Nationalpark EifelNach der Ringelung sind sie rot

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Deutlich gerötet sind die abgestorbenen Douglasien an der Südflanke des Kermeters gegenüber von Vogelsang. (Bild: Heinen)

Deutlich gerötet sind die abgestorbenen Douglasien an der Südflanke des Kermeters gegenüber von Vogelsang. (Bild: Heinen)

Schleiden-Gemünd – Alte Eifeler meinen mit einigem Recht, dass sie die je nach Jahreszeit unterschiedlichen Färbungen der Wälder schon lange kennen. Doch es gibt noch Überraschungen, die nach Erklärung rufen. So reiben sich die Besucher Vogelsangs derzeit häufig beim Blick auf die gegenüber liegende Urftseeseite die Augen. Da steht ein größerer Nadelholzbestand, der sich bereits im Frühjahr deutlich rot färbte. Die Rotfärbung hat sich im Laufe des Sommers sogar noch verstärkt.Nun weiß man natürlich, dass Tannen und Fichten selbst im Winter ihre angestammte Grünfärbung behalten, lediglich die Lärche färbt ihre Nadeln im Herbst gelb und wirft sie dann für den Winter ab. Rotfärbung ist eher beim Ahorn bekannt, jedenfalls nicht bei den in unseren Breiten stehenden Nadelhölzern.

Merkwürdiges Phänomen

Die Aufklärung des merkwürdigen Phänomens des roten Waldes lieferte der Diplom-Biologe Dr. Andreas Pardey von der Gemünder Nationalparkverwaltung. Die Douglasien sollen nach Möglichkeit als standortfremde Bäume weitestgehend aus demNationalpark verschwinden. Das tun sie jedoch nicht freiwillig – ganz im Gegenteil. An den geeigneten Standorten vermehrt sich diese nordamerikanische Baumart sehr eifrig.

Wie aber entfernt man solche Bestände auf eine Art und Weise, die dem Nationalpark angemessen ist? Vor dieser Frage stand die Nationalparkverwaltung vor einigen Jahren. Sie entschied sich für das „Ringeln“ unerwünschter Bäume.

Das ist eine bewährte Maßnahme, um das Absterben von Bäumen zu erzwingen, indem man die Nährstoff- und Wasserversorgung der Bäume kappt. Die „Versorgungsleitungen“ von Bäumen verlaufen nicht im Stammholz, sondern im Bereich der Rinde. Schneidet man nun ringförmig um den gesamten Stamm die Rinde auch nur ein kleines Stück weit ab, dann stirbt der Baum, da er nicht mehr mit dem Lebensnotwendigen versorgt wird.

Die Nationalparkverwaltung wendet das Ringeln bei der Entfernung der Douglasien seit Jahren an.Inzwischen werde, so Pardey, zunächst in dem Douglasienbestand jeder zehnte Baum geringelt, er sterbe daraufhin bald ab. Nach etwa zwei Jahren werden dann die übrigen Bäume, also 90 Prozent des Bestandes, gefällt und weggebracht. Die geringelten Bäume – im Fachjargon handelt es sich dabei um „Totholz“ – bleiben jedoch als bedeutsame Refugien zunächst für die Besiedlung durch Insekten, später auch als Futterkammer für den Specht stehen. Ganz am Anfang testete die Nationalparkverwaltung in einem einzigen Fall ein anderes Verfahren, an der Südflanke des Kermeters oberhalb des Urftsees. Genau in dem Bestand, der heute, von Vogelsang aus betrachtet, scheinbar rot lackiert daherkommt. Dort wurden sämtliche Bäume geringelt, so dass sie allesamt abgestorben sind.

Der Bestand wird wahrscheinlich als großflächiges Totholz so stehen bleiben. Pardey geht davon aus, dass an diesem Standort mit der Zeit überwiegend Eichen nachwachsen werden. In diese Entwicklung greifen die Förster jedoch nicht mehr regulierend ein.

Wie aber kommt es nun zu der Rotfärbung? Auch dazu wusste Pardey eine Antwort. Nach seinen Angaben gibt es in allen Blättern und Baumnadeln unterschiedliche Farbstoffe. Die Bäume sehen im Frühjahr für unser Auge grün aus, weil der Farbstoff Chlorophyll überwiegt. Manche Baumarten speichern, bevor sie die Blätter im Herbst abwerfen, das Chlorophyll den Winter über in den Wurzeln und nutzen es ab dem Frühjahr wieder zur Photosynthese.

Wenn aber das Chlorophyll aus den Blättern entfernt ist, dominieren für unsere Augen andere Farbstoffe, etwa das ebenfalls vorhandene Rot, das in den Blättern oder Nadeln bleibt. Das sei der Grund, warum der Douglasienbestand heute aus der Ferne rot erscheine, so Pardey.

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