Eine Karriere wurde auf Kupfer gebaut

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Das Unternehmen, das die Entwicklung Burscheids maßgeblich beeinflusst hat, ist die Firma Goetze, heute Federal Mogul. 1887 schuf der damals 31-jährige Friedrich Wilhelm Goetze die Basis für das später weltweit operierende Unternehmen.

Man schrieb das Jahr 1904. In St. Louis, USA, wurden am 1. Juli die dritten Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet; auf dem weitläufigen Areal am Mississippi erstritt sich auch Goetze eine Goldmedaille - allerdings nicht für sportliche, sondern für wirtschaftliche Höchstleistungen. Olympia war nämlich nur eine Randerscheinung, nur Anhängsel der Weltausstellung, Expo, wie schon vier Jahre zuvor, 1900 in Paris. St. Louis 1904: Höchste Auszeichnungen ob ihrer Qualität für Produkte von Friedrich Wilhelm Goetze; erst 17 Jahre war es her, dass der damals 31-Jährige in der Thielenmühle 1887 die Basis für das später weltweit operierende Unternehmen geschaffen hatte.

Im sächsischen Eilenburg geboren absolvierte er eine Lehre als Maschinenschlosser in einer kleinen Lokomotiven-Fabrik in Erfurt. Dann ging jung Friedrich auf die damals übliche Gesellen-Wanderschaft und traf im Bergischen ein, als hierzulande die Nebenstrecke Opladen - Lennep der Bergisch-Märkischen Eisenbahn gebaut und an der 1881 der Bahnhof in Burscheid eingeweiht wurde. Friedrich Goetze arbeitete als Maschinist auf einer Feldbahn-Lokomotive, die beim Streckenbau zum Erd- und Materialtransport eingesetzt war. Nach Abschluss der Bauarbeiten musste sich der junge Mann nach ein er neuen Stelle umsehen; er fand sie als Maschinenmeister bei der Firma Urbahn & Kotthaus im Luisental.

Nach seiner Heirat 1882 bezog er mit seiner Frau die Thielenmühle, wo er sich einen kleinen Schuppen dazu baute; in seiner Freizeit werkelte er daran, Formgebung und Herstellung von Kupferdichtungsringen herauszufinden. Seine Experimente und Tests verliefen so erfolgreich, dass Friedrich Goetze sich 1887 selbständig machte. Im Jahr darauf rührte die junge Firma schon kräftig die Werbetrommel: „Götze's unzerstörbare elastische Kupfer-Dichtungs-Ringe für Cylinder und Schieberkasten, Muffenrohrverschraubung mit Links- und Rechtsgewinde, für Flanschenrohre, Trocken- und Heiz-Elemente, Jenkin's Ventile etc.“

Eine Erfolgsstory hatte begonnen, deren weitere Meilensteine nur kurz skizziert werden können. 1890 wurde das erste eigene Fabrikgebäude auf dem Gelände des späteren Werks I errichtet; die Produktion wurde spezifiziert, erweitert, die Fabrik ausgebaut. Der Graphiker Paul Weber schuf 1920 das „Goetzemännchen“, Wahr- und Warenzeichen des Unternehmens, das sich 1923 in die „Friedrich Goetze AG“ umwandelte; im Jahr darauf starb der Firmengründer. Während des Zweiten Weltkriegs setzt sich die Expansion fort: 1940 kam das gepachtete Fabrikgebäude am Opladener Wupperufer dazu, das 1960 gekauft wurde. 1943 folgte in Burscheid die Erweiterung, das Werk II am Bahnhof entstand.

In den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden Zweigwerke gegründet, Beteiligungen erworben. Aus dem Jahr 1973 datiert noch das Forschungs- und Entwicklungszentrum, ehe in den folgenden Jahren konjunkturelle Probleme auch Goetze nicht verschonten. 1992 riss schließlich die Familientradition ab, die Firma wurde an den britischen Konzern T & N verkauft. Ein paar Jahre später kam wieder ein neuer, der heutige Besitzer: Seit 1998 hat die amerikanische Gruppe Federal Mogul das Sagen unterm „Goetzemännchen“.

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