Ein Grafengrab wird bürgerlich

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Blick in das Mausoleum der Familie Graf von Carstanjen im Bonner Stadtteil Bad Godesberg.

Blick in das Mausoleum der Familie Graf von Carstanjen im Bonner Stadtteil Bad Godesberg.

Die monumentale Immobilie gilt als die größte ihrer Art am Rhein.

Bonn - Eine eindrucksvolle und überaus würdige letzte Urnen-Ruhestätte für den Normalbürger bietet künftig Bonn: Das größte private Mausoleum am Rhein wird wieder zum Leben erweckt. Die ehemalige monumentale Grafen-Gruft soll allen Christen aus der Region zur Verfügung stehen. Die erste Beisetzung einer Urne soll Anfang nächsten Jahres stattfinden. Zuvor muss das imposante Bauwerk im Stadtteil Bad Godesberg mit freiem Blick auf den Lauf des Rheins noch restauriert und hergerichtet werden.

Die Idee zur neuen Nutzung des Baudenkmals als „Bürgergrab für jedermann“, stammt von Pfarrer Wolfgang Picken. „Mit dem Angebot wollen wir auch dem Trend zu anonymen Bestattungen begegnen“, erläutert er. Das Erzbistum Köln unterstütze die Pläne. Nach Bekanntwerden des Projekts hätten sich innerhalb kurzer Zeit bereits rund 400 Interessenten gemeldet, sagt Picken.

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Rund 2000 Urnenplätze soll es nach Pickens Schätzung geben. Sie sollen - wie normale Urnengräber anderswo in der Stadt - etwa 1000 bis 1200 Euro je Grab kosten. „Die Namen der Verstorbenen werden auf Stelen im Garten verewigt“, sagt der Pfarrer. Nach zwölf Jahren werde dann die Asche in eine Grabfläche im Gelände verbracht.

Das im Jahr 1895 am Rheinufer errichtete Mausoleum diente früher als pompöse Familien-Grabstätte der Grafen von Carstanjen. 28 Grabkammern oder Gruftschächte waren für Sarg-Bestattungen vorgesehen. Allerdings wurden nur vier Familienmitglieder - darunter das Gründerpaar - hier beigesetzt. Mit Beginn der neuen Nutzung soll als erste Urne diejenige des letzten Carstanjen, des 2005 in der Schweiz gestorbenen Martin von Carstanjen, beigesetzt werden.

In den vergangenen Jahren war das verwaiste Bauwerk immer mehr verfallen, und es waren Vandalismus-Schäden zu beklagen. Gräber seien aufgebrochen, Engelsfiguren zerstört, Grabplatten zerschlagen, Wände mit Graffiti verunstaltet worden, berichtet Picken, dessen Pfarrhaus nebenan liegt. „Vor wenigen Monaten gab es hier noch Fledermäuse.“

Ende vergangenen Jahres erbte die von Picken als Reaktion auf Sparbeschlüsse der Kirche gegründete Bürgerstiftung Rheinviertel in Bonn-Bad Godesberg das Gebäude von den Grafen von Carstanjen. Die Stiftung erhielt dazu über den Nachlassverwalter den Auftrag, nach dem Wunsch des letzten Grafen das Mausoleum als Grabstätte zu erhalten und zu nutzen. Aus dem Vermögen des Grafen stehen einer Unterstiftung (Von-Carstanjen-Stiftung) für die Wiederinstandsetzung rund 250 000 Euro zur Verfügung.

Das tempelähnliche Gebäude gilt kulturgeschichtlich und architektonisch als einzigartig und in jedem Detail durchdacht. Von der Rheinseite führt durch einen Park ein herrschaftlicher Treppenaufgang zu dem von Balustraden umstandenen Kuppelbau. Hinter der Bronzepforte wartet eine Rotunde mit Sandsteinsäulen, die künftig als Trauerhalle dienen soll. Die unterirdische Krypta, in der die Urnen lagern sollen, wird öffentlich nicht zugänglich sein.

Den Betrieb der Grabstätte, deren völlige Wiederherstellung auch als konservatorische Herausforderung gilt, wird die Stiftung aus rechtlichen Gründen an die von Picken betreute katholische Kirchengemeinde St. Andreas und Evergislus verpachten. Die Erlöse für die Urnenbestattung sollen zum größten Teil den karitativen und sozialen Zwecke der Stiftung zufließen. (dpa)

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