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So wohnt Köln in der Wachsfabrik„Manchmal gehe ich einfach nachts ins Atelier“

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Jeanette de Payrebrune im Garten mit ihren tanzenden Grazien

„Am Anfang habe ich hier getanzt. Es ist ein mega-dekadentes Lebensgefühl“, erzählt Jeannette de Payrebrune. Die Künstlerin steht auf ihrer Küchenempore und lässt von dort den Blick in das große Wohnzimmer schweifen. Ihr Lieblingsausblick. Im November 2019 hat sie das 119 Quadratmeter große Loft 22 mit seinen drei Zimmern in der Wachsfabrik in Sürth gemietet. Ein Atelier bezog sie schon 2007 zur Untermiete, seit 2009 hat sie ein eigenes.

Ein Ort zum Arbeiten und Leben

„Ich habe mir immer gewünscht, hier hinzuziehen. Es ist toll, an einem Ort zu arbeiten und zu leben. In der Kunst hat man mitunter kleine Arbeitsschritte. Manchmal gehe ich einfach nachts noch mal ins Atelier. Ich liebe das“, sagt sie. Die Freiheit im Loft und in der Künstlergemeinschaft genießt de Payrebrune sichtlich.

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In dem großen Wohnraum mit Klavier finden auch Konzerte statt.

Jahrelang fand ihr Leben eher in beengten Verhältnissen statt. Nachdem sie sich von ihrem Ehemann, dem Künstler und Bildhauer Matthias Heiermann, getrennt hatte, war sie mit ihren drei Kindern lange alleinerziehend und lebte in Sürth ohne ein eigenes Zimmer. „Es war eine Künstlerehe, wir haben uns über das Aktzeichnen kennengelernt“, sagt Payrebrune rückblickend.

Streit mit dem Eigentümer um Kündigungen

Eingezogen in die Enklave der Kunstschaffenden ist sie eigentlich mitten in der Krise. Nicht nur der Pandemie, sondern mitten im Streit mit dem Eigentümer, der die hinteren Ateliers räumen wollte. „Das ist passé“, sagt die gebürtige Kölnerin, die sich auch als Pressesprecherin für die Künstlergemeinschaft in der Wachsfabrik engagiert. Es gibt nun einen gemeinsamen Wohnmietvertrag mit Ateliernutzung für alle, die das hintere Gelände bewohnen. Sechs Mitglieder gehören der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) an, die während des Streits gegründet wurde. Die anderen Mieter sind Untermieter. Insgesamt leben und arbeiten auf dem Gelände 20 bis 25 Künstler. Die Miete wird von allen zusammen gezahlt. Dafür wurde die GbR gegründet.

GbR verfügt über 1500 Quadratmeter

Das heißt aber auch, wenn einer Mietschulden hat, dann zahlen das alle. Das sei mitunter ein Thema bei Künstlern. Zu den Aufgaben der Gesellschaft gehört auch, sich um die Anlage zu kümmern. Die GbR hat rund 1500 Quadratmeter gemietet und ist für Rechtsfragen, Konten und Mieten verantwortlich. Die Untermietverträge sollen zunächst beibehalten bleiben. „Es ist ein bisschen wie heiraten. Wir sind vorsichtig geworden, die GbR zu öffnen“, sagt de Payrebrune.

Kulturzentrum Wachsfabrik

Jeden ersten Sonntag öffnet die Wachsfabrik ihre Türen für Besucher, das nächste Mal am Sonntag, 7. August. An diesem Tag gibt es außerdem ein Konzert mit dem Trio Alexander Scott (Saxophon), Tänzerin Lara Pilloni und Schlagzeuger Carl Zinsius mit Ihrem Programm„Everyday Feelings“. Das kostenlose Konzert wird auf der hinteren Wiese unter Bäumen im Kunstzentrum Wachsfabrik, Industriestraße 170, auf Spendenbasis angeboten. Es beginnt um 18 Uhr.

Dafür wohnt man günstig, aber nicht billig. Rund fünf bis sechs Euro sind pro Quadratmeter fällig. Im Gegenzug müssen die Bewohner vieles selber in die Hand nehmen. Als de Payrebrune im November das Loft bezog, mussten erst einmal der Boden und das Bad gemacht werden, eine Küche gab es auch nicht.

