AmtsgerichtScheidung mit Richter und Mullah

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Das Siegburger Amtsgericht (Bild: Ralf Johnen)

Das Siegburger Amtsgericht (Bild: Ralf Johnen)

Siegburg – Am Amtsgericht Siegburg ist am Dienstag eine Ehe zwischen zwei iranischen Staatsbürgern zeitgleich nach deutschem, iranischem und islamischem Recht geschieden worden. Die Scheidung wurde in Gegenwart von Mullah Mahmood Khalilzadeh vollzogen. Laut dem Frankfurter Rechtsanwalt Seyed Shahram Iranbomy ist der Vorgang in der Historie der deutschen Rechtsprechung einmalig. Er wertet die Scheidung als Präzedenzfall.

Amtsgerichtsdirektorin Birgit Niepmann bestätigte, dass es sich um einen außergewöhnlichen Fall handelt. Die zuständige Richterin Ingrid Lippok-Wagner habe sich aufgrund der besonderen Umstände zur Annahme des Verfahrens entschlossen: Das Paar hatte im Iran geheiratet, lebt aber seit vier Jahren voneinander getrennt in Troisdorf im Rhein-Sieg-Kreis.Beide haben seitdem nicht mehr miteinander gesprochen. Der Mann hatte seine Zustimmung zur Scheidung verweigert.

Frau drohte Verfolgung im Iran

Zwischenzeitlich war die im Iran lebende Mutter der Frau schwer erkrankt. Ein Besuch war der Tochter aber nicht möglich, weil sie sich ohne eine gültige Scheidungnach islamischem Recht der Gefahr ausgesetzt hätte, im Iran inhaftiert zu werden. Nach Einschätzung aller Beteiligten ist die Reise nun risikolos möglich. „Ein Sieg für die Menschlichkeit“, jubelt Iranbomy. Finanziellen Zugeständnissen ist offenbar zu verdanken, dass es überhaupt zu dem Verfahren kam. Gegenstand des islamischen Verfahrens nämlich war auch die sogenannte Morgengabe, die in die Ehe eingebracht wurde und die in diesem Fall aus 514 Goldmünzen bestand. Das Vermögen geht an den 32 Jahre alten Mann, dafür erhält die gleichaltrige Frau das Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder.

Iranbomy glaubt, dass sich weitere Gerichte an dem Siegburger Verfahren orientieren werden. In einer interreligiösen Gesellschaft sei es ein enormer Fortschritt, wenn Trennungen mit Hilfe eines religiösen Gelehrten als Bevollmächtigten durchgesetzt werden können. Gerichtsdirektorin Niepmann möchte den Fall nicht so hoch hängen: Die Konstellation sei eine absolute Ausnahme.

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