Adenauer triumphiert bei der Wahl 1957

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Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer (CDU) schaut aus einem Fenster seines Sonderzuges. Der 81-jährige Politiker befand sich seit ungefähr vier Wochen auf einer Wahlkampfreise durch die Republik und warb für Stimmen für die Wahlen zum Deutschen Bundestag am 15. September 1957. Mit dem Slogan "Keine Experimente" erreichten CDU und CSU 50,2 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer (CDU) schaut aus einem Fenster seines Sonderzuges. Der 81-jährige Politiker befand sich seit ungefähr vier Wochen auf einer Wahlkampfreise durch die Republik und warb für Stimmen für die Wahlen zum Deutschen Bundestag am 15. September 1957. Mit dem Slogan "Keine Experimente" erreichten CDU und CSU 50,2 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Hamburg - "Sicherheit - Keine Experimente!" - Mit diesem Slogan erringt Bundeskanzler Konrad Adenauer im Bundestagswahlkampf 1957 den größten Triumph in der Geschichte der Union. CDU und CSU gewinnen 50,2 Prozent der abgegebenen Stimmen und fast 55 Prozent der Mandate im Bundestag. Nie zuvor hatte in Deutschland eine Partei landesweit bei freien Wahlen einen Stimmenanteil über 50 Prozent erzielt. Die SPD kommt mit ihrem unglücklich agierenden Vorsitzenden Erich Ollenhauer nur auf 31,8 Prozent der Stimmen, die FDP sackt auf 7,7 Prozent ab. "Die Ära Adenauer hat ihren Zenit erreicht", beschreibt der Historiker Hans-Peter Schwarz die Lage nach dem Wahlgang vom 15. September 1957.

In den Monaten zuvor hatten sich die Bonner Parteien eine harte Wahlkampfschlacht geliefert. Im Zentrum der Auseinandersetzung stand die Außenpolitik von Adenauer, der die junge Bundesrepublik politisch und militärisch fest in den Westen integriert hatte - und damit zugleich eine Vertagung der Wiedervereinigung des geteilten Vaterlandes auf unbestimmte Zeit in Kauf nahm. Ollenhauer und die SPD plädierten dagegen für einen Austritt der Bundesrepublik aus der NATO und der DDR aus dem sowjetisch kontrollierten Warschauer Pakt, um so eine schnelle Wiedervereinigung zu erreichen.

Besonders der Widerstand der Opposition und vieler Intellektueller gegen eine mögliche atomare Bewaffnung der Bundeswehr stieß im Wahlvolk auf breite Resonanz. Viele fürchteten sich vor dem Hintergrund des Kalten Krieges vor einem tatsächlichen Atomkrieg. Das erkannte auch Adenauer: "Jetzt handelt es sich um einen Kampf gegen die Angst. Denn die Angst ist auch bei unseren Leuten vorhanden, die sonst zu uns halten. Deswegen kann man die Angst nach meiner Meinung nur noch mit einer größeren Angst vertreiben", sagte der Kanzler in einer vertraulichen Runde dem CDU-Parteivorstand.

Auf dem Parteitag der CSU im Juli 1957 in Nürnberg holte der "Alte" dann zum Schlag aus: "Ein Sieg der SPD bedeutet den Untergang Deutschlands", rief Adenauer den Delegierten zu. Die Sozialdemokraten würden mit ihrer Haltung nur die Machtgelüste der Sowjets bestärken und den Weltkommunisten den Weg nach Westdeutschland öffnen.

Die wütenden Proteste Ollenhauers und seiner Parteifreunde gegen das Angst-Szenario des "demagogischen Patriarchen" (Rudolf Augstein im "Spiegel") fanden längst nicht die Aufmerksamkeit wie die heftige Angriffe des CDU-Vorsitzenden. Adenauers Attacke traf auch die FDP, die zu diesem Zeitpunkt noch an der Bundesregierung beteiligt war. Die Liberalen hatten sich nämlich im Wahlkampf mit dem Slogan "Bewahrt uns vor der Atomgefahr" von der CDU/CSU abgesetzt - und flogen damit aus der Regierung.

Neben der Außenpolitik stand 1957 die wirtschaftliche Entwicklung Westdeutschlands - zwölf Jahre nach Kriegsende - auf dem Prüfstand. Ludwig Erhard hatte die Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Wiederaufstieg Deutschlands gelegt. Zwar konnten sich nicht alle Westdeutschen über "Wohlstand und Eigentum" freuen, wie es die Union auf ihren Wahlkampfplakaten versprach. Die Unzufriedenheit der sozial Benachteiligten hielt sich aber am Wahltag in engen Grenzen.

Bei den Wahlen zum 3. Deutschen Bundestag durften erstmals die Saarländer mitwählen, die sich zuvor für die Bundesrepublik entschieden hatten. Neu war auch die Briefwahl, die allen Wahlberechtigten die Stimmabgabe per Post ermöglichte, die am Wahltag krank oder verreist waren. Von den 13 Parteien, die zur Wahl standen, scheiterten acht an der Fünf-Prozent-Hürde. Nur CDU, CSU, SPD und FDP gewannen mehr als fünf Prozent. Die Deutsche Partei konnte dank einer Absprache mit der Union in den Bundestag einziehen, obwohl sie lediglich 3,4 Prozent erzielte. Die CDU hatte ihr drei Direktmandate in Norddeutschland überlassen, "um vagabundierende Elemente aus dem rechten Lager zu binden", schreibt Adenauer-Biograf Schwarz. (dpa)

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