Leserbriefe zum Jogginghosen-VerbotWelche Kleidung ist angemessen?

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Eine Schülerin sitzt in einer rosafarbenen Jogginghose auf demSchulhof einer Schule. Im Hintergrund ist ein einstöckiges Schulgebäude zu sehen.

Jogginghosen avancierten von der reinen Sporthose zum beliebtesten Kleidungsstück auf deutschen Schulhöfen.

Leser diskutieren, ob eine Kleiderordnung zum schulischen Erziehungsauftrag gehört und ob sie Schülerinnen und Schüler aufs Leben vorbereitet.

Soll­ten Schu­len Jog­ging­ho­sen ver­bie­ten? – Claudia Lehnen (Pro) und Alexandra Ringendahl (Contra) im Streitgespräch der Woche (4.4.)

Jogginghosen-Verbot als schulischer Erziehungsauftrag

Bei der Diskussion, ob eine Jogginghose die adäquate Kleidung für den Schulbesuch ist, geht es nicht um Mode. Vielmehr folgt die Schule in Wermelskirchen ihrem Erziehungsauftrag, Schüler auf das Leben als Erwachsene in unserer Gesellschaft vorzubereiten. Hier gibt es viele ungeschriebene Regeln, deren Kenntnis und Beachtung zu einem erfolgreichen Leben beitragen.

„Kinder brauchen Grenzen“ – vor 30 Jahren hat der Sozialwissenschaftler Jan-Uwe Rogge diese Erkenntnis in seinem gleichnamigen Buch veröffentlicht. Kein ernst zu nehmender Erziehungswissenschaftler sagt mehr, dass ausschließlich die totale Freiheit eine optimale Entwicklung gewährleistet. Vielmehr wird der Mittelweg zwischen Autorität und Laisser-faire als der richtige angesehen. So ist das konsequente Umsetzen der Kleiderordnung an der Schule in Wermelskirchen – nach Ankündigung der Konsequenzen bei Nicht-Beachtung – ein Puzzlestein, um die Schüler und Schülerinnen auf das Leben in unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft vorzubereiten.

Der Modelobbyist und Hosen-Designer Thomas Rath spricht sich für die Jogginghose als geeignete Schulkleidung aus. Das tut er offensichtlich zu eigenem Nutzen. So ein Kleidungsstück wird bekanntermaßen nicht selten in Niedriglohnländern produziert, hat dann einen Verkaufswert von unter zehn Euro, wird jedoch mit einem angesagten Firmenlogo bedruckt und dann für ein Vielfaches, teilweise bis zu 300 Euro, vermarktet. Als am Gewinn Beteiligter würde ich auch gegen die Schule Sturm laufen, welche das Tragen von Jogginghosen im Unterricht verbietet. Klaus Schriever Niederkassel

Schuluniform statt Jogginghose

Eltern schulpflichtiger Kinder haben natürlich keine anderen Sorgen, als sich damit zu beschäftigen, welche Klamotten ihre Kinder zum Schulbesuch anziehen. Ein guter Kompromiss wäre, den Kindern den Besuch der Schule weiterhin mit gebügelten Jogginghosen zu erlauben. Noch besser wäre die Einführung von Schuluniformen. Denn dann wäre die Herkunft von Schülerinnen und Schülern aus unterschiedlichen sozialen Schichten nicht auf Anhieb erkennbar. Manfred Rouvaire Köln

Jogginghosen-Verbot lächerlich

Wenn jetzt ein Kollegium Schüler nach Hause schickt, weil sie in Jogginghosen erscheinen, erinnert das an einen Aprilscherz. Mit mutwillig zerrissenen Arbeitshosen – nichts anders sind viele Jeans – dürfen sie weiter kommen? In anderen Ländern gibt es Schuluniformen. Das wäre eine Lösung. Aber die müsste vom Schulträger bezahlt werden.  Bruno Melchert Köln

Jogginghosen-Diskussion: Auf Einsicht setzen statt auf Verbot

Ich gebe Frau Ringendahl recht, Schüler und Schülerinnen müssen durch Einsicht und nicht durch Verbote lernen, welche Kleidung zu welchem Anlass passt. Pubertierende Jugendliche mit Verboten beeindrucken zu wollen, erscheint mir pädagogisch in etwa so sinnvoll, wie einem Hund ein rohes Steak vor die Nase zu halten, damit er lernt, das nicht zu fressen.

