigen Tagen beim Bauamt einen Alternativvorschlag eingereicht – ein Gebäude mit Satteldach und ohne integrierte Garagen, stattdessen mit einer vierten Wohnung.

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