Tipps für Hauskauf ohne Fallstricke„Immobilien sind nicht per se risikolos“

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Häuser in der begehrten Kölner Wohnlage Ehrenfeld

Häuser in der begehrten Kölner Wohnlage Ehrenfeld

Fachmann Tobias Just erklärt, was es beim Erwerb eines Eigenheims alles zu bedenken gibt – und in welche Fallen man besser nicht tappen sollte.

Herr Just, wie oft werden Sie derzeit eigentlich gefragt, ab wann sich der Hauskauf wieder lohnt?

Just: Häufig. Ich wurde aber auch schon vor der Zinswende häufig gefragt. Allerdings ging es dann eher darum, ob man jetzt verkaufen oder noch warten solle. Das Interesse ist nachvollziehbar, denn die Immobilie ist für die allermeisten Menschen die wichtigste Anlageklasse.

Und was antworten Sie? Wann ist ein guter Zeitpunkt, um eine Immobilie zu erwerben?

Vorab, Vorsicht mit Pauschalaussagen, Immobilien und ihre Nutzer sind sehr unterschiedlich. Wenn man eine Wohnung selbst nutzen will, muss zunächst geklärt werden, ob sie zum Haushalt und zur finanziellen Situation passt. Schließlich bindet man sich durch die Rückzahlung oft zwanzig bis dreißig Jahre. Wichtig ist, sowohl die Zinsentwicklung als auch die eigene Einkommensentwicklung im Blick zu haben. Das muss gut durchgerechnet sein, denn eine Immobilie ist mit Abstand das größte Konsum- und Investitionsgut.

Was raten Sie Leuten, die eine Immobilie als Kapitalanlage erwerben wollen?

Auch hier gilt, sie muss zu den persönlichen Anlageplänen passen, also zur eigenen Risikoneigung und zur Abwägung mit Alternativen wie Aktien oder Anleihen. Immobilien sind nicht per se risikolos, aber auch nicht per se risikoreich, sie haben einfach spezifische Risiken. Natürlich ist es auch hier enorm wichtig, die Zinsentwicklung im Blick zu haben. Eine Sache, die sich von der Selbstnutzung unterscheidet, ist aber der Grad der Standardisierung. Wer selbst nutzt, kann viele Sonderwünsche unterbringen und darf das gerne tun. Steht aber das Kapitalanlageprodukt im Mittelpunkt, sollte es so standardisiert wie möglich sein. Es sollte zu möglichst vielen Präferenzen passen, nicht zwingend zu den eigenen.

Welche Rolle spielt der energetische Zustand des Hauses beim Immobilienkauf?

Mittlerweile eine entscheidende. Bestandsimmobilien werden derzeit stärker abgewertet als Neubauimmobilien, wo es gerade schon wieder leicht bergauf geht. Das liegt auch daran, dass man nicht weiß, was es möglicherweise in den nächsten Jahren noch an Regulierungen gibt und welche Sanierungen noch vorgenommen werden müssen.

Wird der energetische Zustand künftig wichtiger als die Lage?

Der energetische Zustand ist einem der bestimmenden Parameter geworden. Schon jetzt zeigen Studien, dass es zwischen energieeffizienten und energieineffizienten Immobilien nicht nur Unterschiede in der Preishöhe, sondern auch in der Preisdynamik gibt. Es gibt also einen Abschlag für energieineffiziente Gebäude – und dieser scheint zu wachsen. Deshalb sollte man sich auch mit den Regularien zur Energieeffizienz auseinandersetzen. Die Lage wird für Immobilien aber immer ein entscheidender Parameter bleiben, denn die Lage lässt sich schließlich gar nicht ändern.

Angenommen, ich will ein schlecht saniertes Häuschen auf dem Land verkaufen. Sollte ich erst einmal sanieren?

Wenn man glaubt, dass man das besser kann als der mögliche Käufer, sollte man das tun. Das ist allerdings sehr individuell, bei manchen hört es bei Malerarbeiten auf, andere legen Leitungen oder sanieren Dächer. All diese Dinge können helfen, eine Immobilie aufzuwerten oder zumindest wertstabil zu halten. Aber ist man nicht in der Lage, das besser zu machen als derjenige, der das Objekt womöglich kaufen möchte, sollte man lieber in Verhandlungen über den Preis gehen.

Ein Hauskauf ist teuer. Was raten Sie einer jungen Familie, die aufs Land ziehen will, aber nicht viel Eigenkapital mitbringt?