Im Winter ohne Heizung - der Kosten wegen

Rund 50 000 Euro hat sie investiert. Bei einer Deckenhöhe von 5,60 Meter hat sie monatliche Heizkosten von rund 300 Euro. „Ich lebe hier zum Teil kalt, weil mir das Heizen zu teuer ist“, erzählt sie. Nach zwölf Jahren in einer weiteren Beziehung lebt sie derzeit in dem großen Loft alleine. „Erstmal. Es ist eine große Freiheit und Selbstbestimmtheit“.

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Jeannette de Payrebrune liebt die alte Ahorn-Esche über ihrer Terrasse.

Das über 80 Quadratmeter große Wohnzimmer stellt sie an den offenen Ateliersonntagen, die einmal im Monat stattfinden, im Wechsel Studenten der Alanus-Hochschule in Alfter oder der Düsseldorfer Akademie zur Verfügung. 2003 hatte sie selbst bei Alanus eine Weiterbildung absolviert.

Payrebrune fing mit 18 Jahren an zu zeichnen

Mit 18 Jahren hat de Payrebrune im Stollwerck mit dem Zeichnen begonnen. Sie nimmt auch heute noch Auftragsarbeiten an. „Dafür muss ich mich nicht schämen“, sagt die Künstlerin, die am 2. August 54 Jahre alt wird. Kunst sieht sie nicht als lukratives Geschäft, eher als „großen Idealismus“. Ihr eigener Schwerpunkt ist die Malerei, aber sie war mit einem Bildhauer verheiratet. Das hat abgefärbt: Ihre erste eigene Werkreihe, die Grazien – tanzende, rote Skulpturen – entstanden 2010. Die Grazien sind ihr Markenzeichen. Resonanz ist der Überbegriff für ihre Kunst.

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Von der Empore schaut man in den großen Wohnraum.

De Payrebrune geht es um immer Beziehungen. Das zeigt sich konkret in den Objekten, die sie formt und die dann auch auf Papier auftauchen. Schemenhaft, als Schatten oder Spiegelungen. Wenn sie nicht im Atelier oder mit anderen Künstlern zusammen arbeitet, tut sie dies auch gerne auf ihrer 30 Quadratmeter großen Terrasse. Die ist ihr Lieblingsplatz. „Es ist ein Traum, unter diesem Baum zu sitzen. Ich habe das Gefühl, ich lebe in einem Baumhaus“.

Sie nennt den alten, Schatten spendenden Eschen-Ahorn den „Baum der Seelen“. Natürlich sieht sie sich primär als Künstlerin, aber sie leistet auch viel als Ehrenamtlerin. Dafür hat die ewig Umtriebige ihren Schlaf optimiert und kommt mit sechs Stunden aus. Leonardo da Vinci hat sie darauf gebracht. „Aber er hat es übertrieben“, sagt sie lachend. Ihr Schlafzimmer hat vier Fenster und sieht aus wie eine Minikathedrale. Das Atelier mit eingerechnet, kann sie insgesamt acht Schlafplätze für Kinder und ihre Freunde anbieten.

Durch den Garten zum Atelier

Durch den Garten, in dem ihre „Grazien“ tänzeln, geht es zum 40 Quadratmeter großen, hellen Atelier, wo sie an ihrer neuen Werkreihe arbeitet. Die Formen sind freier geworden. Mehr organisch. Die Künstlerin beschreibt sie als Fossilien der Zukunft. „Ich stelle mir vor, man gräbt etwas aus, das erst in tausend Jahren entsteht. Es ist nichts, was es gibt, aber was es geben könnte“. Ihre nächste Ausstellung ist im September in der Abtei Brauweiler.

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Wenn sie Zeit findet, spielt sie Klavier, Saxofon oder Flöte oder sie lädt Künstler zu Musik oder Lesungen unter Bäumen ein. Bei einem ganz anderen Projekt steht ihr Hermann Hollmann, Vorsitzender des Kölner Kulturrats, zur Seite. Da ist sie Sprecherin. Gemeinsam wollen sie die Universale für die Stadt Köln etablieren. Ein großes neues Projekt, bei dem sie in der Gründungsintendanz sitzt. Denn nur für sich arbeiten, ist nicht ihr Ding. „Die Mischung macht es, aber ich schaue zu, dass ich meine Ziele nicht aus den Augen verliere“.