AbschiedIn Gedanken immer in der Schule

Lesezeit 3 Minuten
Guido Sattler umringt von Schülern der Käthe-Kollwitz-Schule. (Bild: Britta Berg)

Guido Sattler umringt von Schülern der Käthe-Kollwitz-Schule. (Bild: Britta Berg)

Rheindorf – Der Mann redet wie ein Manager. „Wir müssen eine Corporate Identity schaffen“, sagt er. Auch von Headhuntern ist die Rede, von Teambuilding und externen Experten. Und in gewisser Weise ist er ja auch ein Manager, allerdings einer ohne Nadelstreifenanzug am Körper und ohne Handy am Ohr. Guido Sattler ist seit zehn Jahren Leiter der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Rheindorf, zuständig für 1500 Schüler und 130 Lehrer. Mit 64 Jahren geht er nun in den Ruhestand - Zeit, zurück zu blicken.

Zum Einstand habe er einen Spießrutenlauf erlebt, erinnert sich Sattler. „Was willst Du denn ihn Rheindorf, an dieser Schule?“, sei er häufig gefragt worden. Als Sattler im Jahr 2000 kam, hatte die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule keinen guten Ruf. Das Gebäude an der Deichtorstraße war „in einem jämmerlichen Zustand“, die Nachbarn beschwerten sich über die Schülerschaft, Gewalt, Drogen, Alkohol bereiteten Probleme. „Da habe ich erstmal gesagt, die Aufgabe ist mir zu groß“, erzählt Sattler. Doch er wollte unbedingt an eine Gesamtschule wechseln. Nach 18 Jahren an einer Hauptschule in Köln sei ihm klar gewesen, „dass diese Schulform keine Perspektive mehr hat“. Doch auch die Perspektive, die ihn in Rheindorf erwartete, war nicht gerade rosig. Der Bau aus den siebziger Jahren war PCB-belastet, die Sanierung sollte mehrere Jahre dauern. „Als ich das gehört habe, bin ich aus allen Wolken gefallen. Aber wir haben es dann als Chance begriffen“, erklärt der Pädagoge. Mit „Wir“ meint er die Lehrer, mit denen er sich vor zehn Jahren auf den Weg machte, „eine Vision zu verwirklichen“.

Für das farbenfrohe und vor allem nicht mehr gesundheitsgefährdende Gebäude hat die Stadt gesorgt. Dass sich innerhalb der neuen Mauern einiges ändert, dafür hat Guido Sattler Sorge getragen. Es galt, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln, „eine Corporate Identity zu schaffen“. Er hat die Schüler dazu gebracht, Verantwortung zu übernehmen - für den Teich, für die Schultoiletten, für Mitschüler.

Motivation

Er hat sich „per Headhunting“ Fachwissen von außerhalb in die Schule geholt. Er hat die Schulgemeinde motiviert, sich an Wettbewerben zu beteiligen. Er hat darauf geachtet, dass kreative Lehrer kreativ sein können, dass engagierte Lehrer die nötige Wertschätzung bekommen und dass alle „einen guten Arbeitsplatz haben“. Unterrichtet hat Sattler in all den Jahren auch, mehr sogar, als für einen Schulleiter vorgeschrieben. Das erklärt er so: „Man kann nicht Arbeiten delegieren und Entlastung für sich selbst einfordern.“ Wer Sattler beim Gang durch die Schule beobachtet, weiß: Das war nicht der einzige Grund. Der 64-Jährige ist einer, der hinschaut. Streiten Schüler? Sitzt ein Mädchen bedröppelt auf dem Flur? Der Schulleiter geht hin und fragt nach. Nah an den Menschen zu sein, sei ihm wichtig. Bald schon wird er sich im Abstand halten üben. Der Mann, der „in Gedanken ununterbrochen in der Schule war“, ist angesichts des Abschieds wehmütig. Im Sommer fährt er nach Frankreich, „mit meiner Gattin, den Fahrrädern hinten drauf und der Gitarre im Gepäck“. Zurück lässt er eine Schule, die sich unter seiner Leitung einen guten Ruf erarbeitet hat. Sattler freut sich über den Respekt, den sie genießt - und sagt noch so einen Manager-Satz: „Jeder hat seine Stärken eingebracht. Meine Aufgabe war es, die Leistungen nach draußen zu verkaufen.“ Er lacht, die blauen Augen leuchten. Gut, dass er Pädagoge geworden ist.

KStA abonnieren