Für diese Familie wird es derzeit wahrscheinlich gar nicht so einfach, eine Fremdfinanzierung zu bekommen. Die Banken sind vorsichtig. Eigenkapital ist immer wichtig. Und wenn man den Traum hegt, sollte man früh in die Umsetzung gehen und Eigenkapital anlegen. Allerdings braucht es oft einen langen Atem, selten klappt der Hauskauf schon mit Anfang 30. Aber auch hier gilt: Man muss bedenken, dass man sich über Jahrzehnte bindet – und zwar nicht nur an das Objekt, sondern auch, was die Partnerschaft angeht.

Die auch kaputtgehen kann, meinen Sie?

Ja, diese Ehrlichkeit muss man mitbringen. Die Partnerschaft sollte stabil sein, bevor man einen solchen Schritt wagt. Denn wenn es wirklich dazu kommt, dass man sein Vermögen wieder trennen muss, ist das bei Immobilien nicht so einfach wie beispielsweise bei einem Aktiendepot. Ehrlichkeit braucht es aber auch, was das Objekt und die eigene finanzielle Situation angeht.

Inwiefern?

Die meisten träumen von einem großen, freistehenden Einfamilienhaus mit großem Garten. Dann sollte es noch eine gute Pendeldistanz zu den Metropolen, eine Anbindung an gute Schulen, Kindergärten und ans Vereinsleben haben. Nur sind diese Häuser meist schon vergeben. Dann heißt es, Kompromisse einzugehen. Mit welchen Pendelzeiten kann ich leben? Braucht es einen großen Garten? Meistens werden die Träume etwas kleiner, wenn man sie mit dem Budget abgleicht.

Und das sind erst die Kosten für den Erwerb. Was kommt noch auf Immobilienkäufer zu?

Wichtig ist zu beachten, dass das Objekt im Laufe der Zeit an Wert verliert. Alle Jahrzehnte muss man an die Fassade gehen, irgendwann die Fenster ersetzen und so weiter. Und theoretisch kann sogar auch der Grund und Boden an Wert verlieren, wenn in der Nähe ein Klärwerk oder ein Autobahnzubringer entsteht. Das sollte man auf dem Schirm haben. Und dass man natürlich Rücklagen haben sollte, um Reparaturen oder Sanierungen vornehmen zu können. Nun ja, und einige unterschätzen gegebenenfalls sogar, dass zum eigentlichen Hauspreis noch einmal über 10 Prozent Erwerbsnebenkosten hinzukommen.

In welchen Fällen ist es sinnvoller, zu mieten statt zu kaufen?

Wem Flexibilität wichtig ist, für den ist Mieten eine gute Alternative. Das kann zum Beispiel Menschen betreffen, die gerne neue Arbeits- oder Paarbeziehungen ausprobieren. Wenn zum Jobwechsel auch ein Ortswechsel gehört, ist Mieten eine gute Möglichkeit, zumindest die Erwerbsnebenkosten sowie das Risiko, zeitnah einen zahlungskräftigen Käufer zu finden, zu senken. Wer zudem gerne und zuverlässig in renditestarke Kapitalanlageprodukte investiert, könnte sich durch Mieten sogar finanziell besserstellen, vorausgesetzt er bringt die stete Disziplin zum Sparen auf und ist hinreichend versiert am Kapitalmarkt.

Die Bau- und Immobilienbranche durchlebt nach Jahren des Booms eine schwere Krise. Aber es gibt erste Anzeichen einer Erholung. Wann rechnen Sie mit einer spürbaren Marktbelebung?

Wir sehen seit einer Weile die ersten Belebungen für einige Wohnungsmärkte, sowie für ausgewählte Gewerbeimmobilien. Schon vor fast einem Jahr haben wir analysiert, dass im Internet wieder etwas mehr nach Finanzierungen gesucht wird, diese Aufwärtsbewegungen hat bis heute angehalten, und tatsächlich werden auf Internetplattformen wieder etwas mehr Finanzierungsverträge abgeschlossen. Auch weil die Zinssignale etwas positiver ausfielen. Außerdem sehen wir, dass im Neubaumarkt die Preise langsam wieder anfangen zu steigen. Nun muss man vorsichtig sein, ob das ein tatsächlicher Anstieg ist oder nur ein vorübergehender. Zudem sehen wir das bei Bestandsimmobilien noch nicht. Und auch bei den Projektentwicklern oder den Bauträgerschaften erkennen wir noch keine Belebung. Ich kann mir aber vorstellen, dass es da ab 2025 etwas besser wird.