Schlimmer finde ich jedoch die Begründung der Wermelskirchener Pädagogen und ihrer Unterstützer: Schule ist Arbeit, was impliziert, auf der Arbeit darf man nicht entspannt sein, da man dort bekanntlich jeden Tag ein Vorstellungsgespräch hat. Wo leben diese Menschen? Das ist so weit sowohl von der modernen Arbeitsrealität als auch von jedem pädagogischen Konzept entfernt, das die Wissenschaft in den letzten 50 Jahren entwickelt hat, dass es einen graust. Natürlich darf man den Leistungsgedanken nicht gänzlich über Bord werfen, wenn man Schüler sinnvoll auf das Arbeitsleben vorbereiten will.

Dennoch sollte Schule idealtypisch ein geschützter Raum sein, den die Jugendlichen gerne aufsuchen, um dort entspannt und mit Freude zu lernen. Bereitschaft zum lebenslangen Lernen, die Fähigkeit zu selbstverantwortlichem Arbeiten und die geistige Flexibilität, auf unterschiedliche Situationen jeweils angemessen zu reagieren, werden die Anforderungen der Arbeitswelt der Zukunft sein. Das sollte Schule den Jugendlichen vermitteln und dabei idealerweise auf Motivation und Einsicht setzen statt auf Zwang. Udo Lang Bad Münstereifel

Jogginghosen als Symbol für den Niedergang der Bekleidungskultur

Verbieten? Ja, aus Sicht der Bekleidungskultur und auch aus Sicht der Ästhetik. Da hatte Karl Lagerfeld durchaus recht. Die Jogginghose, die uns die Amerikaner vermacht haben, ist eigentlich eine reine Sporthose. Es ist einfach schick geworden, „locker oder sportlich“ daherzukommen. Aber die Menschen sehen damit alle gleich aus, noch dazu etwas schlampig. Natürlich hat es immer Veränderungen in der Mode gegeben. Junge Leute haben eben den Zug zur Verkleidung. Man könnte Schülerinnen und Schülern an den Schulen aber beibringen, dass das Erscheinen im Unterricht auch respektabler sein kann. Das ist eine Übung für die Zeit als Erwachsene. Peter Strogalski Köln

Schuluniform schafft Chancengleichheit

Schüler wollen es eben bequem haben in der Schule. Das ist immer noch besser, als nur Markenklamotten zu tragen. Denn das weckt den Neid der Schüler untereinander. Ich bin für einheitliche Kleidung in der Schule, ergo für eine Schuluniform. Das ist aber nicht in allen Schulen möglich. Mit Jogginghose kann ein Kind leicht zum Außenseiter werden. Das möchte keiner. Die Schule prägt die Kinder, auch ihr Selbstbewusstsein. Bei der Bayer AG trugen alle Arbeiter die gleichen Sachen, außer dem Meister, der hatte eine andere Jacke. Höhere Posten trugen einen blauen Kittel oder Anzug. Da wusste man sofort, wer da kommt.  Dieter Kopf Köln

Jogginghosen-Diskussion: Kleidung signalisiert Respekt

Der Rektor der Wermelskirchener Schule, der Jogginghosen verboten hat, hat völlig recht. Karl Lagerfeld sagte dazu: Wer Jogginghosen im Alltag trägt, der hat sein Leben nicht im Griff. Mangelnder Sinn für angemessene Kleidung zeigte sich auch bei der Rede von König Charles III. im Bundestag: Hier saßen Abgeordnete wie Lümmel in Jeans und T-Shirt, ohne jeglichen Respekt.  Anne Müller Köln

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