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Nach antisemitischem ÜberfallMitarbeiter von AfD-Abgeordnetem hat gekündigt – Neue Vorwürfe gegen Esser

Lesezeit 3 Minuten
Klaus Esser, AfD-Fraktion, bei einer Rede im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

Der AfD-Abgeordnete Klaus Esser sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, seinen Lebenslauf gefälscht zu haben. Der Landesvorstand der AfD NRW will Aufklärung.

Ein Fraktionssprecher wollte den Vorgang um den Mitarbeiter nicht kommentieren. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte den Fall aufgedeckt.

Ein wegen eines antisemitischen Überfalls verurteilter Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Klaus Esser hat nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ gekündigt. Der Landtag hatte dem Mann nach Enthüllung des Urteils durch unsere Redaktion ein weitgehendes Betretungsverbot auferlegt. Unterdessen gibt es neue Vorwürfe gegen Esser selbst.

Ein Fraktionssprecher wollte den Vorgang um den Mitarbeiter Essers nicht kommentieren: Zu Personalangelegenheiten äußere man sich grundsätzlich nicht. Der bisherige Mitarbeiter Essers hatte vom Amtsgericht Heidelberg wegen Körperverletzung und antisemitischer Beleidigungen im Jahr 2022 acht Monate Haft auf Bewährung kassiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da der Mann in Berufung gegangen ist. Die Berufungsverhandlung findet laut Landgericht Heidelberg ab dem 16. September statt.

Nach Ansicht des Amtsgerichts hatte der Beschuldigte mit zwei weiteren Burschenschaftern der Verbindung „Germania“ im August 2020 einen 25-Jährigen mit Gürteln geschlagen, nachdem der jüdische Wurzeln erwähnt hatte. Neben Gürtelschlägen sollen Beschimpfungen wie „Drecksjude“, „Saujude“ und „Judensau“ gefallen sein.

Der Landtag hatte nach der Enthüllung des Vorgangs Ende Juni Konsequenzen gezogen. Der Präsident erließ „hausrechtliche Maßnahmen zum Schutz parlamentarischer Rechtsgüter“ gegen den Mitarbeiter Essers. Dazu gehörte eine Personenkontrolle am Eingang. Zudem durfte der Mitarbeiter jenseits der AfD-Flächen kaum noch Räume im Landtag betreten.

Vor wenigen Tagen war dem Landtag ein Rechtsgutachten geliefert worden, das bereits im April – also vor Bekanntwerden des Falls – in Auftrag gegeben worden war. Der Rechtsprofessor Markus Ogorek legte auf 64 Seiten dar, wie schwer es der Landtag hat, gegen Extremisten im eigenen Haus vorzugehen. Unter anderem sollte die Hausordnung angepasst werden, so der Jurist.

Ob die Maßnahmen gegen den damaligen Mitarbeiter von AfD-Mann Esser in diesem Licht rechtlich Bestand gehabt hätten, ist durch die Kündigung jetzt egal. Die AfD-Fraktion kritisiert das Rechtsgutachten dennoch scharf: „Das Gutachten zeige deutlich, dass die bestehenden Rechtsgrundlagen und Maßnahmen ausreichen, um die Sicherheit und Integrität des Landtags zu gewährleisten. Weitere autoritäre Eingriffe sind weder notwendig noch gesetzlich gerechtfertigt“, heißt es in einer Mitteilung der AfD-Fraktion.

Das Gutachten war vom Präsidium des Landtags beauftragt worden – in dem alle Fraktionen außer der AfD vertreten sind. Die AfD schimpft, das „vordergründige Ziel des Gutachtens wurde eindeutig dazu genutzt, die AfD-Fraktion und ihre Mitarbeitenden zu diskreditieren.“

Verdacht: Hat der AfD-Abgeordnete Esser seinen Lebenslauf gefälscht?

Der AfD-Abgeordnete Esser hat unterdessen selbst Ärger: Die „Rheinische Post“ berichtete am Wochenende, es gebe Unstimmigkeiten in Bewerbungsunterlagen Essers als Landesgeschäftsführer der AfD. Den Job hatte er Anfang 2020 angetreten. Im Kern soll Esser laut „RP“ seinen Lebenslauf gefälscht haben. Esser bestritt die Vorwürfe gegenüber der Zeitung: Der Lebenslauf sei von Dritten gefälscht worden mit dem Ziel, ihm parteiintern zu schaden.

Der aktuelle Landeschef der AfD, Martin Vincentz, war 2020 noch nicht im Amt. Die Partei teilte am Montag mit: „Der Landesvorstand der AfD NRW prüft die Vorwürfe gegen den stellvertretenden Sprecher Klaus Esser genau und wird, wenn gefordert, selbstverständlich mit allen behördlichen Stellen kooperieren.“ Weiter hieß es in der Mitteilung: „Es gilt immer die Unschuldsvermutung und der Landesvorstand der AfD NRW ist der Überzeugung, dass Klaus Esser die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aufklären wird.“

Die Staatsanwaltschaft Aachen bestätigte, dass in der Sache Anzeige gegen Esser erstattet worden sei. „Wir befinden uns aber noch in einem Vorermittlungsverfahren und prüfen, ob die Anzeige weiter verfolgt wird“, sagte Oberstaatsanwältin Katja Schlenkermann-Pitts auf Anfrage.