Mordprozess„Ja“: Rheindorfer räumt tödliche Messerattacke ein

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Der des Mordes angeklagte Rheindorfer sitzt, verborgen hinter einem Aktendeckel, neben seinem Verteidiger Gottfried Reims.

Der des Mordes angeklagte Rheindorfer (links) hat sein Schweigen am Mittwoch nur für zwei Worte gebrochen. Eine Aussage hat ihm sein Verteidiger Gottfried Reims noch nicht entlocken können.

Der Leverkusener hat nur noch wenig Zeit, seine Sicht der Tat auf der Ilmstraße zu schildern.

Die Zeit wird langsam knapp, das macht Alexander Fühling dem Angeklagten am Mittwoch sehr klar. Eine Zeugin wird noch befragt, dann müssen sich alle Beteiligten noch durch die Chatverläufe zwischen der erstochenen Jacqueline E. und ihrem Mörder Ali L. (Name geändert) sowie ihrer besten Freundin arbeiten. „Dann sind wir durch“, so der Vorsitzende Richter der 21. Großen Strafkammer am Kölner Landgericht. Das bedeutet: „Wenn Sie etwas zu Ihrer Verteidigung vorbringen wollen, müssen Sie jetzt mal kommen“, spricht Fühling den 34-Jährigen an.

Kurz zuvor gab es auf Nachfrage zweimal ein leises „Ja“ des Rheindorfers mit türkischen Wurzeln. Allerdings auf entscheidende Fragen, des Richters, nämlich: „Dieses Messer ist Ihres gewesen? Und damit haben Sie zugestochen?“  

Wie brutal diese Attacke auf dem Wendeplatz der Ilmstraße in Rheindorf-Nord am letzten Freitagabend des vorigen Oktobers war, hatte am Prozesstag zuvor Rechtsmedizinerin Sibylle Banaschak erläutert. Und erklärt, dass der Fötus im Bauch der Schwangeren in diesem Stadium keine Chance hatte: „Der stirbt, wenn die Mutter stirbt.“ 

Eine Hodscha-Hochzeit als Ausweg

Diese Schwangerschaft – besser: Ihre Geheimhaltung vor der Mutter von Ali L., bei der er wohnte – hat offenkundig das doppelt tödliche Drama ausgelöst. Der Mann wollte verhindern, dass Jacqueline E. seiner Mutter sagt, was eigentlich Sache ist nach gut einem halben Jahr Beziehung, die schnell die Woche über kriselte, während es am Wochenende in Hotels der Gegend toll lief. Rheindorf-Nord war für das Paar verbotene Zone. Mit einer Ausnahme, als Mutter und Schwester des Mannes in der Türkei weilten. 

Dass Jacqueline E. nach zwei mittlerweile halbwüchsigen Kindern, die ab und an mal ein Wochenende beim Vater in Porz verbringen, keinen Nachwuchs mehr wollte, steht für ihre Halbschwester außer Zweifel. „Sie hatte absolut keinen Kinderwunsch“, legt sie sich am Mittwoch fest. Trotzdem sei die Rede davon gewesen, wie man die Sache „für die Familie parat quatschen“ könne. So formuliert es die Anwältin der beiden Kinder der Getöteten. Nämlich durch eine Hodscha-Hochzeit, also nach islamischem Ritus in der Moschee. Danach, so die Vorstellung, hätte Ali L. seine Freundin in Rheindorf vorstellen und ganz schnell die Sache mit der Schwangerschaft nachschieben können.  

Sie hatte absolut keinen Kinderwunsch.
Halbschwester des Opfers Jacqueline E.

Das wäre zwar zeitlich verquer gewesen: Das gemeinsame Kind war für vorigen Sonntag ausgerechnet. Aber so detailliert wurde offenbar nicht nachgedacht.

Kopftuch? Niemals

Das gilt auch für die sonstigen Begleitumstände: Dass Jacqueline E. vor der Hodscha-Hochzeit zum Islam hätte übertreten müssen, „davon hat er natürlich nix erzählt“, sagt die Halbschwester des Opfers mit Blick auf den Angeklagten. Und sie weiß, wovon sie redet: Sie ist selbst Muslimin geworden. Dass ihre geliebte Halbschwester dann womöglich auch noch ein Kopftuch tragen soll, sei überhaupt nicht vorstellbar gewesen. 

Wie vorstellbar es vor einem guten halben Jahr war, dass der immer wieder als extrem eifersüchtiger Kontrollfreak beschriebene Ali L. seine Todesdrohungen wahr macht, ist auch nach mehreren Befragungen von Freundinnen und Familienmitgliedern der Toten nicht ganz klar. Allerdings gibt es Chatverläufe vom Abend des 27. Oktober 2023, die sich gefährlich lesen, auch auf dem Telefon der Halbschwester von Jacqueline: „Fahr da nicht hin! Wenn der Dich abknallt!“

Rund 20 Minuten, bevor Ali L. seiner Freundin mindestens zehnmal ein Küchenmesser in den Körper rammte, gab es das letzte Telefonat mit ihrer Halbschwester. Danach nahm sie nicht mehr ab, die Panik wurde immer größer.  

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