Schock für AutobauerEnde der E-Auto-Förderung trifft auch Ford hart

Lesezeit 4 Minuten
12.06.2023, Nordrhein-Westfalen, Köln: Ein Ford Explorer ist bei der Vorab-Eröffnungsfeier des Ford Cologne Electric Vehicle Center in der Montage zu sehen. Das Kölner Werk wird das erste EV (Electric Vehicle) Center von Ford in Europa sein. Foto: Marius Becker/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der Start des Ford Explorer in Köln verzögert sich bis Sommer 2024.

Nach der Verschiebung des Kölner Explorers, macht auch das Förder-Ende dem Hersteller zu schaffen. Gesamtbetriebsratschef spricht von „völlig falscher Entscheidung“. 

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat das plötzliche Aus der Elektroautoförderung in Deutschland scharf kritisiert. Die Bundesregierung habe den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Versprechen gegeben, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen beim Kauf eines E-Pkw unterstützt werden - den Menschen jetzt den Umweltbonus zu verwehren, untergrabe ihr Vertrauen in die Verlässlichkeit der Politik, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Für viele Betroffene sei der Umweltbonus aufgrund der finanziell angespannten Situation „ganz entscheidend“.

VDA fordert Lösung

„Dass man zudem noch den Stichtag für die Förderung auf den gestrigen Sonntag gesetzt hat, ist unverhältnismäßig“, kritisierte Müller. Der VDA plädiere „mit Nachdruck“ an die Bundesregierung und den Bundestag, schnellstmöglich eine Lösung zu finden, die den Kundinnen und Kunden ihren beim Kauf des Autos fest eingeplanten Bonus garantiere.

Das Bundeswirtschaftsministerium hatte am Samstag mitgeteilt, dass Anträge für die Förderprämie für E-Autos nur noch bis Sonntag 24.00 Uhr angenommen werden könnten. Grund seien die Sparzwänge im Haushalt.

Alles zum Thema Deutscher Bundestag

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) rechtfertigte die Entscheidung. Der Entschluss sei notwendig gewesen, weil schon für das aktuelle Haushaltsjahr kein Geld mehr zur Verfügung gestanden habe, sagte ein Sprecher. Bereits jetzt würden Mittel ausgegeben, die eigentlich für das kommende Jahr vorgesehen waren, hieß es.  „Wir bedauern das sehr und wissen, dass die Entscheidung Härten mit sich bringt“, sagte der Sprecher.

1400 Anträge pro Tag von im Schnitt 4000 Euro

Seinen Angaben zufolge sind beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zuletzt etwa 1400 Anträge pro Tag mit einer durchschnittlichen Fördersumme von 4000 Euro eingegangen. Im Schnitt seien damit jeden Tag 5,6 Millionen Euro Fördermittel abgeflossen. Der Mittelabfluss sei so hoch, dass es auch ohne das Schuldenbremsen-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im kommenden Jahr zu einem Förderstopp gekommen wäre, betonte der Sprecher.

Die Entscheidung setzt die deutschen Autobauer, die ohnehin mit der Transformation zur Elektromobilität zu kämpfen haben, weiter unter Druck. Der Autokonzern Stellantis reagierte als erster und übernimmt kurzfristig den gesamten Umweltbonus für seine Privatkunden. Der Multi-Marken-Hersteller (unter anderm Peugeot, Opel, Fiat, Jeep) garantiere bis zum Jahresende die volle Prämie (bis zu 6750 Euro inklusive Herstelleranteil) für Elektrofahrzeuge, die nach den bisherigen Richtlinien förderungsfähig waren, kündigte das Unternehmen in Rüsselsheim an.

Zusätzlich will Stellantis für bereits bestellte E-Fahrzeuge, die von ihren Besitzern bis zum 29. Februar 2024 zugelassen werden, die urspünglich geplante gesenkte Prämie von bis zu 4500 Euro übernehmen. Der Umweltbonus werde in der jeweiligen Höhe als zusätzlicher Nachlass gewährt.

Der Kölner Autobauer Ford wollte sich auf Anfrage nicht äußern und verweist von Unternehmensseite auf die Aussagen von Branchenverbandschefin Hildegard Müller. Klare Worte findet dagegen Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka: „Das ist eine völlig falsche Entscheidung!“. Es sei ein Unding, eine Förderung fast über Nacht zu beenden. „So etwas hab ich noch nicht erlebt“, sagt Gruschka dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Bundesregierung müsse sich fragen lassen, wie sie das selbst gesteckte Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030 erreichen wolle.

Bislang hat Ford selbst kein rein batterieelektrisches Auto aus eigener Produktion im Angebot. Lediglich der Mustang Mach-E ist als US-Importmodell in geringer Stückzahl auf deutschen Straßen als Stromer unterwegs. Der Start des Hoffnungsträgers Explorer musste von diesen auf den Sommer des kommenden Jahres verschoben werden. Ein zweites E-Modell, das ebenfalls in Köln gebaut wird, soll dann im Herbst folgen. Hinzu kommt noch der Puma aus dem rumänischen Craiova. Das heißt, Ford hätte ohnehin deutlich weniger von der Förderung profitiert, als Hersteller, die bereits Modelle am Markt haben.

Wettbewerbsdruck steigt

Nach Einschätzung von Autoexperte Stefan Bratzel ist das Förder-Aus „Gift für den gesamten Markt“. Das sei für die Hersteller schon ein Schock gewesen, so Bratzel im Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Der Druck sei durch den Pionier Tesla, aber mittlerweile auch den aggressiven Markteintritt der chinesischen Hersteller wie BYD weiter gewachsen. Zudem seien E-Autos immer noch deutlich teurer als Verbrenner. Das mache sich bei der Entscheidung von preissensiblen Kunden, die jetzt in die E-Mobilität einsteigen wollten, bemerkbar. Auch aufgrund der Wettbewerbsdynamik müssten die Preise deutlich sinken. „Die Hersteller müssen dringend Tempo machen bei den Kosten etwa für Batterien“, so der Autoexperte. Mit Blick auf Ford sagte er: „Für Ford verbessert sich die Lage so nicht, sondern das Unternehmen wird im Pkw-Segment ein Stück weit weiter zurückgeworfen.“

KStA abonnieren