Welche Anzeichen sehen Sie noch?

Die Inflation geht deutlich zurück, beispielsweise bei Baumaterialien geben die Preise stark nach. Das, gemeinsam mit der Erwartung, dass die EZB wahrscheinlich in der zweiten Jahreshälfte die Zinsen senken könnte, macht zuversichtlich, dass sich das Finanzierungsumfeld weiter aufhellt. Hinzu kommt, dass die Politik auch ein paar Signale gegeben hat, dass sie nicht mehr nur bremst.

Wie meinen Sie das?

In den letzten Quartalen hatten wir wiederholt das Problem, dass Förderungen gestoppt wurden. Dadurch entstand eine Unsicherheit, und die ist immer schädlich für Immobilienfinanzierungen. Jetzt gibt es aber ein paar Dinge, die mir Hoffnung machen: Die Bauministerin konnte sich durchsetzen, dass man von der energetischen Anforderung EH40 abrückt, und durch das Wachstumschancengesetz haben wir Abschreibungsmöglichkeiten, die dem Mehrfamilienhausbau helfen.

Was müsste die Bundesregierung noch tun, um die Baukonjunktur anzukurbeln?

Jenseits dieser Impulse und der Fördermaßnahmen kann sie gar nicht so viel machen, das ist ja das Schwierige. Sie kann nicht in den Kommunen Bauland ausweisen. Eventuell könnte sie Bundesliegenschaften zur Verfügung stellen, aber ansonsten ist das Ausweisen von Bauland ein überwiegend kommunales Thema. Natürlich könnte sie Zinssubventionen beschließen, doch die müssen verlässlich und dauerhaft angelegt sein. Da der budgetäre Spielraum begrenzt ist, wäre es wahrscheinlich einfacher, das Regeldickicht für Baumaßnahmen zu lichten. Insgesamt müsste man sich aber auch fragen, ob es so viele unterschiedliche Bauordnungen braucht und wie wir die Digitalisierung voranbringen können, die dann ja auch Kosen einsparen könnte.

Auch der Markt für Gewerbeimmobilien ist von der Krise betroffen. Büros und Gewerbeflächen stehen leer, die Preise fallen. Wie groß ist das Problem?

Wir sehen Preisrückgänge in der Größenordnung von 20 bis 25 Prozent. Aber dazu muss man sagen, dass es in den Jahren davor auch deutliche Aufwertungen gab. Sicher ist aber, dass wir noch nicht alle Abwertungen in den Büchern sehen. Da wird es schon noch einige geben.

Wie groß schätzen Sie das Risiko ein, dass hierzulande Banken deshalb in Bedrängnis kommen?

Ich kann nicht für Einzelinstitute sprechen, aber insgesamt haben wir deutlich günstigere Konstellationen als bei der Finanzkrise 2008/2009, weil die Bankenregulierungssysteme stabiler aufgestellt wurden. Gerade bei der Immobilienfinanzierung hat man die Schrauben angezogen, damit vorsichtiger finanziert wird. In Deutschland finanzieren Banken ohnehin vergleichsweise vorsichtig. Und sie stecken auch vergleichsweise wenig Geld in Gewerbeimmobilien. Demensprechend bin ich recht zuversichtlich, dass es keine Finanzkrise gibt.

Welche Rolle spielt der Homeoffice-Boom dabei?

Der spielt eine große Rolle. Wir erleben eine Verschiebung bei der Büronutzung, die schon vor der Corona-Zeit begann. Aber oftmals scheiterte das an der Arbeitsorganisation oder am Management, das diese Arbeitsform nicht hinreichend unterstützte. Durch Corona haben wir aber gelernt, dass es in Teilen möglich ist. Seitdem sind die Homeoffice-Quoten relativ stabil und liegen irgendwo zwischen 20 und 25 Prozent in Deutschland. Bleibt das so, werden Büronutzungen das berücksichtigen, wir werden mehr flexible Arbeitsplatzlösungen haben, und so lässt sich Bürofläche einsparen.


Tobias Just ist Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienwirtschaft an der IREBS International Real Estate Business School der Universität Regensburg sowie Wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer der IREBS Immobilienakademie.

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